Drachengasse 13, Band 04
Sando war regelrecht enttäuscht, als es nicht zu Staub zerfiel.
„Oh, seht euch das nur an!“, rief sie mit glänzenden Augen. „Eine Ausgabe von Großmagister Hakkelbahsh Inn Jabelkaus Kleiner Alchemistenfibel . Wisst ihr, wie selten die ist?“
Das wusste Sando nicht. Aber im Grunde beschäftigte ihn auch viel mehr die Frage, ob Hakkelbahsh Inn Jabelkau auch eine Große Alchemistenfibel geschrieben hatte – und wenn ja, wie dick die sein mochte.
„Prima, Hanissa.“ Tomrin seufzte. „Sollen wir dich die nächsten Wochen über hierlassen, oder kommst du noch mit in die anderen zwei Räume?“ Zweifellos fürchtete er genau wie Sando, dass ihre zauberversessene Freundin von nun an noch mehr Zeit mit ihren Experimenten verbringen würde.
Widerstrebend ließ Hanissa von dem Buch ab. „Na schön, ich bin dabei. Das hier läuft mir ja nicht weg. Aber ich muss mir das alles unbedingt genauer anschauen. Und wenn wir hochgehen, nehme ich das Buch mit.“ Sie strich noch einmal liebevoll über den ledernen Einband.
„Wie war das mit ‚Ich hab’s euch doch gesagt‘?“ Sando grinste sie an, als sie zu ihm und Tomrin zurückkam.
„Ach, sei doch still“, brummte Hanissa kleinlaut und knuffte ihn im Vorbeigehen freundschaftlich in die Seite.
Der dritte Raum schien eine Art Abstellkammer zu sein. Er war groß, fast so groß wie der Dachboden der Drachengasse 13. Und genau wie dort stapelte sich Unrat an den Wänden. Kisten, alte Möbel und fremdartig aussehende Gegenstände, mit denen Sando nichts anfangen konnte, waren zu einem abenteuerlichen Gerümpelberg zusammengewachsen. Staub bedeckte alles, und Spinnweben hingen in den Ecken und Winkeln.
„Wer auch immer hier früher gewohnt hat, er erinnert mich ein wenig an Onkel Gump“, stellte Sando fest. „Der kann auch nichts wegwerfen.“
„Ich bin gespannt, was wir im letzten Raum finden“, murmelte Tomrin.
Doch zu ihrer aller Überraschung war die letzte Tür verschlossen.
„Was soll das denn?“, empörte sich Tomrin. „Erst dieser Geheimmechanismus und jetzt noch ein Schloss?“
Sando beugte sich vor und beäugte das Türschloss im Schein des Kerzenlichts. „Ja, aber nur ein ganz normales. Nimm mal die Kerze, Tomrin. Das haben wir gleich.“ Er griff in sein Wams und zog eine kleine Sammlung schlanker Metallwerkzeuge hervor. Mit flinken Fingern schob er eines nach dem anderen in das Schloss und bewegte es prüfend hin und her. Keine zwei Minuten später klickte es, und Sando grinste seine Freunde triumphierend an. „War ganz leicht.“ Er verstaute seine Dietriche wieder.
Das Innere des Raumes war enttäuschend, denn er schien völlig leer zu sein. Nichts lag auf dem glatten Boden, nichts hing an den kahlen Wänden. Nur an der hinteren Wand des Raumes stand etwas: ein flacher, nicht ganz türgroßer Gegenstand, der von einem Tuch verhüllt war.
Tomrin blinzelte verwirrt. „Was ist das wohl?“
Sando schüttelte langsam den Kopf. „Ich habe keine Ahnung.“ Irgendetwas an diesem Ding gefiel ihm nicht – und auf einmal war das Unbehagen wieder da, das er bereits beim Betreten des Kellers empfunden hatte.
Vorsichtig gingen die drei Freunde auf den Gegenstand zu.
„Es könnte ein Gemälde sein“, mutmaßte Hanissa.
„Möglich“, pflichtete Tomrin ihr bei. „Wir werden es gleich sehen.“ Er streckte die Hand nach dem Tuch aus.
„Warte“, bat Sando. „Ich habe ein ganz mieses Gefühl bei der Sache.“
Tomrin warf ihm einen leicht belustigten Blick zu. „Es ist nur ein Bild, Sando. Was soll uns das anhaben können?“
Hanissa hüstelte, als würde ihr zu dieser Frage schon das eine oder andere einfallen.
TomrinließdieHandsinken.„Naschön.Dannlassenwires,schließendieTürwiederzu,verriegelndieKellerklappeundvergessendasalles.Istesdas,wasihrwollt?Also,ichfürmeinenTeilkönntenichtmehrruhigdaobensitzen,wennichwüsste,dasshieruntenirgendetwassteht,vondemwirnichtwissen,wasesist.Oderwiesiehstdudas,Nissa?“Erwandtesichzuihrum.
„Na ja, du hast schon recht. Außerdem sind Gemälde nicht unmittelbar gefährlich, selbst wenn sie verzaubert sind. Mit der Zeit können sie natürlich einiges Unheil anrichten. Aber sollte sich unter dem Tuch wirklich ein verzaubertes Bild befinden – und nicht bloß das Porträt der hässlichen Tante des Hausbesitzers – , werden wir noch genug Möglichkeiten haben, es zu zerstören. Wir besitzen schließlich jetzt ein Exemplar der Kleinen Alchemistenfibel !“
„Sando?“
Der machte eine
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