Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)
schließlich.
Was ist das?
Eine Weile wundert sich Goff, daß Klugwarm mit der Vorstellung vom Tod nichts anfangen kann. “Du mußt sagen, daß er davon kalt wird”, hilft Marigg aus.
Ein langes Schweigen ist Klugwarms Antwort. Seine stürmischen Gedanken tasten durch Goffs Gehirn, ohne daß der die sich überschlagenden Bilder zu deuten vermag.
So… kalt… wie Schisch…, wie die große Schisch…, hört Goff in Gedanken Klugwarm. Wie kann Wärme kalt machen? fragt dann der Riese hartnäckig.
“Wärme und Kälte sind eine gemeinsame Kraft”, antwortet Goff bedächtig, “wenn es sehr wenig Wärme ist, nennst du es Kälte. Aber es ist trotzdem noch Wärme, denn wo es keine Wärme gibt, dort gibt es nichts, dort sind keine Dinge. Die Welt, die keine Kaltkraft hat, braucht nur wenig Wärme – du würdest sagen: Sie ist kalt. Aber die Teile der Welt, die Kaltkraft besitzen, benötigen viel mehr Wärme. Es gibt auch Teile der Welt, die keine Kaltkraft haben und trotzdem viel, viel wärmer sind als du. Das sind die Sterne…”
“Entschuldige, wenn ich dich korrigiere, Hermel. Du mußt Klugwarm sagen, daß es Kaltkraft nur dort gibt, wo auch Warmkraft – also Leben – ist. Sonst begreift er gar nichts”, sagt Marigg.
Klugwarm belehrt ihn eines Besseren. Ist das warme Licht ein Stern? fragt er zaghaft. Machen Sterne kalt? Macht zuviel Wärme kalt? Ist viel, viel Wärme wie viel, viel Kälte? Kannst du kalt werden, wenn ich dir zuviel Wärme gebe?
Goff schmerzt langsam der Kopf. “Das warme Licht ist ein Stück von einem Stern”, sagt er müde, “es macht kalt, weil Sterne kalt machen… Zuviel Wärme macht kalt…, begreifst du das nicht?”
Gut, dann gib mir das kalte Licht! antwortet Klugwarm zufrieden, aber Goff spürt am Singen und Zirpen des Gedankenfeldes, daß der Riese immer noch angestrengt nachdenkt.
“Dazu muß ich die Glumpe verlassen”, sagt Goff und krümmt sich zusammen, bereit, rückwärts zu kriechen.
Nein! kommt es schnell von Klugwarm. Bleib! Gib es mir später. Aber zeig mir noch einmal das Licht in deinem Kopf!
Goff schaltet erneut den Helmscheinwerfer ein.
Wieder fährt die Glumpe erschrocken auf. Klugwarms Augenlider zucken im grellen Licht. Goff hat den Eindruck, als schaue ihm der Riese direkt ins Gesicht, aber Klugwarm starrt offenbar in die Lampe. Wie aus dem Nichts erscheint die siebenfingrige Hand, und der knotige Zeigefinger tippt vorsichtig gegen den Helmscheinwerfer.
Warum ist dein Name nicht Lichtkopf? fragt Klugwarm ehrfürchtig. Du hast die Kraft in deinem Kopf, du kannst überall kalttasten. Du mußt den Namen Lichtkopf tragen!
Seine Augen sind unverwandt auf die Lampe gerichtet. Er streicht über Goffs Helm und grunzte merkwürdig. Licht ist nicht nur in der Welt, sagt er erstaunt, Licht ist auch im Kopf! Du bist sehr stark, Lichtkopf! Ich werde ebenso stark sein, wenn du mir Licht in meinen Kopf gibst!
“Na, Vielklug”, flüstert Goff heiser, “wie findest du das?”
“Du bist ein wahres Genie, Lichtkopf”, erwidert Marigg spöttisch. “Ich werde für dich den Namen Mehrklug beantragen!”
Das ist sehr warm! dröhnt Klugwarms Stimme. Er muß Lichtkopf Mehrklug heißen, du hast recht, Vielklug!
Goff bricht in schallendes Gelächter aus. Und als er die keuchenden Laute aus Klugwarms Mund vernimmt, das ekstatische Beben der Glumpe fühlt – da steigert sich sein Lachen zu einem Erstikkungsanfall, denn er weiß: Auch die Glumpe lacht, sie lacht vor Freude. Hektisches Trommeln durchpulst diesen Organismus aus Dutzenden Einzelwesen, die Glumpe schüttelt sich und knurrt, ächzt, brummt, kreischt vor Vergnügen.
Der Rhythmus steigert sich zu einem wilden Stampfen. Es reißt Goff förmlich mit sich, das Beben dringt in alle Fasern seines Körpers, er zuckt und windet sich, und als ihm bewußt wird, daß dieses Schwingen wie die Stoßwellenmusik in einer Kristo ist, brüllt er laut auf vor Lachen.
Es stößt und dreht ihn, ohne daß er sich dagegen wehren kann oder gar will. Dutzende Finger klopfen rhythmisch auf seinen Körper. Es können auch Füße oder Köpfe sein, was da den Takt in ihn hineinschlägt. Dumpfe Schläge und feines Trommeln decken ihn ein, es wird ein strenger, beinahe melodischer Klang.
“Halt jetzt die Klappe, Hermel!” beschwört ihn Marigg. “Das ist der Große Gesang.”
Doch Goff hört die Mahnung kaum, so trägt es ihn mit sich fort. Ihm ist, als hätte ihn eine gewaltige Woge gepackt, und er läßt sich
Weitere Kostenlose Bücher