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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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Garde in einer Wolke aus Musketengeschossen. Sie waren in Sicherheit. Ebenfalls über dem Wasser befand sich Lien, zusammengekrümmt, und einige Petit Chevaliers aus ihrer Eskorte mühten sich damit ab, sie zu unterstützen und in der Luft zu halten.
    Auch die letzten französischen Drachen drehten ab und flüchteten. Die Männer, die sich noch auf dem Feld befanden, sanken zumeist auf die Knie oder auf alle viere, vollkommen erschöpft. Neunzehn Adlerstandarten lagen zertrampelt und verdreckt im blutgetränkten Schlamm inmitten von zwanzigtausend Gefallenen.
    Es war ein siegreicher Tag geworden.

16
    »Laurence, das muss ich Ihnen lassen: In meinem ganzen Leben habe ich niemanden getroffen, den ich so gerne hängen sehen würde und bei dem das weniger angemessen wäre«, sagte Wellesley.
    »Oh, und das nach all dem, was wir getan haben«, empörte sich Temeraire.
    »Nicht mehr, als es Ihre Pflicht war, und manches hätten Sie besser gelassen«, feuerte Wellesley zurück. »Es ist eine verdammte Schande, dass Sie sich nicht einfach auf dem Schlachtfeld haben töten lassen, das wäre am besten gewesen.«
    Laurence legte Temeraire eine Hand aufs Vorderbein, um ihn zu beruhigen. »Ja, Sir, und das könnte man auch von manch anderem sagen.«
    Wellesley – jetzt Wellington, denn dieser neue Name war ihm mitsamt der Herzogkrone verliehen worden – schnaubte. Sie saßen im Säulengang von Temeraires Pavillon. Für sie war es die erste Gelegenheit, dort Quartier zu beziehen, obwohl Laurence ihn schon vor Monaten hatte erbauen lassen. Aber ihre Reise nach Afrika und die Einkerkerung hatten sie vom Einzug abgehalten, und in der Zwischenzeit hatte das Gebäude zur allgemeinen Nutzung frei gestanden. Auch jetzt dösten noch einige andere Drachen in den Ecken, und ganz in der Nähe von ihnen hörte man Perscitia, die ihre frühere Miliz darüber belehrte, wie man den Mörtel richtig anmischte. Sie hatte die Männer nach der Schlacht mitgenommen, jedenfalls jene, die sich mit einem Teil ihres Schatzes hatten bestechen lassen. Nun errichteten sie einen zweiten Pavillon.
    Ein ohrenbetäubendes Krachen begleitete die Ankunft einer weiteren Ladung Backsteine. Requiescat, der beim Bau dabei war und
vor Enthusiasmus überschäumte, hatte allein vermutlich an die fünf Tonnen getragen.
    Wellington sah grübelnd auf den Haufen und das Fundament für den nächsten Pavillon, das Minnow und ein halbes Dutzend ihrer Kameraden mit Feuereifer aushoben. Die Erde flog in großen Schwüngen aus der Grube. »Woher bekommen Sie diese Backsteine?«
    »Wir haben sie gekauft«, sagte Perscitia, die die Frage gehört hatte. »Sie müssen also gar nicht versuchen, sich zu beschweren, dass wir sie gestohlen hätten. Wir haben unsere Adlerstandarten verkauft und besitzen jetzt Kapital.«
    »Gott steh uns bei«, sagte Wellington und klopfte sich mit den Fingern auf den Oberschenkel. »Man sollte Sie zwingen, damit Schadenersatz zu leisten. Wussten Sie, dass ich am Tag danach beinahe eine Meuterei hatte? Es war nicht ein einziger Tropfen Bier oder Rum mehr da, und das bei hunderttausend Mann und gut zehntausend Verwundeten.«
    »Wenn Ihnen das nicht passt, dann hätten Sie die Schlacht sorgfältiger planen sollen, denn dann hätte ich mir nicht etwas einfallen lassen müssen, um diese französischen Drachen so lange aufzuhalten.«
    Das war mehr als ein wenig empörend, wenn man in Betracht zog, dass Wellington eine Schlacht mit zweihunderttausend Mann, dreihundert Drachen und zwei Dutzend Linienschiffen koordiniert und über die Bühne gebracht hatte. Außerdem hatte er in schlechterer Ausgangslage gegen eine besser ausgebildete und besser ausgestattete Armee bestanden, drei Stunden länger als vorgesehen, bis der Nebel seinen Griff so weit gelockert hatte, dass die Schiffe nahe genug an die Küste herankommen konnten, um mit dem Kanonenangriff zu beginnen. »Sie sind verdammt unverschämt«, knurrte er, aber Perscitia zuckte nur kurz mit den Flügeln und wandte sich hochmütig wieder ihrem Pavillon zu.
    Es war am frühen Morgen des siebzehnten März. Gut zwei Wochen
waren seit der Schlacht und den unmittelbaren Nachwehen vergangen, in denen sich Erschöpfung und dumpfe Verwirrung über einen so großen Triumph und ein ebensolches Desaster vermischt hatten. Die Überlebenden – Männer wie auch Tiere – waren an Ort und Stelle zu Boden gesunken und in einen unruhigen Schlaf gefallen, während sie dem Chor des leisen Stöhnens der Sterbenden auf dem

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