Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
verschwunden.
»Es ist vielleicht irgend etwas passiert«, meinte Jim diplomatisch. Insgeheim vermutete er, daß Carolinus nicht hatte bleiben wollen.
»Trinkt! So ist's recht, James. Seht zu, daß Ihr ein wenig guten, kräftigen Wein in Euren Magen bekommt! Über das, was ich Euch zu erzählen habe, werdet Ihr glücklich und erstaunt sein. Ich hatte ohnehin herkommen und Euch bitten - Euch sogar anflehen -wollen, uns zu begleiten. Schon bevor Carolinus uns fand und sagte, daß Ihr ohnehin mitkommen würdet.
Könnte es sein, daß Ihr bereits von dem Prinzen gehört habt?«
»Vom Prinzen?« fragte Jim. »Nein.«
»Er wird mit uns anderen auf der Weihnachtsgesellschaft des Grafen sein. Und John Chandos ebenfalls und viele weitere würdige Persönlichkeiten, die sonst vielleicht nicht dort wären. Seid Ihr nicht erstaunt?«
Jim war erstaunt. Brian zuliebe gab er entsprechende Laute von sich.
»Giles de Mer wird auch dort sein. Ich habe Euch vielleicht schon erzählt, daß er den Wunsch hegte zu kommen!« fuhr Brian fort. »Ihr erinnert Euch sicher, daß ich ihm versprochen hatte, einmal mit ihm eine Lanze zu brechen, um ihm die Gelegenheit zu geben, einige Tricks auf dem Gebiet zu lernen. Ich war sehr traurig, als ich vor einigen Monaten hörte, daß es wahrscheinlich bei dieser Weihnachtsgesellschaft beim Graf kein Turnier geben würde, weil der Graf sich -wie man mir insgeheim anvertraut hat - wegen der Unkosten sorgte.«
»Ach, ja?« fragte Jim. Er hatte vermutet, daß das Turnier ein fester Bestandteil der Weihnachtsfestlichkeiten des Grafen sei.
»Ja«, sagte Brian. »Der Hof seiner Burg ist zu klein, als daß zwei Ritter zu Pferd gegeneinander anrennen könnten, ganz zu schweigen von den Zelten und anderen notwendigen Dingen an jedem Ende des Kampfplatzes. Daher kann ein Turnier nur außerhalb der Mauern stattfinden - und man kann von den Leuten auf den Ländereien der Burg kaum verlangen, an Festtagen zu arbeiten, den Schnee wegzuräumen und zu tun, was sonst noch notwendig ist, um den Kampfplatz vorzubereiten. Wenn sie solche Arbeit tun, muß man sie irgendwie entlohnen, und dieser Lohn hat sich in der Vergangenheit als ziemlich üppig erwiesen - es sind ja mittlerweile fast alles Freie, wie Ihr wißt, James.«
»Ja«, sagte Jim. Seine eigenen Pächter auf Malencontri hatten nicht gezögert, ihn auf diese Tatsache hinzuweisen - zuvorkommend und höflich, aber doch sowohl einzeln wie auch gemeinsam.
»Aber es scheint«, fuhr Brian fort, »als hätten sich diese Freien als wahre Abkömmlinge des englischen Blutes genauso auf das Turnier gefreut wie die Gäste. Daher haben sie sich erboten, aus Gefälligkeit die Herrichtung des Kampfplatzes zu übernehmen. Natürlich muß man ihnen trotzdem ordentlich zu essen und zu trinken geben und noch ein paar andere Kleinigkeiten wie einen Platz vor all den anderen gemeinen Leuten, die einen Blick auf das Turnier werfen wollen.«
»Verstehe«, meinte Jim. »Aber Ihr sagtet, Giles würde ebenfalls kommen?«
»Ja!« erwiderte Brian. »Ich habe einen Brief von ihm bekommen - hm, genaugenommen, einen Brief von seiner Schwester. Giles ist kein großer Freund der Feder, wie Ihr vielleicht wißt. Aber ich habe sein Versprechen. Wie schön es sein wird, ihn wiederzusehen!«
»Ja!« stimmte Jim begeistert zu. Auch er mochte Sir Giles de Mer, der sich ihnen angeschlossen hatte, als es darum ging, den englischen Kronprinzen vor einem vom Wege abgeirrten Magier der ersten Kategorie zu retten.
Giles war ein Silkie - also ein Mensch, wenn er sich an Land befand, aber ein Seehund, sobald er ins Meerwasser eintauchte. In seiner Familie lagen offensichtlich einige Gene von irgendwelchen Elementargeistern. Giles hatte in seiner dem Meer angepaßten Tiergestalt wie ein ganz gewöhnlicher Seehund ausgesehen.
Ansonsten war er ein ziemlich kleiner, streitlustiger, junger Ritter mit einem prächtigen, blonden Schnauzbart, was bemerkenswert war in einer Zeit, in der die meisten Ritter entweder glattrasiert daherkamen oder einen ordentlichen kleinen Schnurrbart auf der Oberlippe trugen und etwas wie einen gleichermaßen ordentlichen Spitzbart am Kinn.
Überdies kam er aus Northumbria und lebte an der Nordgrenze Englands, wo sie an das unabhängige Königreich Schottland stieß; er träumte davon, auf ritterliche Art und Weise große Dinge zu tun. Als Giles gehört hatte, daß Brian nicht nur regelmäßig an Turnieren teilnahm, sondern sie auch häufig gewann, war er
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