Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow

Titel: Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
ein«, fuhr das Mädchen unvermutet fort. »Und die tote Armee erstand wieder auf und rückte gegen den Feind vor, und der fiel … denn es ist schwer, einen Toten ein zweites Mal umzubringen. Nur hatten die Magier die Kräfte nicht richtig bemessen. Zu groß war ihre Angst. Worte, die nicht ausgesprochen werden dürfen, wurden gesprochen … und die Toten fanden keine Ruhe. Das gefallene Heer des Feindes erhob sich ebenfalls wieder aus der Erde. Alles hätte ein für alle Mal vorüber sein können – für die Lebenden. Die ehemaligen Feinde standen nun gemeinsam Schulter an Schulter gegen ihre gefallenen Kameraden. Aber sie wären nicht mit ihnen fertig geworden … denn jeder Tote in ihren Reihen hätte sich sofort in einen Gegner verwandelt.«
    Viktor verzog das Gesicht und trat einen Schritt auf das Mädchen zu. Als Kind hatte er solche Schauermärchen, wie sie am Lagerfeuer im Pionierlager erzählt wurden, gar nicht gemocht, und auch später las er keine Romane von Stephen King und sah sich nie die Nightmare-on-Elm - Street -Filme an. Jetzt hatte er das Gefühl, dass es nicht klug war, sich solche Geschichten im nächtlichen Wald anzuhören. Nein, es war keine Angst, etwas anderes stieg in ihm auf, durchlief kalt seinen Körper. Wie eine Vorahnung. Hör nicht hin … hör nicht zu genau hin. Nicht, dass …

    Tel schien nicht zu merken, dass er seine Hand auf ihre Schulter gelegt hatte.
    »Und dann kam der Einzige, der all das beenden konnte. Er stand zwischen den Armeen, zwischen den Toten und den Lebenden – und maß die Graue Grenze ab.«
    »Und ich dachte, dass alle …«
    »Nein. Wofür hätte er sie denn bestrafen sollen – die Lebenden und die Toten? Die Lebenden hatten keine Schuld und erst recht nicht die Toten. Damals entstand die Grenze, die die Toten nicht übertreten und die auch die Lebenden achten sollten.«
    »Und wir – haben wir sie übertreten?«
    Tel zog die schmalen Schultern hoch.
    »Alles verändert sich. Flüsse verschieben ihren Lauf, Berge steigen auf. Früher führte der Weg entlang der Grenze. Ich weiß nicht, wie es jetzt ist. Vielleicht sind jene anderer Meinung. Es heißt, es sei gefährlich geworden, in dieser Gegend zu reisen.«
    »Tel, wir sollten uns nicht gegenseitig Angst einjagen.«
    »Hast du Angst?« Aus ihrer Stimme war Überraschung zu hören.
    »Sagen wir mal, mir ist das nicht angenehm. Ich glaube nicht an Skelette, die umgehen …«
    Tel lachte auf. »Sei nicht albern, Skelette können nicht gehen! Schließlich werden ihre Knochen durch nichts zusammengehalten.«
    »Aber wir können gehen, oder? Na, dann los!«
    Tel nickte und setzte sich in Bewegung. Sie hatten kaum fünf Schritte getan und befanden sich unter dem umgestürzten Baum, als ein Geräusch erklang und etwas Mulm in Viktors Kragen rieselte.
    Er drehte sich um.

    Mehrere leichte Gestalten sprangen vom Baum auf die Erde. Vier an der Zahl – zwei versperrten den Weg nach vorn, zwei den Rückzug.
    Tel drückte sich an Viktor. Sie schrie nicht, aber sie war deutlich erschrocken.
    »Das ist unser Land …«, sagte einer der Unbekannten, wobei er die Wörter auf seltsame Weise dehnte. »Das Land der Toten … Ihr seid auf unserer Seite der Grenze …«
    »Wir gehen hier nur entlang«, rief Tel aus.
    »Ihr könnt durch … wenn wir es erlauben …«
    Viktor versuchte die Bewegungen der vier Gestalten mit den Augen zu verfolgen und schob sich ein Stück in Richtung der steilen Böschung, wobei er Tel mit sich zog. Die vier Schatten schlossen schweigend einen Halbkreis um sie. Aus irgendeinem Grund verspürte Viktor keine Angst. Fast als ob er sich einen billigen Horrorstreifen ansehen würde, in dem schlecht geschminkte Schauspieler krampfhaft irgendwelche Leichen spielten. Aber seine Handfläche, die den Stock umschloss, war feucht von Schweiß. Es war gefährlich, nicht an die Gefahr zu glauben! Gefährlich! In dieser Welt war alles möglich, sogar wandelnde Leichen.
    »Lasst uns durch«, bat er und versuchte seine Stimme fest klingen zu lassen.
    »Gold …«, fauchte einer. »Freikaufen …«
    Tel warf den Kopf zurück und blickte Viktor überrascht an.
    Also wirklich, wozu brauchten Tote Gold?
    »Geht auch Silber?«, fragte Viktor.
    Die Schatten lachten gehässig. Dann sagte einer: »Alles geht …«
    »Schade, dass wir weder Gold noch Silber haben. Nehmt ihr auch Rubel?« Viktor war es Ernst damit, er war bereit,
sein ganzes Bargeld rauszuholen. Denn was sollten Tote schon mit Geld anfangen!
    »Ich geb

Weitere Kostenlose Bücher