Dracula, my love
Ahnung hätten, wie seltsam die Sache ist, wegen der ich zu Ihnen komme, wäre das Lachen an Ihnen. Die gewöhnlichen Vorkommnisse des Lebens vermögen den Verstand ja nicht zu verwirren, vielmehr sind es die seltsamen, außerordentlichen Dinge, die einen in Zweifel setzen, ob man bei Sinnen oder irre ist. Ich habe mir angewöhnt, nie über eines anderen Glauben zu lachen, sondern mich stets bemüht, meinen Verstand klar zu erhalten.“
„Danke, Sir, tausend Dank! Sie haben mir eine Zentnerlast vom Herzen genommen.“ Ich überlegte noch einen Augenblick und sagte dann: „Da Sie mein eigenes Tagebuch so aufschlussreich fanden, möchte ich Ihnen - anstatt Ihnen persönlich von Jonathans Leiden zu berichten - vorschlagen, vielleicht besser selbst davon zu lesen.“
„Davon zu lesen? Sie meinen ... Hat Ihr Ehemann auch Tagebuch geführt?“
„Ja. Es ist ein Bericht über alles, was geschehen ist, solange er im Ausland weilte. Er ist länger als mein Tagebuch, aber ich habe alles mit der Maschine geschrieben. Ich wage nicht, Ihnen davon etwas zu erzählen. Sie müssen es selbst lesen und sich Ihr Urteil bilden. Und dann sagen Sie mir, was Sie davon halten.“
Er nahm die Papiere dankend und mit unverhohlener Erregung an und versprach, sie noch am selben Abend zu lesen. „Ich bleibe heute Nacht in Exeter, Frau Mina, und dann reden wir morgen wieder miteinander. Ich möchte, wenn möglich, auch Ihren Gatten sehen.“
Dann küsste mir Dr. van Helsing die Hand und ging fort.
Den restlichen Nachmittag verbrachte ich in einem Zustand tiefer Sorge und Erregung.
Am Abend um halb sieben wurde mir durch einen Boten ein Brief übergeben, der meine Laune unverzüglich hob:
Exeter, 25. September, 5 Uhr nachmittags
Sehr geehrte Frau Mina,
ich habe das außergewöhnliche Tagebuch Ihres Gatten gelesen. Lassen Sie alle Zweifel fallen - so seltsam und schrecklich es ist, es ist die reine Wahrheit, meine Hand drauf! Für andere ist das sehr schlimm, für Jonathan und Sie jedoch besteht kein Grund zur Furcht, schlafen Sie also wohl! Ihr Gatte ist eine edle Natur. Ich kann Ihnen aufgrund meiner Erfahrungen versichern, dass jemand, der wie er eine Burgmauer hinunterklettern kann, um in jenes bewusste Zimmer zu gelangen, und der dies sogar wiederholt fertigbringt, ganz bestimmt keinen dauerhaften Nervenschaden behält. Er ist zu stark dafür, sein Kopf und sein Herz sind in Ordnung, das schwöre ich Ihnen, noch bevor ich ihn überhaupt gesehen habe. Seien Sie also beruhigt. Ich werde ihn viel über verschiedene Dinge zu fragen haben. Ich schätze mich glücklich, dass ich Ihnen heute begegnet bin, denn ich habe so viel Neues erfahren, dass ich ganz verwirrt bin, verwirrter als je zuvor. Ich muss nachdenken.
Ihr ganz ergebenster
Abraham van Helsing
Wenige Augenblicke, nachdem dieser Brief eintraf, erhielt ich eine Depesche von Jonathan, in dem er mitteilte, seine Geschäfte seien beendet und er würde früher als erwartet nach Hause kommen - noch heute Abend. Höchst erfreut schrieb ich rasch einen Brief an Dr. van Helsing, in dem ich ihn zum Frühstück am nächsten Morgen einlud.
Es war halb elf, als Jonathan zur Haustür hereinkam. Ich flog in seine Arme. „Liebster, was ich für Nachrichten habe! Warte nur, bis du sie hörst!“
„Was ist denn? Meine Güte, Mina, wie aufgeregt du bist! Was ist denn geschehen?“
„Komm ins Esszimmer“, sagte ich und nahm ihn bei der Hand. „Das Nachtessen wartet auf dich, ich erzähle dir alles.“
Während wir aßen, berichtete ich Jonathan von Dr. van Helsings Besuch. Ich begann mit dem, was Lucy zugestoßen war. Er hörte mit ruhigem Mitgefühl zu, gab seinem Kummer über Lucys Tod Ausdruck und teilte meine Verwunderung über die Gründe. Er wurde jedoch sehr unruhig, als ich zu dem Teil kam, der von seinem Tagebuch handelte.
„Du hast es gelesen?“, rief er, und seine Gabel fiel klirrend auf den Teller. „Aber warum? Ich dachte, wir wären uns einig gewesen ...“
„Du hast gesagt, ich sollte es nur lesen, wenn eine heilige Pflicht es gebietet. Diese Stunde ist gekommen, mein Liebster. Als du den fremden Mann am Piccadilly gesehen hast, war deine Reaktion so heftig und so voller Furcht, dass ich wusste, wir müssten handeln. Ich musste einfach verstehen, was du durchlitten hast.“
„Lieber Gott. Ich hatte gehofft, es würde niemals so weit kommen.“ Er fuhr sich erregt mit den Fingern durch sein braunes Haar. „Was musst du von mir denken! Nur zu! Sag es! Du hältst
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