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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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werfen. So leise wie möglich kletterte er auf die andere Seite. Mit einer Hand hielt er sich am Seil fest, während er mühsam mit Armen und Füßen Halt im Eibendickicht suchte. Er atmete den kräftigen Duft der Nadeln ein, dann hatte er es geschafft und rollte sich arg zerschrammt auf dem schützenden Lederkittel über die breite, flache Oberseite der Hecke und fiel abrupt in den dahinterliegenden Garten.
    Nach ihm kam mit einigem Abstand Woolvey, keuchend und leicht derangiert. Das feine Wildleder seiner Kniebundhosen, eher für dekorative Zwecke gedacht, war zerrissen und voller Blutflecke.
Schließlich folgte Tharkay, lautlos und schnell, und der große Palast erhob sich vor ihnen, nur noch ein schmales Rasenstück von ihnen entfernt. Die Fenster waren allesamt voll erleuchtet, und Schatten bewegten sich vor dem Lichtschein hin und her. Ein weiteres halbes Dutzend Drachen lagerte in der Einfahrt. Sie schliefen jedoch nicht, denn es waren hellwache Kuriertiere, die darauf warteten, mit Botschaften losgeschickt zu werden.
    »Zu den Ställen«, flüsterte Woolvey und zeigte mit den Fingern: Die Drachen befanden sich so weit vom niedrigen Nebengebäude entfernt wie nur irgend möglich. »Da ist noch eine andere Tür an der Seite, und von da aus ist es nur ein Katzensprung zum Dienstboteneingang, der in die Küchen führt.«
    Die Pferde wieherten unruhig und stampften mit den Hufen, während sie sie mit wässrigen, angsterfüllten Augen beobachteten. Dies war jedoch offenkundig keine Verhaltensänderung angesichts der Tatsache, dass Drachen vor den Türen lagerten. Niemand rührte sich oder kam, um nach ihnen zu sehen. Tharkay blieb an der Tür auf der gegenüberliegenden Seite des Stalles stehen, seine Fingerspitzen ruhten auf dem Holz. Von draußen waren Stimmen zu hören, die unverkennbar Englisch sprachen.
    Durch einen Spalt sah Laurence zwei Arbeiter, die mit deutlichem Missvergnügen Dung auf einen Haufen schaufelten.
    »Pst«, sagte er leise, als sie sich der Tür näherten, und die Männer fuhren zusammen. »Ganz ruhig, Männer, keinen Laut, wenn euch euer Land lieb ist.«
    »Jawohl, Sir, sprechen Sie«, flüsterte einer der beiden zurück und legte automatisch die Hand an die Stirn: ein Mann, der heftig schielte und auf dessen Armen blaue Tinte prangte, was ihn eindeutig als Seemann kennzeichnete. Er warf einen missbilligenden Blick auf den schlaksigen jungen Burschen neben ihm, der bereits zum Protest angesetzt hatte, nun jedoch verstummte und ihnen von der Seite her stechende Blicke zuwarf.
    »Befindet sich ein Gefangener hier, der heute hergebracht wurde?«,
fragte Laurence. »Ein Mann, noch keine dreißig Jahre alt, mit dunklen Haaren…«
    »Jawohl, Sir«, unterbrach ihn der Seemann, »sie haben ihn mit einer Wache hergebracht, als ob er der König wäre, und überließen ihm das beste Schlafzimmer, abgesehen von dem, das der alte Boney für sich selbst bereithalten lässt. Ihre Ankunft war auch nicht zu überhören, denn sein Drache lief vorneweg und jammerte, als wenn die Welt unterginge. Wir hatten Angst, dass sie uns alle mit Feuer bespucken würde, wie sie es unablässig androhte. Erst jetzt zu dieser Stunde ist sie ruhiger geworden.«
    Laurence riskierte es. Er rannte zur Hausecke und spähte herum, was reichte, um zu bestätigen, dass Iskierka da war. Sie lag traurig zusammengerollt vor dem Haus in einem Gartenstück, das sicherlich einmal sorgfältig gepflegt und voller Statuen gewesen war, von denen jetzt allerdings nur noch ein Haufen Schutt und Asche übrig war. Sie stieß keine Klagelaute mehr aus, sondern kaute trübsinnig an den Überresten einer Kuh. Dampf strömte aus ihren Stacheln, und sie war nicht allein. Neben ihr, auf den Hinterbeinen aufgerichtet, saß Lien und sagte gerade: »Sie wissen, dass wir Ihnen Ihren Kapitän nicht zurückgeben können, es sei denn, Sie geben uns ihr Ehrenwort und schwören, niemals wieder in den Kampf gegen den Kaiser zu ziehen. Es macht keinen Sinn, dass Sie hier herumliegen und sich unwohl fühlen. Kommen Sie mit zum Park, damit Sie dort mehr zu fressen bekommen.«
    »Ich werde ohne meinen Granby nirgends hingehen«, antwortete Iskierka, »und er würde so etwas nie tun. Und sobald ich ihn wiederhabe, werde ich Sie töten, und Ihren Kaiser, und Sie alle , das werden Sie schon noch sehen. Hier, Sie können Ihre blöden Kühe behalten«, und damit warf sie die angeknabberten Überreste ihres Abendessens in Liens Richtung.
    Der weiße Himmelsdrache legte

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