DrachenKind (German Edition)
Wald, links und rechts auch…Und hinter dir? Eric wunderte sich. Er war doch hier her geflogen, da hatte er doch in die Richtung hinter sich gesehen…Aber er erinnerte sich nicht und das war das eindeutigste überhaupt. Er breitete die Flügel aus um das Gleichgewicht zu halten, drehte sich langsam und vorsichtig um. Als er sich wieder sorgfältig festgeklammert hatte, warf er seinen Blick zum Horizont. Ein dunkler Streifen, gräulich oder schwarz. Und er schien sich zu bewegen. Er erinnerte sich sofort. Die Strudel aus Wolken, wie langsame Wirbelstürme. In seinen Träumen hatten sie das Licht eingesogen, und sie hatten sich direkt vor der Grenze befunden. Dem Spiegel, der schlagartig alles Land beendete, und es doch fortsetzte. Eric lief ein kalter Schauer über den Rücken. Sollte er vielleicht mal hinfliegen? Ein neuer Gedanke entstand. Wo war er eigentlich? Die Magnetfelder der Erde stimmten, es gab keine Unterschiede, abgesehen von der Position, wenn er sie mit denen im Heim verglich. Aber wenn er sich einen Globus vorstellte, gab es nirgends auf dem gesamten Planeten solche Landschaften. Dass er sich das noch nicht früher gefragt hatte…Wenn er sich noch auf diesem Planeten befand, wo denn bitteschön? Skepsis. Er kam schon wieder mit dem Verstand an ein Ende. Es wurde langsam Zeit, alles zu erfahren, was er in dieser Welt brauchen würde. Es gab keinen Zweifel, Mia wusste viel, und dann war da ja auch noch ein Meister oder so, von dem hatte sie doch gesprochen. Es behagte ihm nicht sich so dicht vor einem Unbekannten Phänomen zu befinden, von dem er nur eines wusste: Es bedeutete das Ende, mit Sicherheit. Es sei denn, er änderte etwas. Soviel hatte er verstanden, aber was er da verstanden hatte, brachte neue Fragen, die er nicht verstand, ganz zu schweigen von den Antworten. Er schüttelte sich, freute sich über seine eigene Wärme, seine Energie. Dann streckte er sich, soweit das möglich war, löste die Umklammerung der Felsspitze mit seinem Schwanz und stürzte sich in die Tiefe. Die Flügel dicht am Körper anliegend, beobachtete er die ersten Baumkronen des steilen Abhangs, wie sie auf ihn zu flogen, immer schneller und schneller. Es war wirklich ein hoher Berg. Er zählte die Zeit, seine Augen maßen sorgfältig die Entfernung. Drei Kilometer, vier, fünf…Die Zahl wuchs und wuchs. Als er bei elf Kilometern angelangt war und schon seit einigen Minuten flach über den nun mit Gras bewachsenen Hang nach unten schoss, kamen die Bäume plötzlich so schnell näher, dass er einen Schrecken bekam. Er faltete die Flügel aus und fing seinen Fall in einem großen Bogen ab, stieg in einer langen, eleganten Kurve aufwärts, wenige Meter über den Baumkronen, die in der Mittagssonne aus solcher Nähe noch viel leuchtender wirkten. Er sauste über den ewigen Wald, der sich gerade eben als nicht ewig entpuppt hatte. Zwischen den Bäumen war der Waldboden kaum zu erkennen, aber wenn er einen Blick werfen konnte, sah er haufenweise Füchse, Pilze, und manchmal sogar kleine Bäche und Flüsse. Er verliebte sich in diesen Wald, spürte seine Kraft, seine Fähigkeit zu beschützen und zu heilen. Mia hatte einmal gesagt:
„Ein gesunder Wald, der von den Menschen geachtet wird, kann dir alles geben, was du zum Leben brauchst…Alles.“
Eric freute sich über die zurückerlangte gute Laune und die innerliche Ruhe, so als ob er nie etwas Anderes derart vermisst hätte. Er hob wieder den Kopf, beschloss einen Bogen um die Route zu fliegen die er auf dem Hinweg genommen hatte. Er drehte scharf nach rechts, beschleunigte und zog sich mit heftigen Schlägen dichter unter die weißen, kleinen Federwolken. Seine tiefblauen Schuppen reflektierten die Sonne nur zum Teil, den Rest der Energie nahm er in sich auf, atmete sie förmlich ein; der feuchte, duftende Atem des Waldes, der Geschwindigkeitsrausch der Freiheit. Besser ging es gar nicht. Er erreichte beinahe dieselbe Geschwindigkeit wie bei der Anreise, als er versucht hatte seinen Frust loszuwerden. Aber dieses Mal hatte er einen klaren Kopf, nahm alles auf was er mitbekommen konnte, prägte sich jeden Baum und jedes Blatt ein. Seine Gedanken waren nur noch auf die Landschaft gerichtet. Und auf seine Begierde nach neuem Wissen. Er musste die Regeln dieser Welt erfahren. Er hatte sich für dieses Leben entschieden um zu lernen, wie man die Entscheidungen der Menschen verstehen konnte. Und Verständnis beruhte auf Parametern, die gezwungenermaßen an Regeln gebunden
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