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Drachenläufer

Drachenläufer

Titel: Drachenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khaled Hosseini
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Apfel. Oder wie Blut. Vor ein paar Monaten wäre ich wie jedes andere Kind auch sofort auf das Rad gesprungen und damit durch die Straßen gerast.
    »Gefällt es dir?«, fragte Baba, der im Türrahmen meines Zimmers lehnte. Ich warf ihm ein verlegenes Grinsen zu und brachte mühsam ein »Danke schön« hervor.
    »Wir könnten eine kleine Fahrt unternehmen«, sagte Baba. Eine Einladung, wenn auch nur eine halbherzige.
    »Vielleicht später. Ich bin ein wenig müde«, sagte ich.
    »Verstehe«, erwiderte Baba.
    »Baba?«
    »Ja?«
    »Danke für das Feuerwerk«, sagte ich. Ein Dankeschön, wenn auch nur ein halbherziges.
    »Ruh dich etwas aus«, riet er mir und verschwand in Richtung seines Zimmers.
    Das andere Geschenk, das ich von Baba bekommen hatte - und er wartete gar nicht erst ab, bis ich es ausgepackt hatte -, war eine Armbanduhr. Sie hatte ein blaues Zifferblatt und goldene Zeiger in der Form von Blitzen. Ich probierte sie nicht einmal an. Warf sie auf den Haufen von Spielzeug in der Ecke. Das einzige Geschenk, das ich nicht auf den Haufen warf, war Rahim Khans in Leder gebundenes Notizbuch. Das war das Einzige, was mir nicht wie Blutgeld vorkam.
    Ich setzte mich auf die Bettkante, drehte und wendete das Notizbuch in meinen Händen und dachte darüber nach, was mir Rahim Khan von Homaira erzählt hatte - dass es am Ende das Beste gewesen war, dass sein Vater sie fortgeschickt hatte. Sie hätte darunter gelitten. Vor meinem inneren Auge blitzte immer wieder ein einziges Bild auf, wie die Male, wenn Kaka Homayouns Projektor bei einem Dia hängen blieb: Hassan, der mit gebeugtem Kopf Assef und Wali Getränke servierte. Vielleicht wäre es wirklich das Beste. Würde sein Leiden lindern. Und meines auch. Wie auch immer man es sah, drehte und wendete, eins war klar: Einer von uns musste gehen.
    Später am Nachmittag nahm ich das Fahrrad auf seine erste und letzte Fahrt mit. Ich strampelte ein paarmal um den Block und kam zurück. Rollte die Auffahrt hinauf bis zum Garten, wo Hassan und Ali das Durcheinander von der gestrigen Party aufräumten. Papierbecher, zusammengeknüllte Servietten und leere Sodawasserflaschen lagen überall verstreut. Ali klappte gerade Stühle zusammen und lehnte sie gegen die Mauer. Er sah mich und winkte.
    »Salaam, Ali«, sagte ich und winkte zurück.
    Er hielt einen Finger in die Höhe, bat mich zu warten und ging zur Hütte hinüber. Einen Moment später trat er wieder heraus und hielt etwas in den Händen. »Gestern Abend hat sich für Hassan und mich leider nicht die Gelegenheit ergeben, dir das hier zu überreichen«, sagte er und hielt mir eine Schachtel hin. »Es ist nur ein sehr bescheidenes
    Geschenk und deiner nicht würdig, Amir Aga. Aber wir hoffen, dass es dir trotzdem gefällt. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.«
    Ich spürte mit einem Mal einen Kloß im Hals. »Danke, Ali«, sagte ich. Ich wünschte, sie hätten mir nichts gekauft. Ich öffnete die Schachtel und fand darin eine nagelneue, gebundene Ausgabe des Shahname mit glänzenden, bunten Illustrationen unter den Textpassagen. Hier blickte Ferangis auf ihren neugeborenen Sohn, Kai Khosrau, hinab. Da war Afrasiyab auf seinem Pferd zu sehen, wie er mit gezogenem Schwert sein Heer anführt. Und natürlich Röstern, der seinem Sohn, dem Krieger Suhrab, eine tödliche Wunde zufügt. »Es ist wunderschön«, sagte ich.
    »Hassan hat mir erzählt, dass deine Ausgabe alt und zerlesen ist und einige der Seiten schon fehlen«, erklärte Ali. »All die Bilder hier drin sind mit Feder und Tinte von Hand gezeichnet«, fügte er stolz hinzu und betrachtete dabei das Buch, das weder er noch sein Sohn lesen konnten.
    »Es ist wirklich ganz großartig«, sagte ich. Und das war es auch. Und vermutlich auch nicht billig. Ich hätte Ali am liebsten gesagt, dass er sich geirrt hatte und ich eines solchen Geschenks nicht würdig war. Ich kletterte wieder auf mein Rad. »Richte Hassan meinen Dank aus«, sagte ich.
    Ich warf das Buch am Ende auf den Haufen von Geschenken in der Ecke meines Zimmers. Aber meine Augen wanderten immer wieder dorthin, also schob ich es ganz nach unten, unter all die anderen Sachen. Bevor ich an jenem Abend zu Bett ging, fragte ich Baba, ob er meine neue Armbanduhr gesehen habe.

Am nächsten Morgen wartete ich in meinem Zimmer darauf, dass Ali den Frühstückstisch in der Küche abräumte. Wartete darauf, dass er das Geschirr spülte und die Arbeitsflächen abwischte. Ich sah aus meinem Kinderzimmer und wartete,

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