Drachenmeister
seine angeblichen Schiffsgefährten stellte. Als sie lobend erwähnte, wie gut er mit Dummkopf zurechtkam, gestand er, dass er von einem Bergbauernhof im Norden stammte. Ansonsten schien Sharra jedoch fest entschlossen, ihm die Schönheiten und Vorteile des Südens näherzubringen. Sie erzählte ihm von Entdeckungsfahrten flussaufwärts, die in einem trügerischen, sehr gefährlichen Sumpfland von ungeheurer Ausdehnung geendet hatten. Die Erforscher hatten sich nach langem Zögern zur Umkehr entschlossen, solange
die Gegend nicht aus der Luft erkundet war; aber sicher dauerte es noch lange, ehe einer der Alten Langeweile verspürte und sich gnädig bereit erklärte, diesen Ausflug zu unternehmen.
Piemur störte es, dass Sharra immer so geringschätzig von den Drachenreitern sprach. Er begriff, dass sie die Alten vom Süd-Weyr meinte, und er hätte ihr gern von N’ton und seinen Taten erzählt, damit sie den Unterschied erkannte. Aber er musste schweigen, um kein Misstrauen zu erwecken - und das war, als beginge er einen Verrat an dem Weyrführer von Fort.
Sharra hatte eine leichte Decke in ihrem Gepäck, die sie nachts bereitwillig mit Piemur teilte. Sie wies ihn auch auf einen Strauch hin, dessen breite, fleischige Blätter eine bequemere Unterlage boten als die elastischen Zweige, die er bisher benutzt hatte.
Sharra wusste wirklich eine ganze Menge. Sie gab Piemur den Rat, Dummkopf mit einer bestimmten Pflanze zu füttern, die ihrer Ansicht nach ein guter Muttermilchersatz war. Piemur hatte keine Ahnung gehabt, dass Dummkopf auf der Suche nach diesem Nährstoff sämtliche Pflanzen anknabberte, die ihm vor die Schnauze kamen.
Am zweiten Tag, nach einer leichten Mahlzeit aus Früchten und in der Asche gebackenen Knollen, setzten die beiden ihren Weg nach Süden fort. Der dichte Wald öffnete sich gelegentlich, und auf den weiten, hellen Lichtungen grasten Herdentiere und Renner, die beim Anblick der Menschen sofort die Flucht ergriffen. Gegen Mittag des nächsten Tages hatten sie höheres Gelände erreicht, bis sie plötzlich an einer Hügelkante standen, von der das Land abrupt ein Stück in die Tiefe abfiel. Zu ihren Füßen erstreckte sich bis hin zum schimmernden Horizont ein riesiges Sumpfland, geädert mit schwarzen Wasserläufen, die sich um kleinere Landinseln mit hohen, starren Schopfgrasbüscheln schlängelten.
»Du bist mir genau im rechten Moment begegnet, Piemur«,
meinte Sharra. »Zu zweit können wir weit mehr Gräser schneiden und ein Riesenfloß bauen, mit dem wir unsere Ernte dann flussabwärts schaffen.« Sie lachte. »Selbstverständlich warten wir so lange, bis wir sicher sind, dass die anderen ihre Heilsalbe in Bottiche abgefüllt haben. Pass auf!«
Sie ritzte mit dem Messer eine Karte in den Sand zu ihren Füßen und erklärte ihm, was sie als Nächstes tun würden. Der dritte große Kanal zu ihrer Rechten war der Hauptfluss, der bis ans Meer führte. So viel wusste man durch die frühere Expedition. Zwischen der Hügelkante, auf der sie sich befanden, und jenem dritten Wasserlauf gab es eine Menge Inseln mit dem kostbaren Schopfgras. Die Wasseradern dazwischen mussten sie entweder durchwaten oder durchschwimmen. Die Feuerechsen würden ihnen helfen, die Wasserschlangen zu vertreiben, die sich gern um den Arm oder das Bein eines Menschen wanden und ihm das Blut abschnürten. Piemur wollte nicht glauben, dass Wasserschlangen derart gefährlich sein konnten, aber Sharra zeigte ihm eine feine Spur punktförmiger Narben am linken Arm, wo eine Schlange ihre unzähligen Schuppen eingedrückt hatte. Allerdings nicht an diesem Fluss, versicherte Sharra, und als sie sein Mitleid spürte, fügte sie hinzu, dass die Narben mit der Zeit ganz verschwinden würden. Dann schlug sie vor, dass sie Dummkopf auf den Schultern über das Wasser tragen könnte, da sie ein Stück größer war als er.
Auf jeder Grasinsel, die sie erreichten, schnitten sie die fedrigen Schöpfe mit den wertvollen Samenkapseln ab und schnürten die harten langen Halme zu Bündeln, aus denen später das Floß entstehen sollte. Sharra erklärte ihm, dass die Stängel zwar nach und nach Wasser aufsogen, dass ein Floß aber lange genug hielt, um sie bis an die Küste zu tragen. Das Mark der Graspflanze dicht über dem Wurzelballen war der wichtigste Teil. Man trocknete es und zerrieb es zu einem Pulver, das die beste bisher bekannte Medizin gegen Fieber darstellte, besonders gegen
das Feuerfieber, von dem Piemur noch nie etwas
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