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Drachenkinder

Drachenkinder

Titel: Drachenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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beim Wasserholen in die Luft sprengt. Schüsse von Nias konnten sie gerade noch rechtzeitig vertreiben!«, erzählte Anwars Bruder Tadj atemlos.
    Ich holte tief Luft. »So, jetzt reichts.« Inzwischen fühlte ich mich wieder stark genug, Dadgul anzurufen.
    »Dadgul, wenn jemandem von der Familie Mahmad auch nur ein Haar gekrümmt wird, zeige ich dich auch noch wegen Mordes an. Beweise gegen dich gibt es genug!«
    Dadgul lachte nur höhnisch und gab den Hörer an seinen Freund, den gefährlichen Talibankommandeur Qazi von Mapali weiter. »Wir fackeln hier nicht lange«, donnerte dieser ins Telefon. »Die Bombe haben wir bereits. Sie wollten es nicht anders, Ade Schnehage. Hätten Sie Dadgul in Ruhe gelassen, wäre der Familie Mahmad nichts passiert!«
    Mein Herz ratterte wie ein Maschinengewehr. »Geben Sie mir Dadgul«, forderte ich.
    Micki stand neben mir und presste die Lippen aufeinander.
    »Dadgul«, flehte ich, »lass die Mahmads in Frieden! Das sind arme, unschuldige Leute die ohne ihr Zutun zwischen die Fronten geraten sind!«
    »Ja, Mama. Ich lasse sie in Ruhe.« Dadguls Stimme klang auf einmal gefährlich sanft. »Wenn du wieder nach Katachel kommst.«
    »Wie bitte?« Ich traute meinen Ohren nicht.
    »Stell auf laut«, forderte Micki mit nervöser Geste. »Ich möchte mithören!«
    »Ich will, dass du wieder bei mir einziehst. Das Projekt soll wieder von mir aus geleitet werden. Ich bin der Kommandeur, und du arbeitest für mich. Mama, wir könnten es so schön haben! Wie früher!« Er schnurrte fast, wie ein Kater, der einem um die Beine streicht, aber dessen Krallen bereits ausgefahren sind.
    »Dadgul, für wie blöd hältst du mich eigentlich! Du wolltest mich vergiften, hast mir zigmal gedroht, mich umzubringen. Du schießt auf meine Leute und hast mich in Deutschland angezeigt! Und jetzt soll ich wieder unter dein Dach ziehen? Friede, Freude, Eierkuchen spielen, aber nach deinen Spielregeln?«
    »Das ist mein letztes Angebot.«
    »Dadgul, du tickst doch nicht mehr sauber!«
    »Mama, du willst es nicht anders.« Dadgul legte auf.
    Fassungslos starrte ich Micki an.
    Mein Mann war kreidebleich um die Nase. »Sybille, der macht Ernst.«
    Ich schüttelte ungläubig den Kopf. »Die afghanische Staatsanwaltschaft sitzt ihm dicht auf den Fersen! Bald beginnt der Prozess. Meinst du, die legen wirklich eine Bombe?«
    »Zur Sicherheit solltest du die Bundeswehr in Kunduz anrufen.« Micki kratzte sich ratlos am Kopf. »Wenn nicht, wäre das fast schon fahrlässige Tötung.«
    »Du hast recht.« Zaghaft wählte ich die Nummer der deutschen Hilfstruppen und berichtete von der Bombendrohung, die ich gerade mit eigenen Ohren aus dem Mund eines gefährlichen Talibankommandeurs gehört hatte.
    »Das ist bestimmt nur leeres Gerede!«, ließ man mich aus dem Vorzimmer des Kommandeurs wissen. »Die drohen viel, wenn der Tag lang ist.«
    »Aber Sie könnten Streife fahren, die Straße in Katachel kontrollieren! Ich meine, es sind doch auch Bundeswehrfahrzeuge, die zu Schaden kommen könnten!«
    »Das lassen Sie mal unsere Sorge sein, Frau Schnehage. Schönen Tag noch.«
    Peng. Aufgelegt.
    Am nächsten Tag explodierte die Bombe in Katachel.
    Tadj rief an und berichtete, die Bombe sei direkt unter unserem Vereinsauto ferngezündet worden, kurz bevor es die Brücke über den Naqi-Fluss zum Nachbardorf Nassery überqueren wollte. Das Auto sei Schrott, aber er und einige seiner Brüder, die darin gesessen hatten, seien nur leicht verletzt.
    In meinem ersten Entsetzen beantragte ich sofort Asyl für Anwar. Er würde nie wieder nach Katachel zurückkehren können, denn schon in Kabul am Flughafen würden ihn Dadguls Leute in Empfang nehmen und sofort erschießen.
    Ich kam einfach nicht mehr zur Ruhe. Nach wie vor lastete der Vorwurf der Veruntreuung von Spendengeldern und des Betrugs auf mir. Sogar Micki war in die Sache hineingezogen worden, denn die jährlichen Spendenquittungen waren auf seinen Namen ausgestellt worden. Ganz einfach weil er der Einzige in unserer Familie war, der Geld verdiente, also auch Steuern zahlte.
    Außerdem hatte ich bei einer polizeilichen Befragung zugeben müssen, dass Dadgul mit meinem Wissen und meinem Einverständnis meine Unterschrift gefälscht hatte. Aber wie hätten wir denn sonst zeitsparend und effektiv arbeiten sollen? Sollte Dadgul etwa jedes Mal nach Bergfeld reisen und meine Unterschrift einholen, wenn er einen Sack Reis kaufen wollte? Wir hatten einander vertraut, Dadgul und ich! Uns war

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