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Drachenkinder

Drachenkinder

Titel: Drachenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Hannover: Ich im Kostüm, meine Familie und Dadgul strahlend im Hintergrund. Der Minister schüttelte mir lächelnd die Hand und überreichte mir die Verdienstmedaille. Es war genau in dem Moment gemacht worden, als Micki im Saal aufgetaucht war. Das pure Glück stand mir ins Gesicht geschrieben.
    »Was …« Ich ahnte Böses. Mit der vom Spülwasser nassen Hand strich ich mir die Haare aus dem Gesicht. Die Pfanne mit den Fetträndern glitt wieder zurück ins Becken.
    »Dadgul hat ganze Arbeit geleistet.« In Mickis Augen stand das blanke Entsetzen. »Das hätte ich ihm nicht zugetraut, Sybille.« Er schüttelte nur fassungslos den Kopf.
    Ich schluckte einen Kloß in der Größe eines Tennisballs herunter. »Nein, das glaube ich jetzt nicht. Er hat doch nicht … Er hat doch nicht wirklich …« Meine Beine gaben nach.
    »Die drucken doch nicht einfach irgendwelche Behauptungen, ohne sich vorher meine Gegendarstellung anzuhören …«
    »Setz dich, Liebes.« Micki schob mir einen Stuhl unter und schenkte mir einen Schnaps ein. »Versprich mir, dass du nicht ausflippst.«
    Gelähmt vor Entsetzen starrte ich Micki an.
    »Jetzt lies schon vor! Das ist wie Pflasterabziehen. Bringen wir es hinter uns.«
    »Bist du dir sicher?«, fragte Micki.
    »Ja!«, sagte ich und kippte den Schnaps auf ex.
    Micki hob an: »Ein afghanischer Informant hat der DPA gemeldet, dass der gemeinnützige Verein Katachel e . V. der Bergfelderin Sybille Schnehage nur auf Lug und Betrug aufgebaut ist. In Deutschland sammelt sie seit zwanzig Jahren fleißig Spenden, aber alles fließt auf ein dubioses Privatkonto, von dem sich Frau Schnehage nach Belieben bedient – so der Vorwurf des Familienvaters, der in ärmsten Verhältnissen im zerstörten Afghanistan lebt. Dadgul Delawar, selbst ein schwer traumatisiertes Kriegsopfer, wirft der Vereinsvorsitzenden vor, Spendengelder in sechsstelliger Höhe veruntreut zu haben. Davon habe sie sich einen Bauernhof gekauft und lebe in Saus und Braus.«
    Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. Der Bauernhof, den inzwischen mein Sohn Simon mit seiner Familie bezogen hatte, befand sich seit fünfhundert Jahren im Besitz meiner Familie. Dadgul selbst hatte mitgeholfen, als wir dort renoviert hatten! Wie unglaublich perfide war das denn! Doch Micki war noch nicht fertig.
    »Ministerpräsident Wulff und seine Gattin Bettina haben ihre Schirmherrschaft mit sofortiger Wirkung zurückgezogen. Schnehage müsse sofort alle Spendengelder zurückgeben und habe mit einer Hausdurchsuchung zu rechnen. Die Kriminalpolizei sei bereits eingeschaltet.«
    Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit.
    Dass Dadgul ein charakterloses Ungeheuer war, wusste ich inzwischen. Aber dass die Presse, ohne vorher mit mir Rücksprache zu halten, seine Anschuldigungen einfach so abdruckte! Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich Micki an, ohne ihn wahrzunehmen. Das Glas in meinen Händen zersprang.
    »Sybille! Bitte, Liebes, versuch ganz ruhig zu atmen!«
    Ich hörte, wie ich hyperventilierte, und mir wurde schwindelig. Blut tropfte von meinen Fingern, aber ich konnte den Schmerz nicht fühlen.
    »Liebes, ich ruf unseren Hausarzt!«
    »Micki, geh nicht weg!«, würgte ich mit letzter Kraft hervor.
    »Ich bin ja bei dir! Bitte versuch, dich zu beruhigen …« Ich sackte zusammen wie eine Marionette, deren Fäden jemand durchtrennt hatte. Die letzten Luftreserven schienen aus meiner Lunge gepresst zu werden.
    Ich hatte Angst, einen Herzinfarkt zu bekommen. Micki zerrte das Handy aus der Tasche und schrie hinein: »Ich habe hier einen Notfall, meine Frau bekommt keine Luft mehr!«
    Dann verlor ich das Bewusstsein.

45
    Nur unter starken Beruhigungsmitteln überstand ich die nächsten Tage und Wochen. Ich war ein Schatten meiner selbst. Jedes Mal, wenn das Telefon klingelte, zuckte ich zusammen. Micki ging dran, und wenn es Dadgul war, legte er einfach auf. Mechanisch verrichtete ich meine Hausarbeit und versuchte, regelmäßig zu essen. Micki zuliebe musste ich mich zusammenreißen.
    Und dann passierte das Ungeheuerliche.
    Beim Bettenmachen sah ich sie schon durchs Küchenfenster: zwei grüne Polizeibusse, die in unser Idyll einbrachen und vor dem Haus hielten.
    Die Gardinen an den Nachbarfenstern wurden neugierig zur Seite geschoben. Frau Brechenmacher bettete ihren mächtigen Busen erwartungsvoll auf die Fensterbank. Sie hatte natürlich auch Zeitung gelesen, und ich spürte förmlich, wie sehr sie mir meine Niederlage gönnte. Nicht

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