DrachenKind (German Edition)
Dieses Mal war es zu viel, das konnte er nicht vertragen. Er wusste selbst, dass Mia es nicht gewesen sein konnte. Sie doch nicht. Niemals. In keinster Weise würde sie jemanden verraten oder töten, der nicht auf der anderen Seite stand. Das Metall an seiner Brust wurde wieder kalt, er spürte, wie sich die vier Tiere darauf bewegten, doch er sah nicht hin. Er versuchte mit dem Gedanken fertig zu werden, dass der vielleicht schlimmste Verrat von seiner Mutter begangen worden war, von seiner Lehrerin. Er verstand es nicht. Er konnte es nicht erfassen, wusste nicht, wie er sich das klar machen sollte. Um ihn herum wurde es still, nur das Tosen der rotierenden Wolkenmassen war noch zu hören. Eric saß da, inmitten des Ringes aus toten Kriegern, welche Mia auch noch getötet haben sollte. Er fühlte sich verlassener als jemals zuvor. Als Seraf seine rechte Tatze beruhigend auf seine Schulter legte, schrak er zusammen und sah ihn an, für einen Moment glaubte er, den Tiger vor sich nicht zu kennen. Es hatte sich als falsch erwiesen, seinen eigenen Verbündeten zu trauen. Er fragte sich, warum Mia ihn nicht einfach schon früher erledigt hatte, einfach im Wald oder sonst wo, wenn sie für den Herrscher arbeitete. Es war mehr als sechs Jahre her, dass der Krieg begonnen hatte, wann hatte sie dann die Seiten gewechselt? Sie hätte ihn doch einfach mitnehmen können? Erst jetzt stach ihn die quälende Frage, weshalb Mia ihm verheimlicht hatte dass er nie das war als was sie ihn großgezogen hatte, wenn sie es doch selbst schon gewusst hatte. Er brach seine Gedanken ab, als Saja sich über ihn beugte und ihm einen Gedanken zuflüsterte.
„Niemand wusste es, denk an Seath, wie schwer es für sie ist. Ich kann kaum nachvollziehen, wie ihr beide euch fühlen werdet, aber ich bitte dich noch einmal, helfe uns trotzdem. Seraf hat dir gesagt, welchen Sinn es hat, nicht aufzugeben.“
Eric hörte sie aber konnte nicht antworten. Er hatte das Gefühl jetzt erst zu wissen, was Vertrauen bedeutete, wie es sich anfühlte, wie es stärkte und stützte. Er fühlte sich wie ein Hochhaus, dem das Fundament über einem Sumpf weggesprengt worden war. Er hatte keinen Halt mehr. Wem sollte er den jetzt noch vertrauen? Er wusste nicht einmal, was Mia getan hatte, nur, dass sie sie alle verraten haben sollte. Er war froh, dass er noch nicht mit jemandem über seine Pläne gesprochen hatte. Nichts hätte ihnen mehr geschadet. Serafs Gewicht auf seiner Schulter ließ ihn aus der Benommenheit erwachen, er spürte, wie warm die Pranke des Tigers war. Er sah ihn bittend an, in seinen Augen erkannte Eric die Gedanken an seine Vergangenheit. Das Vertrauen, welches er sich von Eric wünschte, würde er vielleicht als einer der wenigsten noch erhalten. Eric fühlte sich gefangen, wie in der Mitte eines Kreises von Schauspielern, die ein tödliches, intrigantes Stück aufführten, in dem er derjenige war, der den Sterbenden spielen sollte. Er wusste dass sie alle, die jetzt um ihn herum standen, vielleicht seine Verbündeten waren. Aber das half ihm auch nicht, ein Trost war es schon gar nicht. Er spürte seine Seele, die Instinkte eines Tieres, die sich klar dagegen wehrten, noch einmal eine Verbindung einzugehen, der man nicht vertrauen konnte. Zum ersten Mal spürte er, wie scheu er eigentlich war, dass es ihm an Mut fehlte. Er verstand, warum. Was er nicht wusste war, weshalb er sich abermals dafür entschied, sich wieder mit den anderen zu verbünden und ihnen zu vertrauen. Kein Gedanke war nicht mit Jack oder mit Mia beschäftigt. Milian stand plötzlich neben ihm. Seine warmen Gedanken verwunderten Eric. Er hatte seit langem nicht mehr eine solche Entspannung gespürt wie er es jetzt bei Milian tat.
„Komm, wir werden zusammen mit Sune und Seraf einen kleinen Spaziergang machen. Wir müssen wissen, was du vorhattest. Und ich werde dir zeigen, wie man ein Zeitloch erschaffen kann.“
Eric stand auf, eine gewisse Gleichgültigkeit machte sich in ihm breit. Er dachte daran, was Mia dem Herrscher wohl sagen konnte, oder den sechs Großmeistern, oder Manou, oder wem auch immer. Er konnte sich im Moment keinen Grund dafür vorstellen dass sie ihn nicht schon längst ermordet hatte. Und der Müller? Der war zu einer Spielfigur geworden, ahnungslos und machtlos. Als er sich umsah, erkannte er Seath. Sie nickte ihm zu, ihr Blick war fest und eisig. Ihre Augen wirkten starr, sie war wie versteinert. Ihre Gedanken kämpften von zwei Seiten her um das
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