Drachenritter 02 - Der Drachenritter
bis sich der Weg auf einmal steil nach unten senkte und Jim ausrutschte, als wäre der Boden mit Schmierseife bedeckt. Er stürzte und rutschte mit wachsender Geschwindigkeit in die Tiefe. Auch die anderen stürzten und rutschten ihm nach, begleitet vom wortlosen Alarmschrei des Prinzen und Brians und Giles saftigen Flüchen.
Sie beschleunigten auf eine unglaubliche Geschwindigkeit, die der eines Bobs auf einer Rodelbahn gleichkam. Offenbar beschrieb der Weg wie die Wendeltreppe im Turm Spiralen. Auf einmal blitzte es rot vor Jims Augen auf – nicht in Wirklichkeit, sondern bloß in seiner Einbildung.
Während ihm von der unglaublich schnellen Kreisbewegung allmählich schummrig wurde, fand er noch Zeit, sich über einen Fehler zu ärgern, den er ganz allein sich selber zuzuschreiben hatte.
Während des Aufstiegs über die Treppe hatte er den magischen Befehl an seine Stirn geschrieben, der ihn befähigte, jede über ihm befindliche magische Falle in Rot zu sehen. Doch das hatte ausschließlich für Fallen gegolten, die über und vor ihm lagen.
Dabei hatte er nicht bedacht, daß sie auch in den tiefergelegenen Etagen der Burg auf magische Fallen stoßen könnten. Jetzt aber war es geschehen. An der Stelle, wo der Geheimgang auf den Querweg gestoßen war, hatte sich eine magische Falle befunden. Und er hatte den Befehl so idiotisch formuliert, daß sich beim Abstieg die Falle, anders als die weiter oben befindlichen, nicht rot leuchtend zu erkennen gegeben hatte. Jetzt war es zu spät, und sie waren in dieser glitschigen, gewundenen Rutsche gefangen, die ins Erdinnere hinunterführte.
Wie lange der Fall andauerte, war schwer zu sagen. Später hatte Jim den Eindruck, er sei irgendwann ohnmächtig geworden, entweder vor Benommenheit oder aus einem anderen, magischen Grund. Jedenfalls fand er sich irgendwann vor einer unnachgiebigen Wand wieder, begraben unter den Leibern seiner Gefährten, so daß er kaum noch Luft bekam.
Er wollte sie gerade bitten, von ihm herunterzusteigen, da rappelten sie sich auch schon auf. Kurz darauf konnte auch er sich erheben.
Um sie herum war es stockfinster.
»Wo sind wir?« ließ sich Giles vernehmen. »Mir versagt das Gedächtnis. Ich weiß bloß noch, daß ich soeben hier zu mir gekommen bin.«
Brian und der Prinz pflichteten ihm bei.
»Aber wo sind wir? Sir James?« fuhr der Prinz fort. »Seid Ihr da, Sir James?«
»Ich stehe unmittelbar neben Euer Hoheit«, sagte Jim. Zum Beweis bewegte er den Arm, der gegen die Seite des Prinzen drückte.
»Was sollen wir jetzt tun, Sir James?« fragte der Prinz. »Ich bin immer noch ganz benommen, aber ich glaube, ich kann mich auf den Beinen halten. Wo sind wir?«
»Ich weiß es nicht, Hoheit«, antwortete Jim. »Neben mir befindet sich eine Art Wand. Wartet einen Moment. Ich will sehen, ob es darin eine Öffnung gibt oder ob sich die Wand vielleicht als Ganzes öffnen läßt.«
Er wandte sich der senkrechten Fläche zu, gegen die er gedrückt worden war, und fuhr mit den flachen Händen darüber. Das Material fühlte sich eher an wie Holz als wie Stein, und ihm schien so, als handle es sich um eine Art Tür. Er tastete in der Höhe umher, wo sich der Öffner befinden würde, und tatsächlich entdeckte er auch einen der kleinen Knäufe, denen sie in Malvinnes Burg schon öfters begegnet waren.
Er drückte dagegen. Nichts geschah. Als er daran zog, ging die Tür mühelos auf.
Da er die Tür eher unbeabsichtigt weit aufgerissen hatte, wurden sie von dem einströmenden Licht alle für einen Moment geblendet. Jim, der sich vorgebeugt hatte, taumelte nach vorn, und die anderen folgten ihm. Allmählich konnte er wieder etwas erkennen.
Sie befanden sich auf einem schmalen Absatz, der von einem Geländer umgeben war und ihnen kaum genug Platz zum Stehen bot. Zur Rechten führten von dem Absatz ein paar Treppenstufen auf den Boden einer gewaltigen Felsenhöhle hinunter. Zumindest waren der Boden und die nächste Wand aus Fels, und auch die andere, etwa dreißig Meter entfernte Wand schien aus Fels zu bestehen. Allerdings ragten die Wände so weit in die Höhe, daß das diffuse Licht nicht bis dorthin reichte. Es ließ sich nicht erkennen, ob es sich um eine natürliche Höhle handelte, die vollständig von Felswänden umschlossen war.
Allerdings erschien es nur vernünftig, daß es irgendwo dort oben ein Dach geben mußte. Sie waren so tief gefallen, daß sich ein Gutteil der Erdkruste zwischen ihnen und der Erdoberfläche befinden mußte.
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