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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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beim ersten Kommen von einem Bewohner zum Eintreten aufgefordert werden, um danach dann beliebig ein und aus gehen zu können. Dies gehört aber nicht zu seinen neuen Erfahrungen, lassen Sie mich daher ein anderes Beispiel nehmen: Haben wir nicht gesehen, dass er anfänglich alle Kisten von anderen transportieren ließ? Er glaubte damals schlicht, das müsse eben so sein. Doch weil sein großes Kinderhirn wuchs und lernte, begann er sich zu fragen, obernichtauch selbst so eine Kiste tragen könnte. Er begann also mit zuzupacken, und dann, als er bemerkte, dass er dies konnte, trug er sie auch alleine. Und so wird er nun die Absicht haben, seine Särge selbstüber die ganze Stadt zu verteilen, sodass niemand außer ihm ihre Verstecke kennt. Wahrscheinlich plant er, sie tief in die Erde zu versenken, um sie nur des Nachts oder zu den Zeiten zu benutzen, in denen er seine Gestalt wechseln kann. So würde niemand je herausfinden können, wo seine Schlupfwinkel sind. Aber verzweifeln Sie nicht, mein Freund, diese Idee ist ihm nämlich erst viel zu spät gekommen. Bis auf eine letzte sind alle seine Ruhestätten für ihn ja schon unbrauchbar gemacht, und die fehlende Kiste werden wir bis Sonnenuntergang auch sterilisiert haben. Dann hat er keinen Ort mehr, zu dem er flüchten und wo er sich verstecken kann. Ich |441| mahnte Sie heute Morgen zur Ruhe, damit wir unserer Sache nun umso sicherer sein können, denn steht für uns nicht ungleich mehr auf dem Spiel als für ihn? Also müssen wir auch noch weitaus vorsichtiger sein als er selbst. Auf meiner Uhr ist es jetzt eins; wenn alles gut gegangen ist, befinden sich unsere Freunde Arthur und Quincey schon wieder auf dem Rückweg. Sind sie erst wieder da, so können wir immerhin fünf Männer gegen unseren Feind aufbieten!«
    Plötzlich wurde unser Gespräch durch ein Geräusch an der Haustür unterbrochen, wir erschraken zutiefst, aber dann erkannten wir am doppelten Klopfen, dass es ein Eilbote sein musste. Wir begaben uns gemeinsam in die Eingangshalle, und van Helsing ging, uns mit einer Geste zum Schweigen auffordernd, zur Tür und öffnete. Draußen stand tatsächlich ein Depeschenbote, der dem Professor ein Telegramm aushändigte. Van Helsing schloss die Tür wieder, schaute kurz auf die Adresse, riss den Umschlag auf und las laut:
    »Warnung vor D.! Er hat eben gerade (12:45 Uhr) Carfax verlassen und eilt jetzt nach Süden. Er scheint seine Runde zu machen, vielleicht ist er hinter Ihnen her. Mina«
    Es entstand eine kurze Pause, die Jonathan Harker beendete:
    »Gott sei Dank, dann werden wir ihn ja wohl bald treffen!«
    Van Helsing wandte sich rasch zu ihm um und entgegnete:
    »Gott fügt die Dinge auf seine eigene Weise und wann es ihm gefällt. Fürchten oder freuen wir uns jetzt noch nicht, denn das, was wir uns jetzt wünschen, ist vielleicht später unser Verderben.«
    »Mir ist alles andere gleichgültig«, antwortete Harker erregt, »ich habe nur den einen Wunsch: dieses Vieh vom Angesicht der Erde zu tilgen. Für dieses Ziel würde ich sogar meine Seele verkaufen!«
    »Oh, still, still, mein Junge!«, sagte van Helsing. »Gott schachert nämlich nicht in dieser Weise mit Seelen, und der Teufel tut es zwar, aber er hält nicht Wort. Gott aber ist gnädig und gerecht. Er kennt Ihren Schmerz und Ihre Hingabe für die liebe Madame |442| Mina. Bitte denken Sie daran, wie sehr es ihr Leid vergrößern würde, solche wilden, unüberlegten Worte von Ihnen zu hören. Fürchten Sie nicht, dass auch nur einer von uns unserer Sache untreu werden könnte; wir haben das Ziel fest im Auge, und der heutige Tag soll das Ende sehen. Die Zeit zum Handeln ist gekommen. Heute ist dieser Vampir auf menschliche Kräfte beschränkt, denn bis zum Sonnenuntergang kann er sich nicht verwandeln. Es wird ihn Zeit kosten, hierherzukommen – lassen Sie mich nachsehen: Jetzt ist es zwanzig Minuten nach eins, da bleibt noch etwas Zeit, bis er frühestens hier sein kann, denn er ist nicht der Schnellste. Wir müssen nun darauf hoffen, dass Quincey und unser Lord Arthur zuerst eintreffen.«
    Etwa eine halbe Stunde, nachdem wir Mrs. Harkers Telegramm erhalten hatten, ließ sich ein energisches Klopfen an der Haustür vernehmen. Es war lediglich ein gewöhnliches Klopfen, wie es zu jeder Stunde an Tausenden von Londoner Türen zu hören ist, aber dennoch pochten unsere Herzen zum Zerspringen. Wir sahen einander an, gingen zusammen wieder auf den Flur hinaus und hielten unsere Waffen griffbereit

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