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Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow

Titel: Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Wohnungsinstandhaltungsgesellschaft, eine Assoziation, die alles Mitleid für den Betäubten augenblicklich vertrieb. »Der sieht auch nicht nach einem Zombie aus.«
    »Das sind keine Untoten«, antwortete Tel ruhig. »Das sind einfach nur Räuber, die sich gedacht haben …«

    »Das heißt, deine ganze Geschichte … dein Märchen …«
    Mit einem Mal erklang ein verzweifeltes Geschrei aus der Richtung im Wald, in die der letzte Räuber geflüchtet war. Von Schluchzen unterbrochen, steigerte es sich schließlich zu einem hohen Kreischen, ehe es abbrach. Viktor durchlief ein Zittern. Und die Stille, die darauf folgte, war furchtbarer als der Todesschrei.
    »Warum?« Tel drehte sich zu dem Geräusch um – sie war nur eine schmale Gestalt, ein fast gewichtsloser Schatten vor einem Leichenfeuer. »Es stimmt alles. Ich wusste nur nicht, dass die Toten die Graue Grenze noch achten. Seltsam … die Toten erinnern sich besser an den Schwur als die Lebenden.«
    Sie schwieg eine Weile, ehe sie nachdenklich hinzufügte: »Oder sie fürchten den Herrn der Grenze mehr als die Lebenden.«
    In der Luft machte sich der widerwärtige Geruch von verbranntem Fleisch bemerkbar. Viktor hob das Messer vom Boden auf und wollte es sich hinter den Gürtel stecken, doch dann hielt er rechtzeitig inne, als er die scharfe Klinge bemerkte. Er nahm dem Toten den Gurt mit den Messern und der Feldflasche ab. Außerdem waren da noch ein langer Bogen aus poliertem Holz und ein Köcher mit Pfeilen – alles war auf dem Rücken des Toten befestigt; aber für Viktor hatte diese Waffe keinen Nutzen.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte Tel.
    »Was meinst du?«
    »Du hast zum ersten Mal jemanden umgebracht.«
    Viktor versuchte irgendetwas zu spüren … doch er nahm kein Gefühl wahr. Nur sein Herz klopfte vom Adrenalinschub. Und um ihn herum war alles ganz deutlich, reliefartig und hell geworden. Wie bei einer leichten Trunkenheit.

    »Ich habe dich verteidigt.«
    »Und dich selbst auch. Du glaubst doch nicht, dass sie dich hätten gehen lassen?«
    »Weiß ich nicht. Aber das spielt keine Rolle, ich lasse … Freunde nicht im Stich.«
    Tel antwortete nicht. Sie trat auf den Leichnam des Bogenschützen zu und gab seinem Kopf mit der Fußspitze einen leichten Schubs, so dass sie sein Gesicht sehen konnten. »Natürlich. Ein Halbelf«, schnaubte sie.
    »Ein was?«
    »Ein Bastard, ein Mischling aus Mensch und Elf.«
    Die verächtliche Bezeichnung klang aus ihrem Mund wie ein trockener akademischer Fachbegriff. »Du meinst …« Viktor blickte auf das blasse, zarte Gesicht. »Du meinst, seine Mutter ist ein Mensch und sein Vater ein Elf?«
    »Natürlich nicht! Elfen finden Menschenfrauen unattraktiv. Dieser hier ist die Ausgeburt einer Elfe und eines Menschenmannes. Wahrscheinlich das Ergebnis einer Vergewaltigung, obwohl, das muss nicht sein.«
    »Wenn Elfen keine menschlichen Frauen mögen, warum …«
    »Er war nur ein halber Elf, und ich … ich bin noch nicht ganz eine Frau. Halbelfen empfinden keinen Ekel vor jungen Mädchen.«
    Nach diesen Worten verlor Tel jedes Interesse an dem Toten. Sie ging ein paar Schritte weg, setzte sich auf einen Findling und streckte die Beine aus.
    »Viktor, sieh nach, ob er ein Säckchen bei sich trägt. Halbelfen schleppen alles Wertvolle mit sich herum, sie trauen niemandem.«
    Dies war eine unangenehme, aber offensichtlich notwendige Maßnahme. Viktor wühlte in den Taschen des Halbelfen,
von denen es in der leichten Bekleidung aus grüner Seide unerwartet viele gab. Aus einer Tasche zog er zwei dünne aufgerollte Fladenbrote, ganz ähnlich wie Lawasch 6 .
    »Gib mir einen«, bat Tel.
    Er war zu hungrig, um nicht ihrem Beispiel zu folgen. Sogar der heftige Geruch des brennenden Fleisches hinderte Viktor nicht daran, augenblicklich in den Fladen zu beißen, der erstaunlich gut schmeckte und stark nach unbekannten Gewürzen duftete.
    Endlich fand er das Säckchen – einen schweren ledernen Beutel, in dem eine Handvoll silberner und goldener Münzen klimperte.
    »Es muss noch einer da sein«, sagte Tel.
    Der zweite Beutel war leichter und kleiner und gefüllt mit glitzernden Steinchen.
    »Offenbar haben sie nicht zum ersten Mal hier an der Grenze ihr Unwesen getrieben«, bemerkte Tel.
    Viktor beendete erleichtert die Durchsuchung des Leichnams und rückte von dem Halbelfen ab. Das blasse Gesicht des Getöteten schien nun besänftigend und zart.
    »Elfenfrauen sind wahrscheinlich hübsch?«
    »Ja, besonders in den Augen

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