Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz
Sie wiegten sich hin und her und verbissen sich das Lachen, damit es seine Majestät in der Laube der Drei Goldenen Irisse nicht störte. Ein kleiner Eunuch, Zyuzin, der Edelstein des Gartens, hatte beide Hände auf den Mund gedrückt und fiel beinahe vornüber; seine dreiseitige Zhansjen lag vergessen im Gras neben ihm.
Einer der Akrobaten rannte im Kreis herum, fuchtelte mit den Armen und stieß übertriebenes Gejammer aus, während ein schlappohriger, häßlicher gefleckter Hund ihn jagte. Jedesmal, wenn der Hund zusprang und nach dem Hinterteil des Mannes schnappte, packte dieser seine Hinterbacken, sprang hoch in die Luft und quiekte dabei wie ein Schwein, dem man den Schwanz eingeklemmt hatte.
Die Singvögel kicherten und kniffen einander vor Entzücken.
Ein lautes, dröhnendes Lachen zerriß die Luft. Shei-Luin zuckte ein wenig zusammen – aber vorsichtig, damit niemand es sehen konnte – und warf einen Blick zu der gegenüberliegenden Laube.
Xiane ma Jhi hing über dem Geländer und lachte, als der häßliche Hund seinen Herrn verfolgte. Er rief ihm ermutigende Worte zu, schlug dabei dem Mann, der neben ihm stand, auf die Schulter und zeigte auf die Akrobaten. Der Mann grinste und erwiderte etwas.
Shei-Luins Herz zog sich beim Anblick des zweiten Mannes zusammen. Yesuin, zweiter Sohn des Temur der Zharmatianer, des Pferdevolkes. Yesuin, einstmals die Liebe ihrer Kinderzeit und nun Geisel für das Wohlverhalten seines Vaters. Wie sie geweint hatte, als er damals in den Palast kam, denn sie wußte, was es für ihn bedeutete, die Freiheit der weiten Ebenen zu verlieren! Sie erinnerte sich nur zu genau daran, was sie selbst empfunden hatte, als sich die Mauern des kaiserlichen Palastes um sie schlössen. Aber sein Unglück hatte sie schließlich gerettet.
Es bestand eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Phönixkaiser und Yesuin; die Konkubine, die Xiane zur Welt gebracht hatte, war eine Frau von den Stämmen gewesen.
Aber was für ein Unterschied! Yesuin war ganz Feuer und Anmut; Xiane … an Xiane will ich Heber nicht denken, sagte Shei-Luin sich selbst. Er sieht aus wie ein Pferd und hat die Stimme eines Esels.
Als hätte er gespürt, daß sie an ihn dachte, schaute Xiane über den Rasen hinüber in das vergoldete Gebäude, wo Shei-Luin mit den anderen Konkubinen und ihren Eunuchen saß, den einzigen männlichen Wesen, die dort außer dem Kaiser selbst gestattet waren. Ihre Blicke begegneten sich. Demonstrativ leckte er sich die Lippen und starrte sie begierig an. Shei-Luins Magen zog sich zusammen; sie kannte diesen Blick. Falls er sich heute abend nicht bewußtlos saufen würde, würde er in ihre Kammer kommen.
Sie täuschte bescheidene Verwirrung vor und verbarg sich hinter dem Fächer, den Blick gesenkt. Später würde sie Murohshei ausschicken, um Xianes Mundschenk zu bestechen, damit er dafür sorgte, daß der Weinkelch des Phönixkaisers stets voll war.
Die anderen Konkubinen zwitscherten. Shei-Luin hätte sie gerne alle auspeitschen lassen. Aber nein; dazu hatte sie noch nicht die Macht. Sie mußte noh werden, eine Würdenträgerin des Ersten Ranges; sie mußte Xiane einen Erben schenken.
Und diesen Erben konnte er nicht selbst zeugen. Aber sie hatte eine Möglichkeit gefunden, denn sie allein kannte das uralte Geheimnis des Palastes. Und dann …
Die Szene vor ihr veränderte sich. Akrobaten und Tiere machten einer der weiblichen Ringertruppen Platz, für die Xiane sich derzeit so begeisterte. Shei-Luin setzte sich aufrechter hin.
Nicht, weil ihr das Spektakel gefiel. Alles andere als das. Sie hielt diese Frauen für unsäglich. Sie waren so häßlich wie die Soldatinnen, die den Harem bewachten – große, dicke Frauen, stark wie Ochsen und ebenso muskulös.
Aber das hier war die vierte Ringerinnentruppe in der letzten Spanne von Tagen, und wenn Xiane so weitermachte … Sie beobachtete die Frauen, die, nackt bis auf Lendenschurze und Brustbänder, miteinander kämpften, und wartete dabei so geduldig, wie sie konnte.
Endlich! Xiane erhob sich. Ein Diener lief zu ihm, um ihm das Gewand abzunehmen, das er abschüttelte. Als nächstes zog er die weiten Kniehosen darunter aus, und dann stand der Kaiser von Jehanglan im Lendenschurz da. Er sprang über das Geländer und rief über die Schulter: »Laßt uns ein wenig Spaß haben!«
Lachend folgten ihm die anderen jungen Männer in der Laube. Dieses eine Mal waren sie frei von den Einschränkungen des kaiserlichen Hofs, wo jede Bewegung
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