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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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– die weltlichen in der Rechten, die übernatürlichen in der Linken. Van Helsing entriegelte die Tür und gab ihr einen leichten Stoß, sodass sie alleine aufschwang; er aber ging einige Schritte zurück, um mit beiden Händen sofort einsatzbereit zu sein. Die Freude unserer Herzen musste sich deutlich auf unseren Gesichtern gezeigt haben, als wir draußen auf der Treppe Lord Godalming und Quincey Morris erblickten. Schnell kamen die beiden herein und schlossen die Tür hinter sich. Während wir dann durch die Eingangshalle gingen, sagte Lord Godalming:
    »Alles in Ordnung: Wir haben beide Häuser gefunden, sechs Kisten pro Haus, alle zerstört!«
    »Zerstört?«, fragte der Professor.
    »Nun, für ihn unbrauchbar gemacht.« Für eine Weile herrschte Schweigen, dann sagte Quincey:
    »Jetzt können wir nichts anderes tun als warten. Wenn er allerdings |443| bis fünf Uhr noch nicht hier aufgetaucht sein sollte, dann müssen wir gehen, denn wir können Mrs. Harker nach Sonnenuntergang nicht mehr alleine lassen.«
    »Er wird bald hier sein«, sagte van Helsing, der sein Notizbuch zu Rate gezogen hatte.
» Nota bene 3
, laut Madame Minas Telegramm hat er sich von Carfax aus nach Süden gewandt, das bedeutet, er musste über den Fluss. Diesen kann er aber nur bei Gezeitenwechsel überqueren, also kurz vor eins. Dass er nach Süden ging, ist für uns von Bedeutung. Als er Carfax verließ, war er nämlich nur argwöhnisch, und er ging zunächst an den Ort, an dem er am wenigsten mit einer Störung rechnete. Sie beide müssen nur ganz knapp vor ihm in Bermondsey gewesen sein. Dass er jetzt noch nicht hier ist, zeigt uns, dass er sich als Nächstes nach Mile End begeben hat. Das hat ihn wieder Zeit gekostet, denn er musste sich dazu irgendwie über den Fluss bringen lassen. Glauben Sie mir, liebe Freunde, wir werden nicht mehr allzu lange zu warten haben. Wir sollten uns einen Angriffsplan zurechtlegen, damit wir das Überraschungsmoment nicht verschenken … Halt, es ist zu spät! Haben Sie alle Ihre Waffen parat? Achtung!« Er hielt bei seinen letzten Worten seine Hand warnend empor, und wir alle konnten den Schlüssel hören, der sich vorsichtig im Schloss der Eingangstür drehte …
    Selbst in diesem Augenblick konnte ich nicht umhin, den Automatismus zu bewundern, mit dem sich ein dominanter Geist durchsetzt. Bei allen unseren Jagdausflügen und Abenteuern in den verschiedensten Weltteilen hatte Quincey Morris immer die Pläne gemacht, während Arthur und ich uns schnell daran gewöhnt hatten, ihm blind zu folgen. Jetzt schien diese alte Gewohnheit wieder in uns dreien aufzubrechen: Quincey blickte sich rasch im Zimmer um und hatte sich augenblicklich einen Schlachtplan zurechtgelegt. Ohne auch nur ein Wort zu sagen, wies er jedem von uns durch Winke seinen Platz zu. Van Helsing, |444| Harker und ich wurden direkt hinter der offenen Tür postiert, sodass der Professor diese gleich nach dem Eintreten des Ankömmlings zuwerfen konnte, während wir anderen beiden uns auf den Eintretenden werfen sollten. Godalming versteckte sich etwas weiter hinten, Quincey etwas weiter vorne. Beide waren darauf vorbereitet, den Weg zum Fenster zu versperren. So warteten wir in höchster Anspannung, und die Sekunden schlichen mit der Zähigkeit eines Albtraumes dahin. Aus der Eingangshalle waren jetzt langsame, vorsichtige Schritte zu vernehmen – offenbar war der Graf auf eine Überraschung gefasst, zumindest aber befürchtete er etwas.
    Plötzlich sprang er mit einem riesigen Satz in die Mitte des Zimmers; er war so schnell an uns vorbei, dass wir keine Gelegenheit hatten, auch nur die Hand nach ihm auszustrecken. Es lag etwas Pantherhaftes in dieser Bewegung, etwas Nichtmenschliches, aber wir erholten uns dennoch augenblicklich vom Schock seines so plötzlichen Erscheinens. Der Erste, der handelte, war Harker; er warf sich augenblicklich zwischen die Tür und den Grafen. Als dieser uns erblickte, verzog sich sein Gesicht zu einer höhnischen Fratze, und wir konnten seine langen, spitzen Zähne sehen. Dann machte sein böses Grinsen einem kalten, löwenartigen Blick der Verachtung Platz, der aber nur bis zu dem Augenblick anhielt, in dem wir alle zugleich auf ihn zustürzten. Leider hatten wir uns vorab keinen Angriffsplan mehr zurechtlegen können, und so fragte ich mich noch im Moment unseres Vorstürmens, was eigentlich zu geschehen hätte. Ich wusste nicht einmal, ob uns unsere weltlichen Waffen etwas nützen würden. Harker

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