Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
Schwertgürtel ablegte und sich von den zusätzlichen Kleidungsstücken befreite, die er zum Schutz gegen die Kälte übergezogen hatte, »ich habe zwischen jetzt und morgen früh die Arbeit von drei Tagen zu erledigen...«
»Die anderen Gäste reden schon darüber«, meinte Angie, »wie selten du mit ihnen zusammen bist; es kursieren alle möglichen Vermutungen darüber, was du treibst, wenn niemand dich sieht.«
Aha! dachte Jim. Zweifellos würden einige Gäste derselben irrigen Vorstellung erliegen wie Brian - daß er mit einer der anderen Damen hier ein Techtelmechtel hatte. Angie sollte es eigentlich besser wissen, aber trotzdem war das Gerücht für sie gewiß nicht angenehm.
»Viele Gäste verschwinden von Zeit zu Zeit«, sagte Jim. »Entweder sie verschwinden, oder sie reden davon.«
Jim beschloß, das Thema künftig zu umschiffen. Angie ließ jedoch nicht locker. »Du siehst ja, daß ich mich bereits umgekleidet habe.«
Jim hatte bisher nichts dergleichen gesehen.
»Dein safranfarbenes Kleid? Ich dachte, das würdest du dir für morgen aufheben.«
»Die meisten Leute werden heute die ganze Nacht auf sein, oder jedenfalls fast die ganze Nacht«, erwiderte Angie, »und beim letzten Essen ist wahrscheinlich niemand mehr in der Lage, den Kleidern der anderen viel Aufmerksamkeit zu schenken. Einige Gäste brechen sogar gleich danach auf, weil sie zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder zu Hause sein müssen. Aber darum geht es gar nicht. Mir geht es vielmehr darum, daß die Leute langsam aufmerksam werden und darüber reden, wie selten du zu sehen bist. Agatha Falon könnte da ihre Hand im Spiel haben - zumindest denke ich, daß sie das Gerücht in die Welt gesetzt hat. Aber wie dem auch sei, man stellt Fragen. Alles, was ich dazu sagen kann ist, daß Mnrogars Entlarvung des Burgtrolls diese Fragen beantworten sollte. Sonst werden nächstes Jahr alle möglichen Gerüchte über uns die Runde machen. Ich habe dir deine Sachen auf der Matratze auf dem Boden zurechtgelegt.«
»Das sehe ich.« Jim machte sich daran, sich umzukleiden.
»Was genau mußt du zwischen jetzt und morgen alles noch erledigen?« wollte Angie wissen, während sie sich aus Rücksicht auf ihr Kleid vorsichtig in einen der Sessel setzte, um Jim beim Umziehen zuzusehen. »Und was ist heute morgen passiert? Du wolltest nachsehen, wie Brian mit Mnrogar und dem Wildschweinpferd fertig wird, nicht wahr?«
»Das habe ich auch«, antwortete Jim. »Sie haben ihre Sache sehr gut gemacht. Aber Brian hätte beinahe alles über den Haufen geworfen, als er mich daran erinnerte, daß ich unbedingt dafür sorgen muß, daß die Ritter, die gegen Mnrogar kämpfen, nicht ihren Ruf gefährden. Es muß allen Gästen klargemacht werden, daß Mnrogar nur mit Hilfe von Magie den Sieg davontragen konnte. Ich habe Brian jedoch beruhigen können. Der Herold wird verkünden, daß der schwarze Ritter nicht das leiseste Interesse an irgendeinem Preis hat. Er möchte lediglich zeigen, daß er jeden aus dem Sattel werfen kann, der im Turnier gegen ihn reitet.«
»Ja, dieser Herold«, meinte Angie nachdenklich. »Hast du inzwischen einen Herold gefunden?«
»Bisher nicht«, antwortete Jim. »Ich werde nach Malencontri gehen und sehen, ob ich nicht jemanden finde, der wenigstens auf einem Pferd sitzen kann, während ich ihm auf magischem Weg Worte in den Mund lege. Ich dachte an May Heather. Ich könnte sie so verwandeln, daß sie einen hübschen, kleinen Kobold abgäbe - du weißt schon, als Gegengewicht zu dem teuflischen Aussehen von Mnrogar und seinem Pferd -, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie Befehle wirklich ausführen würde.«
»Nein«, sagte Angie, »sie ist viel zu unabhängig für eine Elfjährige.«
Daraufhin verfielen sie beide in nachdenkliches Schweigen. May Heather war die jüngste Dienerin, die bei Tisch servierte. Sie war allerdings nicht die jüngste Dienerin in der Burg - es gab noch einen Küchenjungen, der zwei Tage jünger war als sie, aber ein klein wenig größer, was jedoch nicht viel besagen wollte, da May Heather nicht besonders groß war.
»Warum setzt du dich nicht hin, um deine Hose anzuziehen?« meinte Angie.
»Weil ich meinen Gleichgewichtssinn trainieren möchte«, erklärte Jim. »Wie viele Männer in meinem Alter kennst du, die immer noch auf einem Bein stehen und so ein Ding anziehen können, ohne umzufallen?«
»Wie viele Männer, glaubst du, habe ich seit unserer Ankunft in dieser Welt beim Anziehen beobachtet?« fragte
Weitere Kostenlose Bücher