Drachenzauber
verändert, wenn auch nicht ganz so, wie die meisten Leute glaubten.
Nach ein paar weiteren schmerzerfüllten Atemzügen fuhr er fort: »Hätte statt Muellen Stala heiraten sollen, aber ein junger Mann ist stolz.« Mutter ließ sich nicht anmerken, ob seine Worte sie kränkten; sie hörte ohnehin nur, was sie hören wollte. »Der Hurogmeten kann nicht die Tochter einer Bäuerin heiraten, ganz gleich, wer der Vater des Mädchens ist.
Aber ein Kind von Stala wäre nicht so weich gewesen wie du. Mein Bruder wird über Hurog herrschen, bis du einundzwanzig bist - dann mögen Sipherns Wölfe dem armen Hurog gnädig sein.«
Mein Vater, der Hurogmeten, schob dem alten Zauberer das Pergament zu. Die Feder zerdrückte er, getrieben von Schmerz oder von Zorn über die Ungerechtigkeit des Lebens, das ihm einen Weichling und Idioten als älteren Sohn gegeben hatte, einen jüngeren, der davongelaufen war, und eine stumme Tochter. Zu besorgt über die Gegenwart, um mir wegen der Zukunft Gedanken zu machen, nickte ich einfach nur.
Der Hurogmeten grinste mich trotz der Schmerzen, die er offensichtlich hatte, boshaft an. »Das Einzige, was ich dir direkt hinterlassen habe, ist Bestie.
Ich kenne Duraugh, er würde das Tier umbringen lassen. Wenn du ihn nicht reiten kannst, benutze ihn für die Zucht.«
Stala schnaubte. »Damit all seine Nachkommen ebenfalls sein Temperament haben - obwohl keiner von deinen das deine geerbt hat.« Ich war nie sicher gewesen, ob Stala meinen Vater wirklich nicht leiden konnte oder ihm nur seine Bosheit mit gleicher Münze zurückzahlte. Sie hatten jahrelang miteinander geschlafen, aber vermutlich war ich der Einzige, der das wusste.
Der Hurogmeten machte eine abfällige Geste mit der rechten Hand. »Duraugh?«
Mein Onkel kam näher und wollte sich an die Stelle bewegen, wo meine Schwester stand. Ich trat vor ihn und verstellte ihm den Weg, bevor er sie einfach wegschieben konnte. Mit etwas mehr als hundert-achtzig Pfund war ich erheblich schlechter wegzu-schubsen als sie.
Onkel Duraugh zog eine Braue hoch, dann ging er zur anderen Seite des Betts und schob sich vor Mutter. »Ja, Fen?«
»Du wirst dich um Hurog kümmern.«
»Selbstverständlich.«
»Gut.« Mein Vater seufzte. »Duraugh, Tosten wird Wards Erbe sein. Finde ihn, wo immer er sein mag.«
»Ich weiß, wo er ist«, erwiderte ich unklugerwei-se. Aber ich hatte einfach nicht widerstehen können.
Es war die einzige Gelegenheit, die ich je haben würde, meinem Vater gegenüber anzudeuten, dass er sich in mir geirrt hatte.
Der Hurogmeten sah mich überrascht an. Er hatte mich blutig geschlagen, als mein jüngerer Bruder vor zwei Jahren verschwunden war. Danach hatte er angenommen, ich hätte es ihm gesagt, wenn ich irgendetwas über Tosten wusste; alle gingen davon aus, dass ich zum Lügen zu dumm war.
»Wo?«, fragte er, aber ich schüttelte den Kopf.
Wenn mein Onkel erfuhr, wo Tosten war, würde man meinen Bruder hierher zurückholen, und das wollte ich nicht. Ich hatte ihn eines Herbstabends kurz nach seinem fünfzehnten Geburtstag dabei erwischt, wie er versucht hatte, sich die Pulsadern aufzuschneiden, und ihn überzeugt, dass es bessere Möglichkeiten gab, Hurog zu verlassen.
»Er ist in Sicherheit.« Ich hoffte, dass das der Wahrheit entsprach.
Mein Vater seufzte erneut und schloss die Augen.
Dann riss er sie sofort wieder auf und rang verzweifelt nach Luft. Zum ersten Mal in seinem Leben verlor er einen Kampf.
Mutter stand auf. Eine gespenstische kleine Melodie summend, starrte sie Vater noch kurz an, dann drehte sie sich um und verließ das Zimmer.
Ich kam mir verloren und verraten vor, so als hätte ich schließlich nach gewaltigem Aufwand von Zeit und immenser Anstrengung ein Spiel gewonnen; aber der Gegner war bereits vom Feld geflohen, ehe ihm auch nur aufgefallen war, dass ich gesiegt hatte. Und genau das war selbstverständlich auch geschehen.
Ciarra packte mich fester und lehnte die Wange gegen meinen Oberarm, ihr Gesicht eine ausdruckslose Maske. Ich selbst sah, wie ich aus langer Übung wusste, vage kuhähnlich aus; die dunkelbraunen Augen, die Mutter mir vererbt hatte, trugen sehr zu der allgemeinen Ochsenhaftigkeit meiner Miene bei.
Mein Onkel sah mich forschend an. »Hast du verstanden, was gerade geschehen ist?«
»Der Hurogmeten ist tot«, antwortete ich.
»Und du bist der neue Hurogmeten, aber ich werde zwei Jahre lang an deiner Stelle herrschen.« Duraugh senkte den Blick, und unter der strengen
Weitere Kostenlose Bücher