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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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sprechen.«
    Sofort spürte Sofia ein flaues Gefühl im Magen. Es kam nicht häufig vor, dass die Heimleiterin jemanden zu sich bestellte. Zuletzt als sich Luca in der Vorratskammer bedient hatte. Da hatte sie zum ersten Mal mitbekommen, wie ein Junge zur Strafe kräftig was hinter die Ohren bekam.
    » Mich?«, fragte sie ungläubig und richtete sich auf.
    » Ja, sieht so aus.«
    Sofia schluckte. Giovannas ruhiger Tonfall konnte nur bedeuten, dass etwas Ernstes geschehen war, denn sonst hätte die Frau sie wie sonst immer angeschrien.
    Einen Moment saß Sofia noch reglos da, dann stieg sie vorsichtig aus dem Bett und folgte der anderen. Nur zwei Flure und eine Treppe lagen zwischen dem Büro der Heimleiterin und den Schlafsälen und doch kam ihr dieser Weg endlos vor. Jedenfalls war er lange genug, um sich allerlei Schreckliches als Grund für diese Vorladung auszumalen.
    Als Giovanna sachte an die Tür klopfte, riss das Geräusch Sofia aus ihren Fantastereien.
    Das » Herein« der Direktorin klang düster und barsch.
    » Los jetzt, nur Mut«, forderte Giovanna sie auf.
    Zaghaft trat Sofia ein. In dieses Büro hatte sie noch nie einen Fuß gesetzt. Alle sprachen mit besonderer Ehrfurcht darüber, aber nur wenige hatten es von innen gesehen.
    Was ihr als Erstes auffiel und sie mächtig beeindruckte, war das viele Holz. Rötliches Holz, überall. Rötlich war der Schreibtisch in einer Ecke, rötlich die Regalwand, die von Büchern überquoll. Und rötlich war sogar das Kreuz, das hinter der Schwester Oberin hing.
    » Darf ich …?«
    » Ja, komm nur.«
    Schwester Prudenzia saß an ihrem Schreibtisch und trug mit dem Füller irgendetwas in ein großes Buch ein. Langsam trat Sofia vor. Vor dem Schreibtisch stand ein Stuhl, ein schönes Stück mit Armlehnen und einer Sitzfläche aus Leder, das mit großen rundköpfigen Messingnägeln befestigt war. Doch sie wusste nicht, ob sie dort Platz nehmen durfte.
    » Ja, setz dich nur.«
    Sofia gehorchte. Sie war eifrig darauf bedacht, jeder Anweisung der Heimleiterin sofort nachzukommen. So saß sie nun auf dem prächtigen Stuhl und kam sie sich noch kleiner vor.
    Endlich hob Schwester Prudenzia den Blick und schaute sie an. Sie trug eine Brille, deren runde Gläser golden eingefasst waren. Es war das erste Mal, dass Sofia sie mit Brille sah.
    » Du bekommst morgen Besuch und bist deswegen vom Unterricht befreit.«
    Sofia war sprachlos. Noch bevor sie die Frage formulieren konnte, die ihr auf der Zunge brannte, fuhr die Direktorin fort: » Es handelt sich um einen angesehenen Professor, der dich adoptieren möchte.«
    Adoptieren. Dieses eine Wort war imstande, jeden Laut im Raum verstummen zu lassen und alle anderen Gedanken aus Sofias Kopf zu vertreiben. Sogar ihre Angst war verschwunden.
    » Adoptieren …? Mich?«, fragte sie mit vor Aufregung heiserer Stimme.
    Schwester Prudenzia blickte sie feierlich an. » Ja, dich. Er hat ausdrücklich deinen Namen genannt. Der Mann ist Professor für Anthropologie und scheint deine Eltern gekannt zu haben. Morgen kommt er vorbei, und wenn sich keine Probleme ergeben, nimmt er dich mit, und du wirst dieses Haus verlassen.«
    Das musste ein Traum sein. Eine andere Erklärung gab es nicht. Das Waisenhaus verlassen … Vielleicht morgen Abend schon … Unfassbar. Endlich würde sie Rom sehen können, ohne das Gittertor vor der Nase.
    » Das war es, was ich dir mitzuteilen hatte. Du kannst gehen«, forderte Schwester Prudenzia sie trocken auf.
    Sofia riss sich aus ihrer Erstarrung, sprang auf, murmelte ein paar Mal » vielen Dank, vielen Dank«, verabschiedete sich hastig und war hinaus.
    Draußen vor der Tür, im leeren Flur, der nur von einigen Deckenlampen erhellt wurde, blieb sie stehen. Plötzlich kamen ihr der Fußboden, die dunklen Fenster und das gedämpfte Licht fremd und unwirklich vor. Etwas Unvorstellbares war geschehen. Noch nie hatte sich jemand für sie interessiert. Noch nie war jemand ihretwegen ins Waisenhaus gekommen. Immer hatte irgendetwas nicht gestimmt: Mal war sie zu schüchtern gewesen, mal zu jung, mal zu alt, als dass sich ein Ehepaar dazu hätte entschließen können, sie als ihre Tochter anzunehmen. Und nun tauchte so ein Professor auf und sprach davon, sie gleich mitzunehmen. Sofia gelang es nicht, sich den Mann irgendwie genauer vorzustellen. Im Geist sah sie nur eine verschwommene Gestalt, oder weniger noch, nur eine Hand, die sie herauszog aus diesem Heim wie eine Karte aus einem Kartenspiel.
    In dem eintönigen

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