Drachentempel 01 - Sternenträume
absolut überhaupt nichts!«
»Das Einzige, worauf du dich wirklich verlassen kannst, Soldat, bist du selbst!« Lawrence bemerkte, wie Hal im Hintergrund grinste. Er wandte sich zu dem Jungen um. »Und du kannst ruhig damit aufhören, dich lustig zu machen! In sechs Tagen sind wir unten auf dem Planeten. Jedes Grinsen dort unten bedeutet nichts als Hass; je mehr sie dich angrinsen, desto mehr wollen sie deinen Tod. Wir sind dort unten aufeinander angewiesen und haben niemanden sonst. Niemand, der auf uns aufpasst. Und deshalb will ich euch in der bestmöglichen Form wissen, die in der Zeit zu schaffen ist. Nicht nur eure Körper, sondern auch eure Einstellung, verdammt! Das Schicksal möge uns helfen, aber wir müssen uns aufeinander verlassen können!«
Er kehrte zu seiner eigenen Maschine zurück. Hal nahm seine Übungen wieder auf, sichtlich stolz darauf, wie hoch er den Widerstand eingestellt hatte und wie leicht er damit zurechtkam. Amersy, der seine Übungen nicht unterbrochen hatte, musterte Lawrence mit einem tadelnden Blick, als er vorbeiging. Der Corporal hatte nicht ganz Unrecht, wie Lawrence sich eingestand; er hatte auf Jones Nachlässigkeit überreagiert. Doch diesmal verlangte er von seinem Platoon eine ganze Menge mehr als während aller vorangegangenen Missionen. Falls er sein persönliches Ziel je erreichen wollte, benötigte er auf Thallspring vollkommene Loyalität, und dafür musste er auf seine Leute aufpassen. Verdammt gut aufpassen.
Sie würden es hier oben vielleicht nicht zu schätzen wissen, doch sobald sie erst am Boden waren, wurde die Mission ziemlich schnell ziemlich verworren. Sie mochten vielleicht die Arschlöcher der Gesellschaft sein, doch sie besaßen genügend Bauernschläue, um zu wissen, wem sie vertrauen konnten, wenn die Scheiße erst auf den Ventilator traf. Und Zantiu-Braun in der Gestalt von Captain Douglas Bryant gehörte nicht dazu.
Lawrence bearbeitete aufs Neue seine Maschine. Er konnte sehen, dass Jones heftig pumpte, und stieß ein leises zufriedenes Grunzen aus. Er hatte Glück gehabt, dass der Squaddie nicht versucht hatte, sich mit ihm zu prügeln. Die Frustration des Eingesperrtseins machte ihnen allen zu schaffen. Auf der Erde in Cairns hatten sie sich wenigstens nachts aus der Basis schleichen und sich die Anspannung mit einem der Mädchen auf dem Strip aus dem Leib vögeln können.
Nach den Übungen waren zwei Stunden Ausrüstungspflege angesetzt. Lawrence überließ Amersy die Aufsicht über seine Leute. Er hatte eine Besprechung mit dem Captain. So dicht vor dem Ende der Reise fand fast jeden Tag eine statt.
Der Besprechungsraum war ein rechtwinkliges Abteil mit nackten Aluminiumwänden. An einer davon hing ein großer hochauflösender Schirm. Die drei anderen Sergeants des Platoons, Wagner, Ciaran und Oakley, saßen bereits an einem Plastiktisch. Lawrence nickte ihnen zu und nahm ebenfalls Platz. Captain Douglas Bryant betrat nur einen Augenblick später den Raum, begleitet von Lieutenant Motluk. Die Sergeants sprangen auf und nahmen Haltung an, während jeder sich mit einer Hand am Tisch festhielt, um mit den Füßen auf dem Boden zu bleiben. Mit der anderen Hand salutierten sie.
»Rühren, Männer«, sagte Douglas Bryant kollegial. Er war achtundzwanzig und Absolvent der Offiziersakademie von Zantiu-Braun in Tunesien. Ein schlauer Bursche, und seine Familie besaß einen hübschen Anteil an der Company, was ihm auf dem Weg nach oben behilflich war. Lawrence hatte in der Personalakte des Captains nachgesehen und festgestellt, dass Bryant bisher lediglich an Einsätzen in Ostafrika teilgenommen hatte, bei denen es um die Niederschlagung von Aufständen gegangen war. Bestrafungsaktionen gegen Camps tief im Dschungel, wo die Eingeborenenstämme immer noch gegen die imperialistische Company kämpften, die sämtliche Mineralien aus ihrem Land stahl. Es war gewissermaßen ausreichend Qualifikation für Gewinnrealisierungsmissionen, auch wenn Lawrence einen Kommandanten mit richtiger Erfahrung vorgezogen hätte.
Wenn er ehrlich war, rührte seine Verachtung für Douglas Bryant wahrscheinlich daher, dass der junge Mann so war, wie er selbst wohl geworden wäre. Ehrlich besorgt um den Zustand und die Moral seiner Männer, voller überflüssiger Informationen und ohne jede Ahnung von dem, was wirklich zählte.
»Ciaran, haben Sie den Nachschub für Ihr Platoon inzwischen geregelt?«, fragte der Captain.
»Sir!«, antwortete der Sergeant von Platoon 836BK5.
Weitere Kostenlose Bücher