Drachenlanze - Ungleiche Freunde
mischte
sich Flint ein.
Was dann geschah, hätte unter anderen Umständen komisch
sein können. Die Elfen zwischen Flint und Tyresian wichen
auseinander, bis der Raum zwischen den Blicken offen da lag.
Elfenlord und Zwerg lieferten sich ein kurzes Blickgefecht, bis
Solostaran die Aufmerksamkeit der Versammlung wieder auf
sich zog. »Ich nehme euer Angebot an, Meister
Feuerschmied.« Als Tyresian den Mund zum Widerspruch
öffnete, sagte die Stimme bloß: »Noch bin ich die Stimme,
Lord Tyresian.«
»Was sollte denn das nun wieder heißen?« fragte Selena
Ulthen deutlich flüsternd.
Tyresian unterwarf sich eiligst. »Wie Ihr befehlt, Stimme.
Ihr wißt es natürlich am besten.«
Als sich keine weiteren Stimmen mehr meldeten, befahl
Tyresian den Freiwilligen, sich am nächsten Morgen eine
Stunde nach Sonnenaufgang am Stall des Palastes einzufinden.
Dann drehte er sich wieder zur Stimme um, und die anderen
Höflinge folgten seinem Beispiel.
Anscheinend war der Augenblick für die Hauptankündigung
gekommen.
»Ihr alle kennt natürlich meine Tochter, Lauralanthalasa
Kanan«, sagte Solostaran. »Und Ihr wißt auch, daß die Zeit
nicht mehr fern ist, wo sie kein Kind mehr sein wird. Daher ist
es angebracht, ihr und Euch allen ihre Zukunft kundzutun, und
ich habe den heutigen Tag gewählt, um das zu tun.«
Er streckte die Hand aus, und Laurana kam zu ihm. Ihr
grünes Kleid raschelte, als sie über den Boden schwebte, und
ihr Haar schimmerte im Sonnenlicht wie geschmolzenes Gold,
als sie vor dem Podium stehenblieb. Sie verneigte sich anmutig
vor ihrem Vater und dann vor den Höflingen. Suchend
durchforstete ihr Blick die Menge, bis sie den Halbelfen fand.
Flint merkte, wie Tanis mit den Schultern zuckte, und fragte
sich, was da vor sich ging.
Flint beobachtete Tanis’ Gesicht. Dieser fixierte Laurana. Er
fingerte an einem kleinen Ding in seiner Hand herum, aber
Flint konnte nicht genau sehen, was das war. Laurana tappte
anscheinend ebenso wie der Rest des Hofes im dunkeln über
das, was nun folgen sollte. Nur Tyresian erschien
zuversichtlich. Xenoths runzliges Gesicht sah unendlich
verstimmt aus.
Solostaran lächelte seine Tochter an, wirkte jedoch etwas
bedrückt, als er sich wieder dem Hof zuwandte. »Zur
langjährigen Ehre und Freude meiner Familie zählt das Dritte
Haus von Qualinost zu unseren engsten Freunden. In der Tat
war es der Lord des Dritten Hauses, der mir in den finsteren
Jahren nach der Umwälzung seine starke Hand lieh und mir
dadurch half, den Frieden zu sichern, den wir hier in unserer
Heimat genießen.« Die Höflinge nickten; das wußten sie.
»Damals hatte der Lord des Dritten Hauses – dessen Namen
ich nur noch in der Erinnerung ehren kann, da er die Grenzen
dieser Welt inzwischen überschritten hat – einen jungen Sohn,
und aus Dankbarkeit versprach ich ihm ein großes Geschenk
für diesen Sohn. Der Sohn des Lords vom Dritten Haus steht
heute zwischen uns und ist Euch inzwischen selbst als Lord
dieses ehrenvollen Hauses bekannt: Lord Tyresian.«
Der schöne, große Elfenlord in der prächtigen, weinroten
Tunika verbeugte sich tief vor der Stimme. Zu tief, fand Flint,
wenn es so etwas gab. Es war nur, weil die Geste mehr Schau
als ernsthafte Ehrenbezeugung zu sein schien.
»Stimme, ich danke Euch, daß Ihr mich an diesem
glücklichen Tag aufgerufen habt«, sagte Tyresian. Er warf
einen Seitenblick auf Laurana, doch die Elfenfrau beachtete ihn
kaum. Ihre Augen hingen an Tanis.
Die Stimme nickte Tyresian zu und hob dann die Arme, als
wollte er sowohl den Elfenlord als auch seine Tochter
umfassen. »Dann will ich Euch Gelegenheit zum Feiern
geben«, sagte er mit einer Stimme, so klar wie eine Trompete.
»Denn an diesem Tag ist es mir Pflicht und Freude zugleich,
das große Geschenk bekanntzugeben, das Lord Tyresian vor
langer Zeit zugesagt wurde. So soll ganz Qualinost erfahren,
daß von heute an die Hand meiner geliebten Tochter,
Lauralanthalasa, Lord Tyresian vom Dritten Haus versprochen
ist, bis zu dem Tag, an dem die beiden zu Mann und Frau
verbunden werden.«
Überraschtes Flüstern machte sich breit, dann folgte
vereinzelter Applaus, der rasch stärker und lauter wurde.
Tyresian schien vor aller Welt zu strahlen, doch Flint sah, wie
erschöpft die Stimme wirkte. Miral war aufs Podium gestiegen
– entgegen jedem Protokoll –, wo er die Stimme stützte, um sie
vor dem Stolpern zu bewahren. Der Magier warf Tyresian
einen finsteren Blick zu.
Flint sah zu Tanis, doch der Halbelf schien den Lärm
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