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Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow

Titel: Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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durch.«
    Viktor ächzte vor Wut, sagte aber nichts.
    »Deine Kräfte habe ich natürlich überschätzt«, sagte sie selbstkritisch. »Ich habe nicht daran gedacht, dass es für dich schwierig ist, in der Dunkelheit zu gehen.«
    »Und du … siehst du im Dunklen?«
    »Ja, natürlich.«
    »Bist du vielleicht auch eine Halbelfe?« Viktor meinte es beinahe ernst.
    »Nein, Unsinn. Es gibt keine weiblichen Halbelfen. Niemals.«

    Viktor wollte erst bemerken, dass der Phänotyp des Elfenwesens offenbar eng mit dem männlichen Geschlecht, also mit dem X-Chromosom verbunden sei, besser gesagt, dass alle weiblichen Halbelfen bereits im embryonalen Stadium einer letalen, also tödlichen Mutation ausgesetzt seien, aber aus irgendeinem Grund wollten ihm seine Auslassungen über die Vererbungsgesetzmäßigkeiten der Elfen nicht über die Lippen kommen.
    »Aber woher hast du die Fähigkeit? Das hatte ich wohl mit den Räubern gemein – sie hat die Dunkelheit auch gestört.«
    »Viktor, darf ich denn gar keine Geheimnisse haben?«
    Es hatte keinen Sinn, darüber zu streiten.
    »Dann sag mir, wo du wohnst.«
    »Wozu?«
    »Wie wozu? Ich soll dich doch nach Hause begleiten.«
    Es sah so aus, als sei es ihm gelungen, Tel in Verwirrung zu stürzen.
    »Gut, du bringst mich nach Hause, und was machst du dann?«
    »Ich kehre zurück.«
    Tel schwieg lange, ehe sie schließlich fragte: »So mir nichts, dir nichts willst du zurückkehren? Du glaubst mir doch, oder? Du hast es doch schon selbst erkannt? Du weißt, dass man die Welt auch anders sehen kann, als man es gewohnt ist. Und trotzdem willst du zurück? In diese Stadt, in dein blödes Haus, willst wieder diesen Gestank einatmen und deine Zeit mit nutzlosem …«
    »Tel!« Er unterbrach das Mädchen. »Ich lebe dort. Verstehst du nicht? Und dort leben meine Verwandten, meine Freunde. Und ich habe meine Arbeit, entschuldige bitte, aber die ist sicher angenehmer als … anderen Leuten die Kehle durchzuschneiden.«

    »Aber du bist doch …« Ihre Stimme versagte. »Viktor …«
    »Was?«
    »Vielleicht habe ich mich getäuscht …«, sagte sie nachdenklich.
    »Worin?«
    »Na in dir! Viktor, du sollst hier leben! Verstehst du? Wenn ein Mensch nicht mehr mit seiner Welt übereinstimmt, trennt diese ihn von sich ab. Stößt ihn ab. Wirft ihn raus. Glaubst du etwa, es ist ein Zufall, dass bei dir zu Hause alles kaputtgeht?«
    »So, so.« Viktor blieb stehen, fasste in der Dunkelheit nach Tels Schulter und drehte sie mit dem Gesicht zu sich. »Dann erzähl doch mal. Ich hab genug von deinen Andeutungen.«
    Tel begann zu schniefen wie ein ganz normales Mädchen, das man bei seiner Geheimniskrämerei stört.
    »Ich glaube, meine Geduld ist erschöpft«, fuhr Viktor fort. »Erst nehme ich eine Verrückte auf, eine, die in der Dunkelheit sehen kann und deren Wunde innerhalb von einer Nacht verheilt, die keine Komplexe kennt und keine Gefühle zeigt. Dann stürze ich hinter ihr her in den Wald, wo ich vor irgendwelchen Idioten davonlaufen muss und im Nirgendwo lande. Ich springe in eiskaltes Wasser und hüpfe hinterher nackt ums Lagerfeuer, höre mir Geschichten über verschiedene Welten an und wandere mitten in der Nacht quer durch den Wald. Lasse mich von Untoten erschrecken und bringe Räuber um. Und jetzt soll ich das alles auch noch gut finden?«
    »Was willst du, Viktor?«
    »Eine Erklärung.«
    »Du gehörst nicht in die Welt auf der Anderen Seite.«
    »Bist du sicher?«

    »Natürlich. Sonst wärst du nicht hierhergekommen. Aber das Wichtigste ist, dass du hier in unserer Welt gebraucht wirst. Sogar dringend gebraucht wirst.«
    »Und du bist gekommen, um mich von einer Welt in die andere zu führen?«
    »Ja. Du hättest auch allein kommen können. So ist es normalerweise bei Leuten, die anfangen, ihre Welt anders zu sehen. Früher oder später finden sie den Pfad, den Übergang, und erscheinen hier. Aber du bist zu wichtig. Wir konnten nicht warten und es dem Zufall überlassen. Erinnerst du dich an die Männer am Übergang? Wärst du allein gewesen, hätten sie dich umgebracht.«
    »Und wenn ich in meiner Welt geblieben wäre?«
    »Hätten sie dich trotzdem umgebracht. Für alle Fälle. Außerdem wärst du nicht dort geblieben. Solche wie du bleiben nicht da.«
    Viktor musste lachen. »Sieh mal an. Also dann danke. Schließlich heißt das, dass du mir geholfen hast. Danke.«
    Aber sein Ärger wuchs. Wahrscheinlich lag das an der Müdigkeit. Oder vielleicht am weißen, schmalen Gesicht des

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