Drachenmagier
außer der Ölschicht
auf dem Wasser, ein grünlichbrauner
Schleim, der die Wellen glättete und die Bootswände
mit einem Film überzog. Man
konnte ihn auch riechen – ein scheußlicher Gestank,
von dem mir übel wurde.
Hartmut umklammerte
meine Hand fester. Das Wasser begann zurückzuweichen!
So etwas hatte ich noch
nie gesehen – als ob ein gigantischer Mund es
einschlürfte!
Etliche Boote lagen
bereits gestrandet auf dem nassen, ölverschmierten
Sand. Andere, weiter
draußen, wurden von der Strömung mitgerissen! Die
Insassen ruderten mit aller
Kraft gegen den Sog an. Die Tauchboote sanken tiefer und
tiefer, bis sie sich
knirschend in den Schlick bohrten und aufliefen.
Dann durchstieß ein
gewaltiges Haupt die Meeresoberfläche, gepanzert mit
graugrünen Schuppen, die
so giftig schillerten wie die Öllachen auf dem Wasser.
Getragen wurde dieser
Schädel von einem schier endlosen Hals, der den gesamten Leib
auszumachen
schien. Die Kreatur näherte sich mit ekelerregenden,
geschmeidigen
Schlängelbewegungen. Ihre Augen, in denen zuerst ein
grünes Feuer gebrannt
hatte, glühten jetzt tiefrot, während sie sich
höher und höher reckte und die
Wassermassen mit sich riß.
Dieses Ungeheuer aus
der Tiefe war riesig. Es ragte aus dem Meer wie ein plötzlich
aufgetauchter
Berg.
Ich sah zu, wie das
Wasser vom Ufer zurückwich, und hatte das erschreckende
Gefühl, in den Strudel
hineingezogen zu werden. Hartmut legte den Arm um mich. Seine
Anwesenheit
wirkte beruhigend.
Die Schlange verharrte
einen Moment, dann stieß sie aus ihrer schier unglaublichen
Höhe auf das
Flaggschiff hinab und rammte ein großes Leck in den
Holzrumpf. Das Meerwasser
brandete als gewaltige Flutwelle zum Ufer zurück.
»Lauft!« schrie mein
Vater. Sein Baß übertönte die entsetzten
Aufschreie der Menge. »Den Hang
hinauf!«
Die Gargans kehrten
dem Wasser den Rücken und flohen. Trotz der Angst, die allen
im Nacken saß, gab
es keine Verwirrung, kein Durcheinander, keine Panik. Ältere
Zwerge, die nicht
Schritt halten konnten, wurden von Söhnen und
Töchtern gestützt und mitgezogen.
Mütter trugen die kleinen Kinder, Väter hoben sich
die größeren auf die
Schultern.
»Bring dich in
Sicherheit, Grundel!« forderte Hartmut mich auf.
»Ich muß zu meiner Einheit.«
Er stürmte mit
geschwungener Axt zum Ufer, wo seine Kameraden sich
formierten, um den Rückzug
zu decken.
Mein Kopf sagte mir,
daß ich weglaufen sollte, aber meine Füße
waren wie abgestorben, meine Beine zu
schwach, um mehr zu tun, als mich aufrechtzuhalten. Gebannt starrte ich
auf die
Schlange, die sich unverletzt aus den Trümmern des
Tauchschiffs erhoben hatte.
Die zahnlosen Kiefer klafften in einem stummen Lachen, während
sie sich auf das
nächste Schiff stürzte. Holz barst und splitterte.
Weitere Kreaturen ihrer Art
erhoben sich aus dem Meer und zerschmetterten, was von unserer Flotte
noch
übrig war. Die aufgewühlten Fluten schäumten
donnernd an den Strand und über
die Hafenanlagen und trugen das Ihre zu dem Vernichtungswerk
bei.
Boote kenterten.
Einige wurden einfach von den Wogen verschlungen, die
Besatzung verschwand in
der öligen Gischt. Die Armee am Ufer hielt stand. Hartmut war
der Tapferste von
allen. Er watete ins Meer hinaus und schwang herausfordernd die Axt,
aber die
Schlangen ignorierten ihn und seine Kameraden und fuhren fort,
sämtliche Boote
im Hafen zu zertrümmern – nur eins blieb verschont:
die königliche Barke, mit
der wir nach Phondran und Elmas zu reisen pflegten.
Die erste Schlange
hielt in ihrem Wüten inne und musterte das Unheil,
das sie und ihresgleichen
angerichtet hatten. Ihre Augen funkelten wieder grün, sie
waren starr und
ausdruckslos. Der gewaltige Schädel schwang wie ein Pendel
bedächtig von einer
Seite zur anderen, und wann immer ihr Basiliskenblick uns traf, duckten
sich
alle. Als sie zu reden begann, lauschten auch ihre Vasallen.
Die Schlange
beherrschte unsere Sprache.
»Dies ist eine Botschaft
für euch und eure Verbündeten, die Menschen
und Elfen. Wir sind die neuen
Herren des Meeres. Ihr werdet es künftig nur mit unserer
Erlaubnis befahren,
und für diese Erlaubnis ist ein Preis zu entrichten. Was
für ein Preis, werdet
ihr später erfahren. Was ihr heute gesehen habt, war
eine Probe unserer Macht,
ein Vorgeschmack auf das, was euch geschieht, falls ihr euch weigert zu
zahlen.
Laßt es euch zur
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