Drachenzauber
herausbringen, weil ihm die Puste ausgegangen war.
»Immer mit der Ruhe, Junge«, sagte ich. Wir warteten über mehrere vergebliche Anfänge hinweg, bis er wirklich sprechen konnte. Inzwischen betrachtete ich ihn, um herauszufinden, wo er herkam.
Er war recht gut gekleidet, sogar für den Sohn eines freien Bauern. Die Wollhose war frisch gefärbt und das Hemd aus Leinen - ein Stoff, der erworben werden musste, da in unserem Klima kein Flachs wuchs. Er sah aus wie einer aus der Atwater-Familie, hoch gewachsen und mit dunklen Augen, die das Licht verschluckten.
»Banditen! Drunten bei Pas Hof! Er hat mich hergeschickt, um Euch zu holen.«
Er war schweißbedeckt, und sobald er seine Botschaft hervorgebracht hatte, musste er sich wieder vollkommen aufs Atmen konzentrieren.
»Atwater ist dein Vater?«, fragte ich, und er nickte.
Ich wusste immer, wenn es auf Hurog-Land Ärger gab. Oreg sagte, es liege daran, weil ich durch Blut-recht an das Land gebunden sei, und hatte mir von mehreren entfernten Ahnen erzählt, die eine ähnliche Bindung an das Land gehabt hatten. Hurog sprach zu mir - wenn ich hinhörte.
Eine kurze Berührung der Magie zeigte mir, dass derzeit nirgendwo in der Nähe von Atwaters Hof gekämpft wurde, was wohl bedeutete, dass er die Banditen vertrieben hatte. Wären Atwater oder ein Mitglied seiner Familie umgekommen, hätte ich das ebenfalls gewusst. Sie gehörten auf eine Weise zu Hurog, die nichts mit dem Gesetz und alles mit Blut zu tun hatte.
»Keine Sorge, Junge«, sagte ich. »Atwater kämpft schon länger gegen Banditen, als ich am Leben bin.
Lass mich mein Pferd holen.«
Am Ende waren es drei von uns, die dem Jungen folgten. Er dachte eindeutig, dass wir mehr brauchten, ich hingegen fand, weniger wäre besser gewesen. Mit Oreg und meinem Bruder zusammen unterwegs zu sein, war für gewöhnlich eher interessant als angenehm.
Mein Bruder Tosten ritt auf seinem neuen Rot-schimmel, einem Geschenk unseres Onkels, und brachte die Ausrede vor, dass das Tier Übung brauche, als er bemerkte, dass ich mein eigenes Pferd sattelte.
Tosten würde nie so groß werden wie ich, aber in den letzten vier Jahren hatte er das Gesicht eines Mannes und den Körper eines Kämpfers bekommen.
Er wirkte kühl, fähig und klug (wie eine Dame von Hof in meiner Hörweite gesagt hatte). Fähig und klug, da konnte ich nur zustimmen. Kühle Ruhe würde mit dem Alter kommen - vielleicht in fünfzig Jahren oder so.
Während ich darauf wartete, dass Tosten sein Pferd sattelte, erschien Oreg und holte ohne ein Wort seinen eigenen Wallach heraus. Von dem dunklen Haar und einem halben Kopf Körpergröße abgesehen (Tosten war der Größere), sahen er und Tosten sich ähnlich genug, dass sie Zwillinge hätten sein können.
»Banditen«, sagte ich zur Antwort auf Oregs Blick, dann stieg ich in den Sattel und ritt aus dem Hof.
»Mein Bruder hat sie nahe unserem Hof gesehen, und Pa hat mich hergeschickt, um Hilfe zu holen.« In der Stimme des Jungen lag eine Spur von Anklage.
Drei Leute, deutete er an, waren nicht viel Hilfe.
Die Kälte des kommenden Winters lag bereits in der Luft. Wir hatten in dieser Woche die letzten Ernten eingebracht. Oreg sagte, es werde bald schneien, aber an diesem Tag zeichneten sich die Blätter der Ebereschen und Espen noch bunt vor dem Dunkelgrün von Kiefern und Föhren ab. Blümchen, mein Hengst, schnaubte und tat verängstigt, als ihm ein fallendes Blatt zu nahe kam, und er scheute gewaltig.
Im Kampf würde nicht einmal ein schwerer Schlag ihn dazu bringen, ohne meine Anweisung von seinem Weg abzuweichen, aber abseits von ernster Arbeit spielte Blümchen gern.
Der kürzeste Weg zu Atwaters Hof führte um den Rand der Berge herum, wo das Land zum Pflügen zu steinig war. Der Hof lag isoliert in einem Hochtal, fern von den anderen bewirtschafteten Feldern in Hurog. Diese Isolation hatte schon öfter Banditen ver-lockt, aber es war ihnen nie gelungen, Atwater etwas abzunehmen. Ich dachte, das würde sich auch an diesem Tag nicht ändern.
Der Boden war immer noch weich genug, dass der stetige Trab, den ich anschlug, die Pferde nicht sonderlich beanspruchen würde. Menschen waren eine ganz andere Sache.
»Wir müssen uns beeilen«, sagte der Junge zum dritten Mal. Ich hatte eine sanfte Stute für ihn gefunden, aber das wäre nicht nötig gewesen. Er saß nach eigener Entscheidung auf ihrem bloßen Rücken und war ungeduldig, weil wir anderen ihn zurückhielten.
»Man sollte nie atemlos
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