Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
Gestalt aller gegenwärtigen Sumpfdrachen, die ein Ergebnis dessen war, was der Verhaßte Turm ihnen angetan hatte -genau wie Secohs Urahn prophezeit hatte. Bei ihrer ersten Begegnung war Secoh das furchtsamste und unterwürfigste Geschöpf gewesen, das Jim sich hatte vorstellen können. Aber das war gewesen, bevor er sich mit Brian, dem walisischen Bogenschützen Dafydd und Smrgol, dem Großonkel des Drachen, dessen Körper Jim damals bewohnt hatte, zusammengetan hatte. Smrgol war ein ältlicher, von einem Schlaganfall verkrüppelter Drache gewesen, hatte aber eine gehörige Portion Mut besessen, und sie hatten seine Hilfe gebraucht, um die Entscheidungsschlacht mit den Dunklen Mächten im Verhaßten Turm zu gewinnen.
Secoh hatte nie die Absicht gehabt, sich ihnen anzuschließen. Aber Smrgol hatte dem Sumpfdrachen in dieser Angelegenheit keine große Wahl gelassen. Secoh hatte am Ende wie ein Held gekämpft, so daß ihr Sieg zum Teil auf sein Konto ging. Seither hatte sein Charakter sich völlig verändert. Er stolzierte umher und forderte jeden Drachen heraus, ganz gleich, wie groß dieser zufällig sein mochte. Er war jetzt von seinem Mut überzeugt, und so wie er es sah, konnte er einfach nicht verlieren. Ein größerer Drache mochte durchaus stark genug sein, um ihn in Stücke zu reißen, aber sein Tod würde nach einer Herausforderung eines so viel machtvolleren Gegners nur um so ruhmreicher erscheinen.
Auf der anderen Seite gingen die großen Drachen Secohs Herausforderungen geflissentlich aus dem Weg. Von ihrem Standpunkt aus gesehen hatten sie keine Möglichkeit zu siegen. Selbst wenn es ihnen gelang, Secoh zur Unterwerfung zu zwingen oder ihn auf der Stelle zu töten, hätten sie lediglich einen sehr viel kleineren und schwächeren Drachen bezwungen, als sie selbst es waren. Außerdem würde Secoh als der Berserker, als der er sich einmal erwiesen hatte, ihnen zweifellos ziemlich üble Verletzungen zufügen.
Kurz gesagt, wenn Secoh mit dieser Nachricht hierher nach Malencontri gekommen war, dann aus dem Grund, daß die anderen Drachen Angst hatten, Jim gegenüberzutreten. Eine seltsame Situation.
»... natürlich wissen sie, daß Ihr immer sehr freundlich zu mir wart, Mylord«, sagte Secoh, und seine Worte überschlugen sich beinahe, »daher dachten sie, es wäre besser, wenn ich mit Euch reden würde. Wie mein Urgroßonkel einmal sagte: >Wenn du nicht um einen Anteil an der Beute bittest, wirst du wahrscheinlich auch nichts abkriegen ...<«
»Also, sie wollen etwas von mir verlangen, nicht wahr?« fragte Jim, um dem Sumpfdrachen ein wenig auf die Sprünge zu helfen.
»O nein, Mylord!« rief Secoh. »Nicht verlangen. Niemals würden sie etwas verlangen. Erbitten! Ich überbringe Euch eine Bitte der Cliffsider Drachen. Eine Bitte um Hilfe, um Erlaubnis ... um Hilfe zu dieser Zeit des Jahres.«
Es war Jim unerklärlich, warum die Drachen von Cliffside seine Hilfe wünschten, erst recht zu dieser Zeit des Jahres, da sie sich gemütlich in ihre warmen Höhlen zurückzogen und es zufrieden waren, ihre Weinvorräte zu leeren, einander Geschichten zu erzählen und einfach abzuwarten, daß es Frühling wurde. Solchermaßen verwirrt kam Jim sogleich auf den Kern der Angelegenheit zu sprechen.
»Was genau wollen sie?« fragte er.
»Mylord«, antwortete Secoh und bedachte ihn mit einem tragischen Blick. »Sie wollen - wir alle wollen -Teil der Weihnachtsgesellschaft sein.«
Jim starrte ihn an.
»Wirklich?« fragte Jim.
»Und sie dachten« - Secoh stieß die nächsten Worte mit einer Art letztem Atemzug aus -, »daß Ihr das einrichten könntet.«
15
Stück um Stück sonderte Jim sachdienliche Fakten aus einer Fülle von Einzelheiten aus - über Secohs persönliche Vorfahren, Geschichten von Drachen, die sowohl Sümpfe wie Klippen bewohnten - und einem bruchstückhaften Bericht über die Beziehungen zwischen Drachen und Georgs, wie die Drachen die Menschen zu bezeichnen beliebten.
Die Drachen hatten die Georgs einst gejagt wie andere Tiere auch, aber schließlich herausgefunden, daß sie eine schwierige Beute darstellten. Es wurde immer schwieriger und schwieriger, die Georgs zu besiegen, bis sie in den letzten Jahrhunderten richtiggehend gefährlich geworden waren. Schließlich schälte sich der Kern dessen heraus, worum Secoh ihn bitten wollte.
In den jüngeren Jahrhunderten hatten die Drachen es sich nach und nach angewöhnt, den Menschen, statt sie zu jagen, nach Möglichkeit aus dem Weg
Weitere Kostenlose Bücher