Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
niemals nachgegeben hätte. Bei seiner ersten Begegnung mit ihr hatte er im Körper eines Drachen gesteckt, in den er bei seinem Übergang in diese alternative Welt des vierzehnten Jahrhunderts aus Versehen geraten war. Er war auf die Spitze des Bergfrieds von Malvern geflogen, und der Bewaffnete, der dort Dienst getan hatte, war Hals über Kopf die Treppe hinunter geflohen. Aber als Jim hinuntergegangen war, hatte er Geronde mit einem Bärenspeer auf sich zukommen sehen. Später hatte Geronde ihm sehnsüchtig von ihrer Hoffnung erzählt, ihren Peiniger Sir Hugh de Bois eines Tages wieder in ihre Finger zu bekommen, um ihn langsam auf kleiner Flamme zu rösten. Sie hatte es ernst gemeint. Geronde, die nach den Maßstäben des vierzehnten Jahrhunderts ungeheuer loyal und sanftmütig war, war kein Mensch, den sich irgend jemand vernünftigerweise zur Feindin gewünscht hätte.
Aber jetzt waren sowohl sie als auch Brian bei Jims, Angies und Carolinus' Erscheinen aufgesprungen. Geronde und Angie umarmten einander. Brian umarmte Jim - herzlich und schmerzhaft, da sie beide Kettenpanzer trugen. Dann küßte er Jim auf beide Wangen.
Jim hatte sich mittlerweile an diese regelmäßige Küsserei im vierzehnten Jahrhundert gewöhnt. Er ließ sie mit anerkennenswerter Grazie über sich ergehen und übte sich sogar, wenn nötig, selbst darin. Glücklicherweise war Brian diesmal frisch rasiert, wahrscheinlich, weil er mit Geronde zusammen war.
»Eine großartige Neuigkeit, James!« rief Brian jubilierend. »Eine großartige Neuigkeit, zu hören, daß Ihr uns zu dieser Weihnachtsgesellschaft begleiten werdet -und ich habe auch großartige Neuigkeiten für Euch. Setzen wir uns doch. Ich habe gerade Eurem Knappen und John Steward einige Anweisungen gegeben, wie jene auszurüsten sind, die Euch zum Grafen begleiten sollen, und diejenigen, die in Eurer Abwesenheit die Burg beschützen werden.«
Zum ersten Mal fiel Jim nun auch John Steward auf, ein großer eckiger Mann von Mitte vierzig, der ziemlich stolz darauf war, daß er noch die meisten seiner Vorderzähne besaß. Neben ihm stand Theoluf, Jims ehemaliger Erster Bewaffneter und jetziger Knappe, ein Mann mit hartem, dunklem Gesicht, an dem Ende des Tisches, an dem Brian gesessen hatte.
»Ihr könnt jetzt gehen, alle beide«, sagte Brian zu den beiden Männern. »Sir James oder Lady Angela werden euch in Kürze eure Anweisungen geben. Aber für den Augenblick wollen wir uns ungestört unterhalten. Kommt, setzen wir uns alle!«
Für Carolinus war die Aufforderung unnötig. Er hatte sich sofort hingesetzt, als er erschienen war. Angie jedoch stand nach wie vor und Geronde auch.
»Ich muß zuerst hinauf in die Kemenate«, sagte Angie zu Geronde. »Kommt mit mir, Geronde. Ich möchte dringend mit Euch reden.«
Und damit kehrten sie den Männern den Rücken zu.
»Meinetwegen«, sagte Brian, der hinter ihnen hersah. »Geronde weiß, worüber ich mit Euch sprechen will; und ich möchte unbedingt hören, wie es zu der Belagerung Eurer Burg gekommen ist. Außerdem möchte ich Euch erzählen, welche Nachrichten ich habe. Großartige Nachrichten, James - von denen, wenn ich darüber nachdenke, wohl zuerst die Rede sein sollte.«
Mit plötzlicher Mutlosigkeit ließ Jim sich auf eine der gepolsterten und mit Rückenlehnen versehenen Bänke sinken, deren sich die hohe Tafel von Malencontri rühmen durfte - Möbelstücke, die modernen, bequemen Stühlen so nahe kamen, wie Jim und Angie es in dieser Zeit und an diesem Ort ihren Mitmenschen zuzumuten zu dürfen glaubten.
»Mundschenk, füll deinem Herrn das Weinglas!« sagte Brian barsch. »Beim heiligen Ives! Wenn du mein Diener wärst, würdest du nur ein einziges Mal so herumtrödeln, das kann ich dir sagen!«
Der Dienstbote, ein junger Mann mit breitem Mund und gewinnendem Lächeln, schickte sich bereits an, Jims Glas zu füllen. Trotz der Bummelei, deren Brian ihn bezichtigt hatte, war der Mann wahrscheinlich von der unterschwelligen Drohung in Brians Stimme nicht allzu beeindruckt. Der Mundschenk wußte genausogut wie Jim selbst, daß dies Brians Art war, sich schützend vor Jim zu stellen, den er oft behandelte, als wisse er kaum genug, um hinaus in den Regen zu treten - unter den für ihn ungewohnten mittelalterlichen Bedingungen.
»Hm, so«, sagte Brian, als zuerst Theoluf und John Steward, dann auch der Mundschenk sich zurückgezogen hatten. »Nur Ihr und ich und Carolinus - wo ist Carolinus?«
Jim sah sich um. Carolinus war
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