Drachenwacht: Roman (German Edition)
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»Ich weiß«, antwortete Laurence. »Wir müssen den Vormarsch so lange wie möglich aufhalten. Wenn du an verschiedenen Stellen ihre Linien durchbrechen willst und dich den Schwergewichten entgegenstellst …«
»Warte, warte«, kreischte Perscitia schrill aus der Ferne. Überrascht wandte Temeraire ihr den Blick zu und sah sie wie wild auf sich zuflattern. Sie sah äußerst merkwürdig aus: Ihre gesamte Artillerie-Mannschaft der Miliz war mit Seilen auf ihrem Rücken festgebunden, und diese hatten alle Hände voll damit zu tun, riesige Bündel der Tragegeschirre, mit denen die Armee transportiert worden war, an Bord zu halten. Die Geschirre waren eilig aus Seide und Leinen und was sonst zu erübrigen gewesen war angefertigt worden: Kleidungsstücke, Vorhänge und Tischdecken waren für diesen Zweck geopfert worden, viele davon in leuchtenden Farben, sodass Perscitia aussah, als trüge sie einen Rock mit enorm weiten Schößen, die über ihre Flanken und Hinterbeine hingen und gerade eben ihre Flügel unbehindert ließen.
»Wir werden uns nicht zurückziehen!«, stieß Temeraire empört hervor. »Wir haben die Schlacht noch nicht verloren, und das werden wir auch nicht«, fügte er entschlossen hinzu.
»Nein, nein«, keuchte sie, als sie nahe genug herangekommen
war. Die Geschirre waren so hoffnungslos verknotet, erkannte Temeraire, dass es mindestens eine Stunde gedauert hätte, sie zu entwirren. »Hier«, keuchte sie, rang nach Luft und schob ihm einige der verschnürten Packen zu. Mit zweifelnder Miene nahm er eines der Bündel und bemerkte, dass es nass war und auch nicht besonders angenehm roch, eher so, als wäre Rum an Bord eines Schiffes ausgelaufen. »Was hast du denn damit angestellt?«, fragte er und fügte »Oh« hinzu, während er den Kopf in den Nacken riss. Da war etwas Scharfes, Bitteres, das ihm in die Nase stach.
»Alkohol«, erklärte Perscitia, die langsam wieder zu Atem kam. Andere Drachen gesellten sich zu ihnen und nahmen weitere Bündel von ihr entgegen. »Und auch ein bisschen Teer, glaube ich. Zusätzlich wurden sie in Pfeffer gewälzt, also riecht nicht daran. Wo ist Iskierka? Sie muss … Oh, da bist du ja. Nein«, wehrte sie ab, als Iskierka ebenfalls nach einem Knäuel griff, »du kannst keines haben. Du musst sie alle in Brand setzen, wenn wir sie fallen lassen …«
»Oh, das ist leicht«, sagte Iskierka. Die Schwenkflügler schnappten sich jeder ein Bündel, ebenso die Graukupfer und viele der Wilddrachen, also alle schnelleren, kleineren Tiere.
»Los, los«, rief Temeraire. Die französischen Drachen näherten sich zwar langsam, aber unaufhaltsam, und unter ihnen war ihre Infanterie bereits in schreckliche Auseinandersetzungen verwickelt, Bajonett gegen Bajonett, sodass das Blut über das Feld spritzte und die massiven britischen Blöcke ausgedünnt wurden. Die Franzosen wollten offensichtlich dafür sorgen, dass ihre Gegner den Luftangriffen schutzlos ausgeliefert waren.
Temeraire führte die englischen Drachen höher, immer höher, wo sie sich parallel zu den französischen Reihen verteilten und die Bündel abwarfen. Iskierka schoss ihnen hinterher; Flammen züngelten unablässig aus ihrem aufgerissenen Maul, die die niedergehenden Knäuel erfassten, die sich ihrerseits leuchtend blau und gelb entzündeten, während sie durch die Luft trudelten.
Die französischen Drachen wichen den Feuerbällen aus, die ihnen
direkt auf die Köpfe regneten, und die ordentliche Reihe wurde aufgebrochen. »Jetzt sofort«, drängte Laurence und zeigte auf den Schwachpunkt in der Linie. »Der Chanson-de-Guerre hier und der Defendeur-Brave dort …«
»Ballista, siehst du sie?«, rief Temeraire, und sie winkte ihm als Antwort mit dem Schwanz, als wäre er eine Flagge, um zu zeigen, dass sie ihn gehört hatte. Ein Schwarm Gelber Schnitter jagte ihr hinterher, als sie einen marmorierten, gelbbraunen Chanson-de-Guerre angriff. »Schnell, kommt mit mir mit«, rief Temeraire den Leichtgewichten zu. »Willst du auch dabei sein?«, fragte er Perscitia.
»Nein, möchte ich nicht«, sagte sie und drehte eilig ab. »Und überhaupt«, rief sie über die Schulter zurück, »ich werde sehen, ob ich noch mehr solche Bündel herstellen kann, auch wenn ich glaube, dass ich allen Alkohol aus den Versorgungswagen aufgebraucht habe…«
Temeraire hatte keine Zeit mehr, weiter zuzuhören. Sie eilten einem Defendeur hinterher, der einen Schwenk gemacht hatte, um einem der besonders großen Feuerbälle zu
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