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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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Gefahr hin, so zu werden wie er. Freund John, dies war eine gesegnete Stunde, die uns ein großes Stück auf unserem Weg vorangebracht hat. Sie müssen all dies zu Papier bringen, damit die anderen, wenn sie von ihren Erledigungen zurück sind, es lesen können. Dann wird ihnen alles so klarwerden wie uns.«
    Und so habe ich dies niedergeschrieben, während wir auf die Heimkehr der Freunde warten; Mrs. Harker aber hat es auf der Reiseschreibmaschine vervielfältigt.

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    |500| SECHSUNDZWANZIGSTES KAPITEL
     
    Dr. Sewards Tagebuch
     
    29. Oktober
    Dies schreibe ich im Zug von Varna nach Galatz. Gestern Abend versammelten wir uns alle kurz vor Sonnenuntergang. Jeder hatte seine Arbeit so gut getan, wie er es vermochte. Was Nachdenken und Fleiß anbetrifft, sind wir für alle Wechselfälle der Reise gerüstet, und ebenso für das Werk, das in Galatz auf uns wartet. Mrs. Harker machte sich zur üblichen Zeit für die Hypnose bereit, aber van Helsing brauchte diesmal trotz großer Anstrengungen weitaus länger als sonst, um sie in Trance zu versetzen. Genügte zuvor bereits ein Wink, um sie zum Sprechen zu bringen, so musste der Professor sie diesmal ausdrücklich fragen, sehr energisch fragen, bis endlich eine Antwort kam:
    »Ich kann nichts sehen, wir liegen still. Keine schlagenden Wellen, nur ein beständiges Gurgeln des Wassers, das sanft um die Taue spült. Ich höre das Rufen von Männerstimmen, nahe und fern, und das Rollen und Knirschen von Rudern in den Dollen. Irgendwo wird ein Schuss abgefeuert, das Echo ist weit entfernt. Ich höre das Trampeln von Füßen über mir, Seile und Ketten werden gezogen. Was ist das? Da ist ein Lichtstrahl, ich spüre einen Luftzug.«
    Hier hielt sie inne. Sie setzte sich ruckartig auf dem Sofa auf – sie hatte zuvor gelegen – und streckte beide Hände in die Höhe, die Handflächen aufwärts gerichtet, als ob sie eine Last tragen würde. Van Helsing und ich sahen einander vielsagend an. Quincey zog seine Augenbrauen hoch und blickte scharf zu ihr hinüber, während Harkers Hand instinktiv nach dem Knauf seines Gurkha-Messers griff. Es entstand eine lange Pause. Wir wussten, |501| dass die Zeit, in der sie sprechen konnte, unwiederbringlich dahinfloss, aber wir fühlten auch, dass es zwecklos war, etwas zu sagen. Plötzlich stand sie auf, öffnete die Augen und fragte freundlich:
    »Wünscht einer der Herren eine Tasse Tee? Sie müssen doch alle sehr erschöpft sein!« Wir wollten ihr die Freude machen und gingen auf ihren Wunsch ein, worauf sie geschäftig hinauseilte, um den Tee zu holen. Kaum aber hatte sie die Tür hinter sich geschlossen, sagte van Helsing:
    »Sie sehen, meine Freunde, sein Schiff hat Anker geworfen, und er hat seine Erdkiste verlassen. Allerdings ist er selbst noch nicht an Land gegangen, denn wenn er nicht ans Ufer getragen wird oder der Schiffsrumpf selbst an keinen Kai stößt, kann er nicht von Bord. Es gibt also zwei Möglichkeiten: Entweder verlässt er nachts das Schiff, wozu er seine Gestalt ändern und an Land springen müsste, wie er es in Whitby getan hat. Dann wäre er aber seinen Zufluchtsort los. Oder er versteckt sich über Nacht, um sich am Tag hinübertragen zu lassen, was aber das Risiko für ihn birgt, von den Zollbeamten entdeckt zu werden. Für uns bedeutet dies: Wenn er nachts nicht entkommt und morgen tagsüber nicht entladen wird, so könnten wir noch rechtzeitig am darauffolgenden Tag über ihn kommen, wo er uns in seiner Kiste ausgeliefert ist.«
    Dem war nichts hinzuzufügen, und so geduldeten wir uns bis zum Morgengrauen, zu welcher Zeit wir hoffen durften, durch Mrs. Harker mehr zu erfahren.
    Heute am frühen Morgen nun warteten wir in atemloser Spannung auf ihre in Trance gegebenen Auskünfte. Es dauerte noch länger als am gestrigen Abend, sie in Hypnose zu versetzen, und als es endlich gelungen war, war die Zeit bis zum vollen Sonnenaufgang nur noch so kurz, dass wir schon zu verzweifeln begannen. Van Helsing war aber mit vollem Einsatz bei der Sache, und schließlich gehorchte Mrs. Harker seinem Willen doch noch und antwortete ihm:
    |502| »Alles ist dunkel. Ich höre plätscherndes Wasser neben mir und ein Knirschen wie von Holz, das auf Holz reibt …« Sie hielt inne, denn rotleuchtend stieg die Sonne empor. Für Weiteres müssen wir also bis zum Abend warten.
    Und so sind wir nun in äußerster Erwartung auf dem Weg nach Galatz. Laut Fahrplan sollen wir dort zwischen zwei und drei Uhr am frühen Morgen

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