Drachengold
nachrückenden Matrosen keine Beachtung.
»Sir, wenn Sie vielleicht drauÃen warten wollen â¦Â«, schlug Forthing vor, während er die Bohlen musterte, die bereits so verfault waren, dass sie von fluoreszierendem Grün bedeckt waren. Laurence gab keine Antwort, sondern bahnte sich seinen Weg vorwärts, in dem nach vorne gebückten Gang, an den er sich von früher her noch bestens erinnerte und der in einem so beengten Schiff unvermeidlich war. SchlieÃlich erreichte er den Zugang zum hinteren Frachtraum, wo vermutlich die Vorräte verstaut gewesen waren, bückte sich und zog an einer Ecke die Segeltuchklappe weg.
»Ah«, sagte er. Ein doppelt gedrehtes Schiffstau, dick wie das Handgelenk eines Mannes, lag zusammengerollt, trocken und sauber vor ihm.
Es war keine leichte Aufgabe, die Waren hinauszuschaffen. Am fauligen Holz lieà sich unmöglich irgendein Seilzug befestigen, und die heranrollenden und wieder ablaufenden Wellen rissen selbst dann an den Beinen der Männer, wenn diese sich überhaupt nicht bewegten. Mehr als einer von ihnen stürzte und stand dann blutend und mit Holzsplittern übersät wieder auf. Als sie endlich den Frachtraum verlieÃen und je vier angestrengte Männer die ersten Bündel hinausschleppten, hatten sich Dutzende von Haien dazugesellt, um ihre Mühen vom tieferen Wasser aus zu beobachten, wo sie ihre Kreise zogen.
»Na ja, wenn sie nun schon mal da sind«, sagte Temeraire, stieà seinen Kopf ins Wasser, packte zwei Haie gleichzeitig mit den Zähnen, hob sein Maul in die Luft und verschluckte die um sich schlagenden Tiere. Sipho war zum Lager zurückgerannt und hatte ihm den Weg erklärt. Sie konnten nicht riskieren, dass er das brüchige Wrack anrührte, und das Stückchen Ufer war nicht breit genug, als dass er dort hätte landen können. Also hockte er auf einer gröÃeren Sandbank im Wasser und wartete ab, während die Männer die frisch entdeckten Schätze herausschafften: Taue, Leinen und Segeltuch, ja sogar einige Messer, die noch nicht vollständig vom Rost zerfressen worden waren.
Die Sonne stand schon tief, als sie genug geborgen hatten, um mit dem Aufladen zu beginnen. Die Männer entrollten das Seil und schnitten ein Stück ab, das ausreichte, um ihre neuen Habseligkeiten so auf Temeraire zu befestigen, dass er sie ins Lager fliegen konnte. Es war eine langwierige, mühevolle Aufgabe. Während die Männer abwechselnd die Messer benutzten, sah sich Laurence die Stümpfe der Masten an, die durch das Pflanzengestrüpp kaum zu erkennen waren. Unter ihnen brach sich die Sonne auf einer Glasscheibe, die noch nicht zerstört worden war.
Die Schlingpflanzen waren keine Herausforderung für einen Mann, der es seit seinem zwölften Lebensjahr gewohnt war, in der Takelage herumzuklettern. Mit vorsichtigem Schritt bewegte sich Laurence über einen Moosteppich, während das Deck des Schiffes darunter knarrte, aber nicht einbrach. So gelangte er bis zu der kleinen Kabine hinter dem Steuerrad. Es war seltsam, durch das Achterfenster hinaus in eine Gartenwelt zu schauen, Vogelgezwitscher zu hören und zu sehen, wie sich Sprossen der Hängepflanzen durch die fehlenden Scheiben geschoben hatten.
Was für ein Sturm es auch gewesen sein mochte, der das Schiff vom Anker losgerissen und auf die Felsen zugetrieben hatte, er hatte dem Kapitän nicht genügend Zeit gelassen, seine Sachen im Frachtraum zu verstauen. Die vergammelten Ãberreste einer Hängematte waren zu Boden gefallen, und ein noch immer verschlossenes Schreibpult lag in einer Ecke neben einer nicht gerade unschuldig wirkenden Ausgabe von Fanny Hill . Laurenceâ Erfahrung aus den Kojen der Fähnriche lieà ihn das Buch sofort anhand des stark verblassten Deckels wiedererkennen. Daneben, noch immer in Ãlhaut eingewickelt, lagen einige Karten, die mit Anmerkungen in altmodischer Handschrift versehen waren. Die Worte, die dort einst zu lesen gewesen sein mussten, waren nun nur noch verschwommene Flecken, aber Laurence musste nichts entziffern. Ihn interessierten nur die krummen und schiefen Atolle, die dort eingezeichnet waren. Jedes einzelne von ihnen war vermutlich eine Piratenzuflucht; sie überzogen den Ozean wie groÃflächige Steinplatten einen überwucherten Gartenpfad, und zwar den ganzen Weg lang bis zum Kontinent. Die letzte Insel war keine hundert Meilen von der Küste
Weitere Kostenlose Bücher