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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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einen unwillkürlichen Augenblick lang unzufrieden die Halskrause an, dann schob Lien mit einer Klaue Erde über den Kadaver, bemühte sich dabei aber sehr, den
Abfall nicht zu berühren. »Ich bedauere sehr zu sehen, dass Sie darauf beharren, unvernünftig zu sein. Es gibt keinen Grund für uns, Feinde zu sein. Schließlich sind Sie gar kein englischer Drache. Sie sind ein türkischer Drache, und der Sultan ist mit uns, nicht mit England verbündet.«
    »Mich interessiert der Sultan nicht im Geringsten. Ich bin Granbys Drache, und Granby ist Engländer«, stieß Iskierka aus. »Und überhaupt habe ich dreißigtausend Pfund von Ihren Schiffen gestohlen, natürlich sind wir Feinde.«
    »Sie könnten weitere zehntausend erhalten, wenn Sie zu uns kommen und für uns kämpfen würden«, bot Lien an.
    »Ha«, schrie Iskierka voller Verachtung. »Ich werde noch mal dreißigtausend bekommen und mir meine Prisen selber aussuchen. Und ich denke, Sie sind ein rückgratloser Feigling.«
    Die am nächsten stehenden Wachposten traten klugerweise einen Schritt zurück, ebenso wie etliche der Kurierdrachen, die alle nervös beobachteten, was sich Iskierka wohl als Nächstes in den Kopf setzen würde. So führte plötzlich eine offene Schneise vom Haus zu ihr. »Wenn wir doch nur Granby schnappen könnten«, flüsterte Tharkay Laurence zu, als er zur Stalltür zurückgekrochen war, »und ihn nach draußen bringen könnten. Es würde auch reichen, wenn er an einem offenen Fenster da oben stünde, irgendwo, wo Iskierka uns erreichen könnte …«
    »Sobald wir von irgendjemandem gesehen werden in unserem Aufzug als Lumpensammler, werden sie ein Mordsgeschrei machen«, sagte Woolvey.
    »Ich bitte um Entschuldigung«, schaltete sich der Seemann ein, »aber da wären noch sechs Kavallerie-Offiziere, die, bereits fertig angekleidet, über dem Stall schlafen.«
    Sie ließen den nervösen Stallburschen die Tür beobachten, während Woolvey seinerseits ein Auge auf ihn hatte. »Darby, Sir, aber man nennt mich Janus«, stellte sich der Seemann vor. »Das verdanke ich einem Arzt, der mit auf der Sophia gesegelt ist, ein ganz gelehrter
Bursche, der sagte, ich würde in zwei Richtungen zugleich gucken wie ein alter, römischer Kerl mit diesem Namen. Ich wäre auch immer noch auf dem Schiff, aber mein Mädchen in der Stadt hat seine Mutter verloren und ist krank geworden, und dann waren da noch drei oder vier Mäuler zu stopfen«, fügte er hinzu, und seine Erklärungen klangen ebenso trotzig wie vage. Vermutlich handelte es sich nicht um ein Mädchen, sondern um mehrere, und der generelle Mangel an Damen an Bord eines Schiffes hatte ihn dazu getrieben, still und heimlich die See hinter sich zu lassen.
    »Sehr gut, Janus«, sagte Laurence und reichte ihm eine Pistole. Sie löschten die Laterne, die neben der Tür schaukelte, und mit einem Nicken von Tharkay kletterten die drei nacheinander die Leiter empor auf den Dachboden, rasch und mit bloßen Füßen. Die Männer, die dort lagen, atmeten regelmäßig und erschöpft, halb eingesunken in aufgerissene Heuballen, Säbel und Pistolen lagen neben ihnen. Laurence weckte einen nach dem anderen mit einem zusammengefalteten Stück Leder über dem Mund, Janus band ihnen die Fußgelenke zusammen, und Tharkay hielt ihnen die gespannte Pistole ins Gesicht. Dann drehten sie sie um, umwickelten sie mit Seilen und ließen sie auf den Heuballen liegen.
    Der vierte Mann öffnete zu schnell die Augen, und es gelang ihm, mit seinen Stiefelabsätzen Alarm zu schlagen, als sie ihn packten. Träge erwachten die beiden anderen und tasteten nach ihren verschwundenen Klingen und Pistolen, die Tharkay zuvor eingesammelt hatte. Drei davon steckten in seinem Hosenbund. Es war ein kurzer, aber gnadenloser Kampf, zu dem sie sich gezwungen sahen, weil sie zahlenmäßig gleichauf waren und keinen Lärm machen wollten. Laurence griff nach seinem Messer und stach es dem Mann grimmig in den Hals, als dieser ihn zu Boden ringen wollte. Schlaff fiel der Franzose zurück und starrte mit erlöschendem Blick an die Decke, während Blut aus seiner Kehle rann und im Stroh versickerte. Laurence griff rasch nach einem Säbel und tötete einen anderen, den Janus festhielt. Tharkay machte dem Letzten den Garaus.
    Unten stampften die Pferde wieder und wieherten beim Geruch von Blut. »Geht es Ihnen gut?«, flüsterte Woolvey, und sein Kopf erschien in der Öffnung zum Dachboden. Mit aufgeklapptem Mund starrte er auf die Männer.
    »Ja«,

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