Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)
hinunterschleudern in dunkelste Tiefe und emportragen in unerreichbare Höhen. Er merkt gar nicht, wie sich ein unbändiges Brüllen aus seiner Brust löst, wie seine Finger den unbekannten Rhythmus aufnehmen und hinaushämmern in die Glumpe. Er hört nur Klugwarms Stimme stolz und glücklich alles durchdringen: Die Glumpe ist warm – alles ist die Glumpe! Die Glumpe ist groß – alles ist die Glumpe! Fremde Glumps sind gekommen – alles ist die Glumpe! Sie bringen Licht – alles ist die Glumpe! Alles ist in uns – wir sind in allem…
“Es ist das Wort der Meister…, das Wort der Meister…”, keucht der Elloraner, doch Goff nimmt es nur wahr, wie man das Summen und Brodeln einer Stadt hört, die man durchquert. Er hört die Worte, aber begreift nicht deren Sinn.
Goff hat auf einmal ein Gefühl, als würden seine Augen so groß wie die Sonne, als könnten seine Ohren das Heulen ferner Quasare hören, als fühle seine Haut die schwirrende Hitze des galaktischen Kerns und sein Verstand die Bewegungen aller Atome dieser Welt.
Er fliegt hinaus in eine endlose Weite, die angefüllt ist von lebendigen Stimmen, die überquillt von Leidenschaften, Freuden und Qualen. Er stürzt in fernes, zukünftiges Sein, es wirbelt ihn durch Jahrmillionen und Bruchteile von Mikrosekunden. Alles ist in uns – wir sind in allem!
Ihm wird gar nicht bewußt, daß die Glumpe im Takt seiner Gedanken bebt, als er Sonnen explodieren und Staubnebel kondensieren läßt, als auf sein Geheiß Samen keimen und Menschen erwachen. In seinen Visionen ballt sich die Menschheit wie zu einer gigantischen Faust und stößt in die Unendlichkeit, öffnet sich und sprüht auseinander wie Funken, die das Feuer in die tiefste Finsternis tragen.
Und die Glumpe tanzt unter dem Diktat seiner Träume. Und immer wieder sieht Goff Kinder. Kinder, die aus Terras Boden emporschießen wie junge Pflanzen, die von der Erde springen, sich umarmend, und hinaus in das Universum fliegen, lauter leuchtende Funken, die auf den Wogen der Zeit davongetrieben werden, dieses gewaltige Meer wie Blüten bedecken, ein unendlicher, unzerstörbarer Teppich aus bunten Blüten…
Goff treibt immer noch inmitten dieses Blütenmeers, als die Stimme des Elloraners in sein Bewußtsein dringt.
“Na, endlich ausgeschlafen, Lichtkopf Mehrklug?” Goff streckt sich gähnend und öffnet die Augen. Hat er wirklich geschlafen? Er blickt direkt in Klugwarms wasserhelle Augen.
“Du warst phantastisch”, sagt Marigg. “Klugwarm ist begeistert, die Glumpe ist begeistert. So etwas Verrücktes haben sie noch nicht erlebt! Du hast ihnen das ganze Universum gezeigt!”
“Was habe ich?” Goff schüttelt sich wohlig. Irgendwie fühlt er sich sehr geborgen und hat so eine Ahnung, ziemlich weit weg gewesen zu sein.
“Du hast ihnen das Universum gezeigt. Klugwarm meint, du wärst ein großer Sänger! Und du hast ihnen großartige Bilder gegeben”, antwortet Marigg, “ehrlich, ich fand es auch gewaltig. Was da so alles in dir ist…”
Klugwarms Blick ist freundlich und liebevoll. Selbst die gespaltenen Lippen und die Beulen und Schwielen können diesen Ausdruck nicht abschwächen.
Deine Welt ist groß und warm und kalt! tönt die Stimme des unförmigen Riesen in Goffs Kopf. Dein Gesang ist so warm und so kalt, daß er ist wie Anfang und Ende! Wie geht das, Lichtkopf Mehrklug? Wie kann kalt und warm eins sein und Ende und Anfang!
Nach und nach kehrt Goffs Erinnerungsvermögen zurück. Explodierende Sonnen, blühende Welten, endlose Weiten…, haben sie das etwa alles gesehen? Aber das können sie doch gar nicht begreifen! Vage erinnert er sich daran, wie er als Nestling zum Himmel starrte, gebannt von dem Funkeln in tiefster Schwärze, ohne auch nur die Spur von einer Vorstellung von dem zu haben, was er da sah. Und doch hat er schon damals eine Ahnung von ungeheurer Weite und unerreichbarer Ferne gehabt, und einige Jahre später verstand er sehr gut, weshalb die ersten Menschen ihren Göttern das glitzernde Himmelsgewölbe als Wohnsitz zuwiesen.
Noch während er überlegt, geht wieder eine Bewegung durch die Glumpe. Klugwarms Kopf verschwindet kurz in dem schleimigen Gewühl, dann taucht seine Hand vor Goffs Gesicht auf. In der siebenfingrigen Pranke entdeckt Goff einen blutigen Klumpen. Kaltkalt, dröhnt Klugwarms Stimme. Nimm es, du brauchst jetzt Kraft. Hermel stiert entsetzt auf das, was Klugwarm da gegen seinen Helm preßt. Ihm ist, als fiele er in einen tiefen, alles
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