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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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antwortete Laurence knapp, und sein Herz hämmerte noch immer. »Gehen Sie wieder runter, und passen Sie auf, dass dieser Bursche an der Tür bleibt.«
    Ob es am Ton von Laurence’ Stimme lag oder an der Szene vor Woolveys Augen – er protestierte nicht, sondern gehorchte schweigend und verschwand wieder nach unten. Die gefesselten Männer wanden sich und traten, als sie sie umdrehten und ihnen ihre Mäntel und Brustpanzer abnahmen. Einer der Franzosen stöhnte durch seinen Knebel hindurch, als sein Blick auf die Toten unmittelbar neben ihnen fiel. Freunde oder Brüder vielleicht, doch Laurence verschloss sich gegen solche Gedanken.
    Jedenfalls versuchte er das, aber Woolveys geschockter Ausdruck auf dessen Gesicht wirkte noch nach bei Laurence. Das harte Vorgehen, die notwendige Brutalität, die mit dem Auftrag verbunden war, hatte nichts mit der Welt in England, mit dem Zuhause, zu tun. Diese Trennung war es, die gestattete, dass man sowohl ein Gentleman als auch ein aktiver Soldat sein konnte. Aber nun war er hier in den Ställen des Palastes in Kensington; seine Hände waren nass vom Blut, und seine Mission war die eines Spions, auch wenn sie ebenso notwendig war wie jede andere Militäraktion. Niemand konnte abstreiten, dass sie wichtig war. Hätte sie in Paris oder Istanbul oder China stattgefunden und hätte Woolvey darüber in der Zeitung gelesen, dann hätte er Beifall gespendet, auch wenn der Akt der gleiche oder sogar noch blutiger gewesen wäre. Hier jedoch gehörte er nicht her, war wie ein schwarzes, verrottendes Geschwür, das sich in den warmen, sauren Pferdegeruch des Dachbodens oberhalb der friedlichen Gärten eingenistet hatte.
    Sie zogen sich die vier Uniformen, die sie an sich gebracht hatten und die nicht zu schlimm mit Blut verschmiert waren, über, und um
sie gegen die Kälte zu schützen, warf Laurence eine Stalldecke über die entkleideten Männer, die wieder gefesselt waren. Der Mantel lag unbequem auf seinen Schultern und war noch warm vom Körper des toten Mannes, als Laurence die Leiter hinunterkletterte und Woolvey den letzten Mantel reichte.
    »Wir werden Sie ebenfalls fesseln«, sagte Laurence zu dem Jungen, »es sei denn, Sie wollen mitkommen und bei der Rettung des Offiziers und seines Drachen…«, aber der Junge schüttelte heftig den Kopf und zog es vor, ebenfalls verschnürt und auf den Dachboden geworfen zu werden.
    »Vielleicht noch eine halbe Stunde«, meinte Tharkay und meinte damit, auf wie viel Zeit sie noch hoffen durften, ehe man sie entdeckte. Laurence selbst tippte eher auf eine Viertelstunde.
    »Wir gehen also schnell hinein«, sagte er. »Nicht im Laufschritt, aber entschlossen. Wissen Sie, wo er sich befindet, Janus?«
    »Nun ja«, begann Janus und bewegte sich unbehaglich in seinem Mantel, der ihm noch schlechter passte, als Tharkays Verkleidung saß, »manchmal zeigen die Mädchen einem Burschen die besseren Räume, und ich will nicht behaupten, dass ich nicht schon ein oder zwei Male hochgebeten worden wäre, aber ich kann nicht mit Sicherheit sagen, welches sein Raum ist.«
    »Das dürfte nicht so schwer werden«, sagte Laurence. »Es wird die Tür sein, die bewacht ist.«
     
    Er ging voran, Woolvey an seiner Seite. Ein rascher Blick würde zunächst ihre Gesichter streifen und vielleicht die anderen hinter ihnen übersehen. Tharkay hielt sich zur besseren Tarnung ein Taschentuch vor die Nase, als wolle er sich schnäuzen. Sie gingen die Hintertreppe empor, und auf Janus’ Flüstern hin bogen sie an einem Treppenabsatz zum Flur ab.
    Etwa acht oder neun Männer standen dort neben einer der Türen, die in ein Zimmer führte, das nach hinten hinausführte. Zweifellos würde es im Innern noch weitere Wachen geben. Laurence blieb
nicht stehen, sondern ging gleichmäßigen Schrittes auf sie zu. Die Männer nahmen keine Haltung an, sondern redeten weiter und blieben entspannt und alles andere als wachsam. Einige saßen auf dem Boden und spielten Karten, andere hockten daneben und sahen zu, und nur wenige standen. Ein Zimmermädchen lief durch den Flur an ihnen vorbei und hatte den Arm voller Wäsche. Als sie sich durch die Menge der Franzosen schieben wollte, kam es kurz zu einem ungeschickten Gerangel, bei dem sie sich gegen einen zu aufdringlichen Sergeanten durchsetzen musste, der ihre Taille umfasst hatte.
    »Nehmen Sie Ihre Hände weg«, sagte sie kühl und löste sich mit einer geschickten Drehung ihrer Hüfte aus dem Griff, während die anderen auf Kosten

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