Drachenmeister
entsann sich noch gut seiner ersten Fahrt in den Süden, als er stundenlang mit der widerspenstigen Leinwand gekämpft und immer wieder seine Ungeschicklichkeit verflucht hatte, während Menolly sich geduldig abmühte, ihm die Tricks und Kniffe des Segelns beizubringen.
Kaum waren sie mit ihrer Arbeit fertig, da flaute der Wind, der bis dahin ihre Fahrt begünstigt hatte, zu einem schwachen Wispern ab. Mit einem Seufzer betrachtete Menolly den strahlend blauen, völlig wolkenlosen Himmel und ließ sich dann lachend aufs Deck fallen.
»Das war ja nicht anders zu erwarten!«
»Und? Können wir wenigstens bis zum Abend wieder mit einer Brise rechnen?«
»Ich denke schon. Meist frischt der Wind nach Sonnenuntergang ein wenig auf.« Sie beobachtete Sebell von der Seite. Er wirkte gereizter als sonst.
»Entschuldige«, murmelte er, als er ihren Blick bemerkte. Er fuhr sich mit der Hand durch das windzerzauste Haar und legte sich neben sie aufs Deck.
»Du machst dir Sorgen um Piemur? Oder gibt es andere Probleme, die du mir verschweigst?«
»Nein, ich verschweige dir nichts!« Ihre eher ängstliche Frage kam ihm wie eine Anschuldigung vor und seine Antwort fiel schroff aus. Menolly schwieg, aber er spürte, dass er sie verwirrt hatte. Sebell wusste selbst nicht, was mit ihm los war. »Ich wollte dich nicht kränken«, begann er, als die Stille sich hindehnte. »Ich kann mir auch nicht erklären, was in mich gefahren ist. Ehrlich, ich bin überzeugt davon, dass wir Piemur im Süden finden werden.«
»Vielleicht hätten wir doch jemanden mitnehmen sollen, der uns an den Segeln hilft...«
»Ach, Unsinn, das hat nichts damit zu tun!« Wieder klang seine Stimme gereizt. Er biss die Lippen zusammen, holte tief Luft und sagte dann, jedes Wort abwägend: »Du weißt, dass ich gern segle. Und dass ich am liebsten mit dir allein segle!« Er lächelte sie an.
Menolly wollte schon etwas auf seine versteckte Entschuldigung erwidern, doch dann streifte ihr Blick seine Züge, und ihre Augen weiteten sich. Unvermittelt hob sie den Kopf und schaute zum Himmel, wo die Feuerechsen ihre Kreise und Schleifen zogen. Sie beobachtete den Schwarm lange Zeit und runzelte ein wenig die Stirn, als eines der kleinen Geschöpfe im Sturzflug in die Wellen tauchte. Sebell, beunruhigt von ihrer angespannten Haltung, folgte ihren Blicken. Es war Kimi, seine Königin, die sich in die Fluten warf. Er lächelte nachsichtig, als die kleine Goldechse einen Gelbschwanz zum Schiffsbug brachte und mit dem Schnabel auf ihre Beute einhackte. Komisch war nur, dass die übrigen Echsen sich von Kimi fernhielten. Im Allgemeinen pflegten sie ihren Fang zu teilen.
Die Wildheit, mit der Kimi den Fisch verschlang, faszinierte ihn; er spürte geradezu, wie sie die Beute in Stücke riss, schmeckte das warme, salzige Fleisch...
»Ich schicke Prinzesschen zu Toric in die Süd-Burg, Sebell. Sie kann jetzt nicht hierbleiben.«
Sebell hörte Menollys Stimme, ohne ihre Worte zu begreifen. Seine ganze Aufmerksamkeit galt Kimi und ihrem eigenartigen Verhalten. Er wollte zu ihr gehen, konnte sich aber nicht rühren. Er merkte, wie er die Hände zu Fäusten ballte und dann die schweißnassen Finger an den Schenkeln abwischte. Ihm war unerträglich heiß. Schwer atmend riss er sein Hemd auf.
Menolly schrie leise auf. »Mehr kann ich nicht tun, Sebell. Wenn ich auch noch Rocky und Taucher wegschicke, wäre das schlimm für Kimi. Wir sind so weit vom Festland entfernt, dass wir keine fremden Echsen anlocken können - und bei der Flaute, die im Moment herrscht, würden sie den Weg auch nicht schaffen.«
Sebell zog das Hemd aus und warf es beiseite. Aber die Hitze, die ihn erfasst hatte, schien von innen zu kommen. Dann bemerkte er die beiden Bronzeechsen, die auf dem Dach der kleinen Kabine kauerten. Sie machten keinen Versuch, Kimi Gesellschaft zu leisten. Die Königin fauchte; ihre Augen glommen orangerot und ihre Haut leuchtete golden in der Sonne.
Ihre Haut leuchtete golden? Und sie weigerte sich, ihr Futter mit den anderen zu teilen? Was hatte Menolly gesagt? Dass sie Prinzesschen zu Toric schicken wolle? Was war los mit Kimi?
Er wollte sie tadeln, aber es gelang ihm nicht, auch nur einen Gedanken auszuschicken. Und worauf warteten die beiden Bronzeechsen? Warum verschwanden sie nicht und ließen Kimi in Ruhe? Warum...?
Plötzlich begriff er. Kimi verschlang ihre Beute allein; Menolly schickte die zweite Königin, die sich bei ihnen befand, weit weg; Kimi leuchtete
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