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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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einer Eskorte von freudig kreischenden Pêcheurs und Pou-de-Ciels flog er schwerfällig zurück in den Schutz seiner eigenen Linien. »Was für ein Feigling«, stieß Temeraire bitter aus und beobachtete die Flucht in die schützende Reichweite der französischen Artillerie. Der Block versuchte verzweifelt, sich neu zu formieren, und einige Soldaten krochen auf Händen und Füßen, ihre Musketen hinter sich herschleifend, auf ihre Plätze zurück, denn sie waren zu betäubt, um auch nur aufrecht stehen zu können
    Dann hörte Laurence, wie die Hörner ertönten, ein schwacher, dünner Laut, und überall setzten die Franzosen plötzlich zum Vormarsch an. Die Fischerhütten auf der linken Flanke, die so lange heiß umkämpft gewesen waren, gerieten nun mit einem Mal unter schweren Beschuss. Die näher kommenden, frischen Drachen eilten darüber hinweg und warfen dabei ganze Ladungen von Bomben ab, bis schließlich eine Welle von Infanteristen über die niedrigen Einfriedungszäune rollte und in eine Hütte nach der anderen vorstieß. Schwarzer Rauch quoll aus den Fenstern, während die britischen Fahnen eingeholt wurden.
    Wenn sie vorhatten, das Zentrum aufzugeben, dann musste das bald geschehen. Aber Wellesley gab keinerlei Befehle. Er beobachtete die Schlacht von einem Hügel auf der rechten Flanke aus, wo einige Zelte als Hauptquartier aufgestellt worden waren. Im Augenblick sah er hinaus zum Meer und versuchte vielleicht, das Wetter abzuschätzen, das nach und nach aufzuklaren begann, ehe er sein Fernglas auf die hinteren Reihen der Franzosen schwenkte. Laurence verfolgte mit seinem eigenen Fernrohr, wohin Wellesley blickte, und erkannte im dünner werdenden Nebel Napoleons Standarte und den
Kaiser selbst in seinem einfachen, grauen Mantel und dem schwarzen Hut. Er saß auf einem weißen Pferd und wurde von Offizieren seiner Garde in glänzenden und tadellosen Uniformen geschützt.
    Genau in dem Moment, als Laurence ihn beobachtete, hob Napoleon eine Hand, und mit einer einzigen knappen Geste setzte er zehntausend Mann in Bewegung. Der Befehl wurde in den französischen Reihen weitergegeben, und eine Kolonne nach der anderen, ordnungsgemäß aufgestellt, begann mit ihrem unaufhaltsamen Vormarsch in Richtung englisches Zentrum. Der Kaiser selbst wandte sich den gerade eroberten Fischerhütten zu, und die Garde folgte ihm in ständig vorrückenden Reihen.
    Auf beiden Flanken kämpften die Drachen des Korps verbissen gegen die angreifenden Truppen an, aber sie waren zu müde. Rechts stieß Accendare, der große Flamme-de-Gloire, eine mächtige Flammenwolke gegen Lilys Formation aus, und Laurence sah in ungläubigem Entsetzen, wie Messoria zurückzuckte. Einer ihrer Flügel war schwarz und qualmte. Zwar fiel sie nicht zu Boden, wurde jedoch heftig gegen den kleinen Nitidus geschleudert und behinderte ihn in seinem Flug. Einige Männer, die wie winzige Punkte am Himmel aussahen, taumelten durch die Luft hinunter.
    Zwei Drachen, die an Accendares Seite geflogen waren, schossen los, um den Vorteil auszunutzen, und von ihren Rücken aus sprangen Enterer Lily ins Kreuz. Die drehte und wand sich und versuchte, sie abzuschütteln, und durch den klaffenden Spalt in der englischen Verteidigung sauste ein prachtvoll anzusehender Honneur-d’Or in Gold und Blau und Rot. Unter lautem Brüllen tauchte er hinab zu den dicht gedrängten Reihen der englischen Kavallerie, und seine Mannschaft feuerte Gewehrsalven ab, während er mit weit gestreckten Flügeln vorwärtsschoss.
    Die Pferde wieherten und scheuten in Panik, galoppierten blind vor Entsetzen voran und strömten in Massen auf das offene Feld, sodass sie mit ihren Körpern einen Schutzschild für die Franzosen vor der englischen Artillerie bildeten. Die vorrückenden Reihen der
französischen Infanterie verfielen nun in einen Laufschritt, und sie hielten ihre Bajonette gesenkt, als sie näher kamen. Über den hinteren Reihen des französischen Lagers formierten sich die Drachen: Schwer- und Mittelgewichte hinter einem Schirm aus Leichtgewichten und Kuriertieren. Gemeinsam setzten sie sich langsam und bedächtig in Bewegung, unerbittlich, Flügelschlag um Flügelschlag.
     
    »Laurence, wenn wir ihnen jetzt nicht das Zentrum überlassen, werden sie es sich selbst erobern«, sagte Temeraire besorgt. Doch noch immer gab Wellesley nicht den Befehl zum Rückzug. Wann immer Temeraire einen Blick durch den Nebel auf die Signalflaggen erhaschen konnte, zeigten sie das Kommando Halten

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