Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
gehörte, zusammensetzen und ein wenig umbauen. Ferner mußte er die Kühe in zweien der Ställe durch einen Ochsen beziehungsweise einen Esel ersetzen. In der Mitte befand sich ein größerer, offener Stall mit einer Krippe an der Wand, die das Futter für die Tiere enthielt, die gerade im Stall standen. Es war ein wenig mühsam, all die Veränderungen vorzunehmen. Aber am Ende hatte er ein scharfes geistiges Bild bis hin zu einigen Strohhalmen auf dem Bretterboden.
»Vergiß die Wärme nicht«, erinnerte ihn Angie.
»Wärme ...«, sagte Jim.
Nun, das war nicht schwierig. Die ursprüngliche Scheune aus seiner Erinnerung war fast immer von der Körperwärme der großen Tiere erfüllt gewesen. Natürlich hatte es dort auch stark nach Kühen gerochen, aber mit ein klein wenig Anstrengung konnte er den Geruch ausblenden und sich ausschließlich an die Wärme halten. Mit einem Mal wurde die Visualisierung stärker, so wie es mit der Lichtung im Wald zuvor gewesen war, und einmal mehr hatte er das Gefühl, daß er die dafür notwendige Magie in seinem Kopf gehabt hatte, wo sie nur darauf wartete, freigelassen zu werden. Er glühte innerlich.
»So, ich habe es. Bäume, Krippe und alles andere auch. Trotzdem ist es sinnvoll, daß du heute abend eine Probe machen willst«, sagte er zu Angie. »Auf diese Weise hast du Gelegenheit, dir das Ganze anzusehen und festzustellen, ob du in letzter Minute noch irgendwelche Veränderungen wünschst. Ich werde allerdings nicht bei dir sein. Ich muß nach dem Essen zurück nach Malencontri und von dort aus weiter zu den Drachen nach Cliffside. Mal sehen, ob ich sie dazu überreden kann, genau an die richtige Stelle zu kommen und zu tun, was ich von ihnen will, so daß sie die Ritter nicht zu einem Angriff herausfordern ... Angie!«
»Was ist los?« sagte Angie. »Du hast mich erschreckt!«
»Ich hatte gerade eine wunderbare Idee!« sagte Jim.
Dann riß er sich zusammen, denn ihm war zu Bewußtsein gekommen, daß Theoluf immer noch geduldig wartend dastand.
»Fort mit Euch«, sagte er zu dem anderen Mann, »und wenn Ihr dies hier irgend jemandem in der Burg gegenüber erwähnt...«
Er konnte sich gerade noch rechtzeitig davon abhalten, eine Drohung auszusprechen. Jetzt, da Theoluf Jims Knappe war, ging man davon aus, daß er den Takt und das Verantwortungsbewußtsein eines vornehmen Herren entwickelt hatte.
»Ihr habt in dieser Hinsicht nichts zu befürchten, Mylord«, sagte Theoluf. »Niemand wird etwas erfahren.«
Er ging hinaus.
»Weshalb warst du gerade so aufgeregt?« fragte Angie.
»Ich hatte gerade eine wunderbare Idee!« wiederholte Jim. »Auf diese Weise kann ich den Drachen geben, was sie wollen, ohne sie zu gefährden, und ich kann gleichzeitig sozusagen mit einem Streich auch alle anderen die Drachen betreffenden Probleme lösen. Angie, du erinnerst dich sicher an die Geschichte, in der die Drachen kamen und der heilige Josef Angst hatte, bis der kleine Christus das Wort ergriff und ihn beruhigte...«
»Natürlich erinnere ich mich«, sagte Angie.
»Nun«, fuhr Jim fort, »wir können ein paar Drachen in deinem Krippenspiel mitwirken lassen. Die Stimme des Heiligen Kindes kann einfach aus der Krippe sprechen. Das Publikum wird es nicht sehen. Das ist auch der Grund, warum ich so überrascht war, daß du Robert dort haben wolltest. Ich wollte eine Stimme aus der Krippe sprechen lassen...«
Seine Worte verklangen, und was er sonst noch hatte sagen wollen, verlor sich in dem herzerwärmenden Gefühl des Triumphes, das die Eingebung, die Drachen in dem Stück auftreten zu lassen, in ihm entfacht hatte.
Zum zweiten Male heute hatte er das Gefühl, die Dinge vollkommen unter Kontrolle zu haben, statt ihnen erbarmungslos ausgeliefert zu sein.
»Jetzt weiß ich, was ich heute nachmittag in Cliffside zu den Drachen sagen werde«, erklärte er Angie. »Selbst wenn ich von Anfang an geplant hätte, sie hierher zu holen, könnte es gar nicht besser sein. Die Dinge entwickeln sich genau so, wie sie sollen.«
»Natürlich«, erwiderte Angie. »Ich habe doch immer gesagt, daß du, wenn die Situation sich zuspitzt, schon damit fertig wirst.«
Mechanisch öffnete er den Mund, um ihr zu widersprechen, als er plötzlich begriff, was sie tat. Er sah, daß sie ihn voller Zuneigung anlächelte. Er lächelte zurück. Er liebte sie.
31
Jim erschien auf dem Podest der hohen Tafel in Malencontri, direkt vor Gwynneth Plyseth, der Vorsteherin des Anrichtestubenpersonals, die
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