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Drachenlied

Drachenlied

Titel: Drachenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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nie hatte einer von der Burg am Meer den Ruf vernommen. Insgeheim erleichterte ihn das, denn er wusste, dass Neid unter den Jungen entstehen würde, wenn einer auserwählt wurde und der andere nicht. Auf den Meeren von Pern aber brauchte man seine Gedanken für die Arbeit; Träumer hatten keinen Platz auf einem Fischerboot. Schlimm genug, dass hin und wieder diese lästigen Feuerechsen bei den Drachensteinen auftauchten. Aber da keiner nahe genug an die Felsen herankam, um eine Echse zu fangen, entstand kein Schaden dabei.
    Der neue Harfner war gut auf seine Aufgabe vorbereitet und so überraschte ihn die nüchterne, traditionsbewusste Art des Burgherrn kaum. Ihm ging es mehr darum, einen langsamen, kaum merklichen Wandel der Denkweise herbeizuführen. Meisterharfner Robinton verlangte von seinen Gesellen, dass sie den Baronen und Handwerkern mehr Weitblick vermittelten und sie dazu brachten, über die Grenzen des eigenen kleinen Reiches hinauszusehen. Harfner waren nicht nur Geschichtenerzähler und Sänger; sie entschieden Streitfälle, formten die Jugend und standen ihren Brotgebern mit Rat und Tat zur Seite. Im Moment schien es notwendiger denn je, die Traditionen zu lockern, alte Gewohnheiten zu vergessen und dem Neuen eine Chance zu geben. Hätte F’lar von
Benden sich nicht vom Althergebrachten gelöst, wäre Lessa nicht ins Dazwischen getaucht, um die Drachenreiter aus der Vergangenheit zu holen - ganz Pern würde nun unter dem Fädeneinfall schmachten. Die Weyr hatten von der modernen Denkart profitiert. Vielleicht konnte man nach und nach auch die Burgen und Handwerksgilden dazu bringen, neues Gedankengut zu prüfen und anzuerkennen.
    So fand Elgion, dass Yanus die Burg ohne Weiteres vergrößern könnte. Der Wohnraum für den großen Haushalt wurde allmählich knapp. Dabei gab es in den angrenzenden Bergen genug Höhlen. Das hatten ihm die Kinder erzählt. Und das unterirdische Dock fasste mehr Schiffe als die gegenwärtige Fangflotte.
    Im Großen und Ganzen aber zeigte sich Elgion mit seiner ersten Stelle als Harfner nicht unzufrieden. Er besaß seine eigenen, gut ausgestatteten Räume in der Burg, hatte genug zu essen, und die Burgbewohner waren verträgliche, wenn auch ein wenig muffige Leute.
    Nur eines quälte ihn: Wer hatte die Kinder so gut unterrichtet? Der alte Petiron hatte Robinton geschrieben, dass es auf der Burg am Meer ein begnadetes Musiktalent gäbe, und zwei Gesänge beigefügt, die den Meisterharfner sehr beeindruckten. Petiron hatte aber auch angedeutet, dass es mit dem Sänger einige Probleme geben könnte. Ein neuer Harfner - denn Petiron hatte sehr wohl gewusst, dass seine Tage gezählt waren - müsse mit Fingerspitzengefühl zu Werke gehen. In der Burg am Meer achte man noch streng auf die alten Sitten und Bräuche.
    So hatte sich Elgion bis jetzt nur unauffällig umgehört, in der Hoffnung, der Junge würde sich schon irgendwann zu erkennen geben. Musikalisches Talent ließ sich schlecht unterdrücken, und nach den Liedern, die Elgion gesehen hatte, war dieses Kind in der Tat hochbegabt. Allerdings, wenn es
sich um einen Pflegling handelte, der nun in einer anderen Burg weilte, dann musste er sich gedulden.
    Elgion schaffte es in kurzer Zeit, alle kleineren Höfe innerhalb der Halbkreis-Palisaden aufzusuchen, und er kannte die meisten Leute bald mit Namen. Die jungen Mädchen schwärmten von ihm, und viele schauten ihn mit sehnsüchtigen Blicken an, wenn er abends im Großen Saal seine Balladen spielte.
    Elgion hatte wirklich keine Möglichkeit, Menolly als »den Sänger« zu erkennen, den er suchte. Den Kindern war eingeschärft worden, dass es eine Schande für die Burg sei, wenn ein Mädchen den Harfner ersetzte, und so schwiegen sie. Und nachdem Menolly sich die böse Schnittwunde zugefügt hatte, ging das Gerücht um, dass sie nie wieder spielen könne. So fanden es die meisten herzlos, sie abends zum Singen aufzufordern.
    Als Menolly die Infektion überstanden hatte und die Wunde verheilt war, blieb die Hand steif. Jeder im Haus vermied es, sie an ihre Musik zu erinnern. Sie selbst nahm an den Singabenden im Großen Saal nicht teil. Und da sie ihre Hand nicht gut gebrauchen konnte, die meisten Tätigkeiten in der Burg aber zwei gesunde, kräftige Hände erforderten, schickte man sie tagsüber meist fort zum Kräuter- und Beerensammeln.
    Wenn Mavi das stille, zurückgezogene Wesen ihrer Jüngsten auffiel, so sah sie darin eine Folge der langen, schlimmen Krankheit. Auf den

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