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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis
Autoren: Licia Troisi
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und prallte dabei mit dem Oberschenkel gegen die Kante einer Stufe, sodass sie stürzte. Mit knapper Not bekam sie das Geländer zu packen und hielt sich fest. Sofia konnte es kaum glauben. Sie saß auf einer Stufe und spürte den kalten Marmor unter sich. Unfassbar, sie war tatsächlich heil hinübergelangt. Sie seufzte erleichtert.
    » Bitte schön, nun habt ihr euch wieder«, sagte Nida mit süßlicher Stimme, und als Sofia den Blick hob, sah sie die Blonde, die belustigt auf Lidja zeigte. Da war sie, am oberen Ende der Treppe, und aus der Nähe betrachtet, wirkte sie noch blasser. Sofia sprang auf, nahm die letzten Stufen, immer zwei auf einmal, und war bei ihr.
    Mit dem Rücken gegen eine Säule gelehnt, saß ihre Freundin da. Durch die Löcher und Risse in ihrer Kleidung konnte Sofia versengte Haut erkennen. Aber sie lebte. Ihr Brustkorb hob und senkte sich, wenn auch nur leicht. Ja, immerhin lebte sie. Mit Tränen in den Augen lächelte Sofia. » Jetzt wird alles gut. Wir hauen hier ab, und dann wird alles gut, sei unbesorgt …«
    » Nicht so hastig«, unterbrach Nida sie barsch. » Zuerst die Frucht!«
    Sofia reichte ihr den Beutel und atmete tief durch. Jetzt kam der schwierigste Teil.
    Die Blonde ergriff die Schnur und nahm ganz behutsam den Beutel zwischen die Fingerspitzen. Sofia wunderte sich nicht über diese Vorsicht: Sie hatte gesehen, was der Blonden zugestoßen war, als diese damals in der Höhle die Frucht in die Hand genommen hatte.
    Nidas Miene wirkte hochkonzentriert, als sie langsam die Schnur aufzog und den Beutel öffnete. Schon stahl sich ein triumphierendes Lächeln in ihr Gesicht, denn aus dem Innern strahlte ein unverwechselbares rötliches, warmes Licht. Zufrieden schloss sie den Beutel und hängte ihn sich lässig an den Arm.
    » Du hast klug gehandelt. Deshalb sollst du auch bekommen, was wir abgemacht haben. Ich halte mein Wort.«
    Süßlich lächelnd schnippte sie mit den Fingern, und gleich darauf hörte Sofia, wie die Glocke einmal schlug, woraufhin schlagartig alle Außengeräusche wieder einsetzten. Der Wind ließ die Tür des Saales ächzen und heulte durch die eingeschlagenen Fenster.
    » Viel Vergnügen«, murmelte Nida, und Sofia beobachtete, wie schwarze Flammen ihren gesamten Körper umzüngelten und nur den Beutel aussparten. Dann hob sie vom Erdboden ab. Furchterregend wie eine Hexe aus den Märchen, die Sofia früher gelesen hatte, wirkte sie, als sie nun durch das Fenster hinausschwebte. Sofia stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, da ergriff plötzlich etwas Kaltes sie am Hals, riss sie nieder und schleifte sie einige Meter über den Boden, bis sie die Kante der ersten Treppenstufe an der Stirn spürte. Mühsam schaffte sie es, sich umzudrehen, und was sie sah, ließ sie vor Schreck erstarren.
    Die Hand, die sie gepackt hatte, gehörte Lidja. Eiskalt war sie und hatte nichts menschlich Warmes mehr. Die Freundin presste ihr das Knie auf die Brust, und Sofia starrte ihr in die Augen: Sie waren blutrot.
    » Nein …«, murmelte Sofia.
    Bestürzt beobachtete sie, wie sich eine Haut aus glänzendem Metall um den Körper der Freundin legte und ihre Brust in eine starre Rüstung zwängte. Ihre Hände verformten sich zu diesen stählernen Schlangenköpfen, die Sofia so fürchtete, während aus den Schulterblättern riesige Fledermausflügel zu wachsen begannen. Sie waren aus Metall und durchzogen von rasiermesserscharfen Streben, zwischen denen sich eine hauchdünne Membran spannte.
    » Lidja! Nein!«
    Die Freundin hörte sie nicht. Irgendwo steckte sie noch in diesem Geflecht aus Fleisch und Metall, jedoch verdrängt und verschüttet, ohne eine Chance, sich gegen den Fluch zu wehren. Denn das war nicht mehr Lidja. Ihr Gesicht hatte jeden Ausdruck verloren, und sie gehorchte nur noch dem Trieb, den man ihr eingepflanzt hatte: zu töten.
    » Lidja, ich bin’s doch! Komm zu dir!« Doch die Freundin presste die Krallen nur noch fester um ihren Hals. Sofia bekam keine Luft mehr.
    Da hob Lidja ungerührt einen Arm, und wie in einem Albtraum sah Sofia, dass sich das Maul der Schlange langsam öffnete. Sie wusste, was gleich geschehen würde, konnte sich aber nicht dagegen wehren. Nur den Namen ihrer Freundin konnte sie noch murmeln. Todesangst spürte sie kaum. Es waren eher Fassungslosigkeit und Entsetzen, die Freundin in diesem Zustand zu sehen, die alles andere überlagerten. Unerbittlich schnellte die Zunge vor, während Sofia nur reflexartig die Augen schloss und auf das
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