DrachenKind (German Edition)
des Müllers hinterlassen, der dort gelähmt und erschrocken im Gras lag und sie alle anstarrte. Sein Hals schwoll langsam an doch sein Genick schien unversehrt. Plötzlich kam Saja zwischen den Reihen der Umstehenden in Sicht, sie näherte sich langsam, geduldig, ihre Wut konnte sie allerdings kaum verbergen. Eric warf Mesh einen so brennenden Blick zu, dass der sich vor Schmerzen krümmte. Er wusste nicht, was er jetzt mit dieser Kreatur anstellen sollte, war viel zu blind vor Hass um ihn auszuhorchen. Mit einem tief gehenden, harten Schlag seiner Gedanken beendete er jene des Müllers, der bewusstlos und ruhig liegen blieb, während sein Körper sichtlich Probleme beim Atmen bekam. Dann machte sich Eric daran, dessen Gedanken auszulesen, fand aber nichts. Er erinnerte sich an die Worte des anderen Spions, das hier sollte also sein Bruder sein. Plötzlich erkannte er ein eine Ausbuchtung unter der Kleidung des Müllers. Er bückte sich und riss den Stoff auseinander, bis ein kleiner, dunkler Stein zum Vorschein kam. Als Eric ihn ansah, durchfuhr ihn ein stechender Schmerz und Bilder rasten an seinen Gedanken vorbei. Seraf stieß ihn weg und er fiel rücklings ins Gras. Vor seinen Augen flimmerte es, er war orientierungslos zu Boden gegangen. Er sah jemanden über sich, eine Gestalt, die sich schlagartig aus den Reihen der umstehenden löste. Sie bückte sich, schnappte sich den schwarzen Stein. In dem Moment wurden die Schmerzen so hart, dass er es kaum aushielt. Er spürte, wie sie sich durch seinen Geist brannten, eine unbekannte Art des Schmerzes, er wusste nicht, wie er sie definieren oder vergleichen sollte. Er bemerkte gerade noch einen dunklen Schatten über sich, ein blauer Lichtblitz flammte auf und mit einem Mal verschwanden die Schmerzen so jäh, dass er glaubte jegliche Gefühle verloren zu haben. Es wurde so unvermittelt still, dass er sich nicht einmal daran gewöhnte, als sein Augenlicht zurück kehrte und er den Zyklon über dem Dorf erkannte, der gerade von einem lautlosen, grellen Blitz durchfahren wurde. Ein helles Augenpaar schwebte über seinem Gesicht. Langsam kehrten der Geruch des Grases und der des dunkelblauen Stoffes, in den die Krieger gehüllt waren, zurück und er erkannte das Gesicht Serafs, das ihn besorgt und verängstigt musterte. Seine Sinne kamen zurück, Spannung lag in der Luft. Er richtete sich auf und spürte das angenehm schwere, glühende Medaillon auf der Brust.
„Was war das?“
Er rieb sich die schmerzenden Augen, Seraf schüttelte den Kopf. Eric erkannte Saja, die hinter Seraf stand und ihn anfunkelte. In ihren Augen stand der blanke Hass geschrieben, ihre Gedanken quollen über vor Mordlust. Eric bekam unerwartet einen Schreck, mit dem er nicht gerechnet hatte. Er sah sich um. Mindestens fünfzehn der Kämpfer lagen tot im Gras, der Müller war verschwunden. An seiner Stelle lag ein kleiner, qualmender Haufen vor ihm, leblos und verkohlt.
Kapitel 54
Milian und Sune kamen, erschrocken und angespannt, sie waren von ihren Posten rings um die Armee zu ihnen gelaufen, starrten einen nach dem anderen an. Eric fragte erneut und diese Mal antwortete Seraf.
„Anscheinend gibt es noch einen dritten Verbündeten aus unseren Reihen. Einer davon hat sich gerade geopfert, der andere ist geflohen…“
Eric traute seinen Ohren nicht. In seinem Kopf donnerten noch immer Taubheitsgefühle, seine Augen gewöhnten sich sehr langsam an die Dunkelheit.
„Wer? Wer ist der dritte?“
Seraf drehte den Kopf weg, schloss die Augen und sagte nichts. Nach einem Moment hörte Eric seinen Gedanken, seine Antwort. Noch bevor er sie verstanden hatte, hatte er sie schon zurückgewiesen. Aber Sajas Gedanken mischten sich ein, sie bestätigte Seraf und sagte leise:
„Mia, sie war es. Sie hat gerade den Müller umgebracht, wahrscheinlich war er nur eine Spielfigur. Und jetzt ist sie geflohen. Sie hat uns verraten, nicht Chire.“
Erics Knie zitterten, er konnte seine Gedanken nicht unter Kontrolle halten. Er wusste nicht, wie weit er gehen konnte, wie weit er sich jetzt auf irgendetwas verlassen konnte. Er hatte nur einen einzigen Gedanken im Kopf. Und das war einer, der ihm beinahe genau so viele Schmerzen zufügte, wie Jacks Verschwinden. Mia…die, die ihn großgezogen hatte, welche wie eine Mutter für ihn gewesen war, jene, die Jack gefunden hatte. Und die ihn überhaupt hier her gebracht hatte. Er verschloss seine Gedanken und schwieg, schaffte es nicht, seine Tränen zurück zu halten.
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