Drachenglut
ein Brot geschmiert hatte.
»Keine Sorge, Schwesterchen«, sagte er. »Dem ist nichts passiert, garantiert nicht.«
Sarah schwieg.
Stephen stellte sich neben sie und witzelte: »Pass du lieber auf dich auf. Tom wird noch sein Gelübde br e chen.«
Sarah sah ihn wütend an. »Was?«
»Du bist hübsch.« Stephen setzte sich aufs Sofa.
Es stimmte. Sarahs Bluse und die Shorts verrieten ihren guten Geschmack und sahen an ihr klasse aus.
Aber sie ließ sich nicht ablenken. »Was weißt du denn schon?«, sagte sie grimmig und sah aus dem Fenster.
»Das war ein Kompliment! Du siehst wirklich gut aus.« Stephen gab auf. »Er verspätet sich doch oft«, meinte er dann und griff nach einer Illustrierten.
»Wer? Halt endlich den Mund, er geht dich gar nichts an. Ich mach mir mehr Sorgen wegen Michael. Bald ist es ganz finster.«
»Sarah, es ist Mittsommer. Es wird noch stunde n lang nicht ganz dunkel. Er wollte einen langen Sp a ziergang machen und kommt zurück, wann es ihm passt. Wahrscheinlich ist er einmal rund um den Wi r rim gerannt oder so. Mach dir keine Sorgen. Auße r dem ist es vielleicht am besten so.«
»Und was soll das nun wieder heißen?«
»Du weißt schon.«
»Nichts weiß ich. Was hast du damit gemeint?«
Stephen rutschte auf dem Sofa herum. Er hatte das unangenehme Gefühl, dass er was Falsches g e sagt hatte. »Ich will damit bloß sagen, dass ich vielleicht manchmal mit Tom nicht so gut au s komme, aber Michael streitet sich mit ihm viel ö f ter als ich.«
Sarah zog die Schultern hoch. »Das stimmt nicht. Tom mag Michael.«
»Quatsch. Aber ist ja auch egal, Michael kann ihn jedenfalls nicht ausstehen. Wahrscheinlich kommt er deshalb so spät zurück.«
Eisiges Schweigen breitete sich nun zwischen i h nen aus, während Stephen unbekümmert in der Ill u strierten las und Sarah sich zwang, sich etwas zu tri n ken zu holen.
Zehn Minuten später leuchtete der Himmel über der schwarzen Silhouette des Wirrim in einem kalten Dunkelblau und man hörte das Auto von Pfarrer A u brey auf der Straße näher kommen.
»Entschuldige bitte«, sagte Tom, als ihm Sarah wortlos die Tür aufmachte. »Aber es gibt einen wic h tigen Grund für meine Verspätung. Hallo, Stephen.«
»Hallo«, sagte Stephen.
»Wie geht es dir, Sarah?« Tom küsste sie auf die Wange, die sie halb abgewandt hatte.
»Ich mach mir große Sorgen. Michael ist immer noch nicht zurück.«
»Ach, genau danach wollte ich fragen.« Tom wünschte sich, er hätte es getan. »Wie lang ist er denn schon da oben?«
»Seit Tagen«, sagte Stephen. »Er ist letzten Dien s tag völlig überstürzt abgehauen. Und er hatte ein g e ladenes Gewehr dabei. Und um den Hals hatte er eine Schli n ge. Findest du, Sarah hat Grund für ihre So r gen?«
»Seit heute Mittag«, sagte Sarah. »Und ich habe allen Grund, mir Sorgen zu machen. Jetzt hat er schon zwei Mahlzeiten verpasst.«
»Ach, ich glaube, du musst dir da keine Gedanken machen.« In Tom schäumten ungeduldig seine eig e nen Neuigkeiten. »Vielleicht hat er jemanden getro f fen oder er sitzt in Chetton im Kino. Du hast noch massenhaft Zeit, bis du dir Sorgen machen musst. Es wird ja auch gar nicht richtig dunkel.«
»Ausnahmsweise gebe ich dir mal recht, Tom«, sagte Stephen.
»Aber egal, wo er ist«, fuhr Tom fort, ließ sich in einen Sessel fallen und zog Sarah auf die Armlehne neben sich, »er hat ganz schön was verpasst. Heute war die Kirche von Fordrace der Nabel der Welt. Du errätst nie den Grund.«
»Ich weiß, warum«, sagte Sarah kurz angebunden. »Deine Freundin Elizabeth hat es mir erzählt. Sie hat sich sehr aufgeregt angehört.«
»Oh.« Tom ärgerte sich über die verpatzte Enthü l lung. »Dann will ich dich nicht damit langweilen.«
»Du kannst ja mich damit langweilen«, schlug Stephen liebenswürdig vor. »Wie alt ist es denn?«
»Wir glauben, es stammt aus der Keltenzeit.«
»Wie lange ist das her?«
»Oh, mehr als tausend Jahre.«
»Nicht schlecht. Dann ist es ja älter als die Ki r che.«
»Tja, es gab hier eine keltische Siedlung, bevor die Kirche erbaut wurde. Das war im 11. Jahrhundert. Mit den Einzelheiten kenne ich mich nicht so aus, das wird Elizabeth noch genauer recherchieren. Ich muss das nämlich alles wissen, wenn ich jetzt ein berühmter Pfarrer werde.«
Plötzlich erhob sich Sarah von der Armlehne. »Es wird langsam dunkel. Ich möchte, dass ihr beide M i chael suchen geht.«
»Och, was soll das denn, Sarah!«, rief Stephen.
Und Tom runzelte
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