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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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elender. Ich habe sie gefragt, ob das irgendeinen Grund habe. Ihre Mutter um Rat zu bitten, wage ich nicht, denn es wäre gefährlich, die arme Frau in ihrem jetzigen Zustand auch noch mit Lucys Krankheit zu ängstigen. Mrs. Westenra hat mir nämlich gestanden, dass ihr Ende bereits feststehe – ein Herzleiden, von dem die gute Lucy jedoch nichts ahnt. Ich bin überzeugt, dass irgendetwas auf der Seele meines lieben Mädchens lastet. Wenn ich nur an sie denke, gerate ich ganz aus der Fassung, und wenn ich sie sehe, so versetzt es mir einen Stich. Ich habe ihr gesagt, ich würde Dich bitten, sie zu untersuchen. Zuerst machte sie Einwendungen – ich weiß schon warum, alter Freund –, dann gab sie aber doch ihre Zustimmung. Es ist eine schreckliche Aufgabe für Dich, das weiß ich wohl, mein Freund, aber es geschieht um
ihretwillen,
und ich zögere nicht Dich zu bitten, wie auch Du nicht zögern darfst zu handeln. Komme am besten morgen um |164| zwei Uhr nach Hillingham zum Lunch, damit Mrs. Westenra keinen Argwohn fasst. Nach dem Lunch wird Dir Lucy Gelegenheit geben, sie allein zu sprechen. Zum Tee werde dann auch ich da sein, und wir können zusammen wieder weggehen. Ich bin so besorgt, dass ich Dich unbedingt sprechen muss, sobald Du sie untersucht hast. Bitte lasse uns nicht im Stich!
    Arthur
     
    Telegramm von Arthur Holmwood an Dr. Seward
     
    1. September
    Wurde zu meinem Vater gerufen, wo es schlecht steht. Ich schreibe. Gib mir ausführlich Bericht mit der Abendpost nach Ring. Wenn nötig, telegrafiere.
     
    Brief von Dr. Seward an Arthur Holmwood
     
    2. September
    Lieber alter Freund,
    betreffs Miss Westenras Gesundheit beeile ich mich, Dir mitzuteilen, dass nach meiner Ansicht keine funktionelle Störung oder irgendeine mir bekannte Krankheit nachzuweisen ist. Allerdings bin ich mit ihrem Aussehen keineswegs zufrieden; sie hat sich außerordentlich verändert, seit ich sie das letzte Mal gesehen habe. Natürlich musst Du berücksichtigen, dass ich nicht alle Untersuchungsmöglichkeiten ausgeschöpft habe, die mir sonst zur Verfügung stehen – die Achtung vor unserer Freundschaft setzte der ärztlichen Wissenschaft gewisse unüberwindliche Grenzen. Ich werde Dir im Folgenden den ganzen Hergang der Untersuchung schildern und es Dir überlassen, Deine eigenen Schlüsse zu ziehen. Danach teile ich Dir meine bereits unternommenen Schritte mit sowie meine weiteren Vorschläge.
    Ich fand Miss Westenra in scheinbar aufgeräumter Stimmung. |165| Ihre Mutter war ebenfalls anwesend, und nach wenigen Minuten war mir klar, dass Lucy sich nur verstellte, um ihren Zustand vor der alten Dame zu verbergen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass sie die Lage ihrer Mutter deutlich fühlt, wenn sie auch nichts Genaues weiß. Wir aßen allein zu Mittag, und da wir uns alle Mühe gaben, fröhlich zu erscheinen, gelangten wir wie zur Belohnung für unser Bemühen auch wirklich in eine heitere Stimmung. Dann entschuldigte sich Mrs. Westenra, um sich etwas niederzulegen, und Lucy und ich blieben allein zurück. Lucy bat mich darauf in ihr Zimmer, und bis wir dort angekommen waren, hielt ihre Fröhlichkeit an. Ich nehme an, dass sie sich vor den Hausangestellten verstellte, denn kaum hatten wir die Tür hinter uns geschlossen, fiel die Heiterkeit wie eine Maske von ihr ab. Sie sank mit einem Seufzer in ihren Stuhl und bedeckte ihr Gesicht mit beiden Händen. Als ich sah, dass ihre Stimmung dahin war, versuchte ich mir aus ihren Reaktionen ein Bild zu formen. Sie sagte sehr sanft zu mir:
    »Ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr ich es hasse, von mir zu sprechen.« Ich entgegnete ihr, dass es eine ärztliche Schweigepflicht gebe und dass Du Dich in schrecklicher Angst um sie befändest. Sie verstand meine Worte augenblicklich und erklärte: »Erzählen Sie Arthur alles, was er nach Ihrer Meinung wissen sollte. Ich sorge mich nicht um mich, sondern allein um ihn.« Ich bin also völlig offen:
    Auf den ersten Blick war zu erkennen, dass sie sehr blutarm ist, aber die gewöhnlichen Anzeichen einer Anämie waren nicht zu entdecken. Ein Zufall gab mir sogar die Möglichkeit, die Qualität ihres Blutes zu prüfen, denn als sie das Fenster öffnete, zerbrach eine Scheibe, und ein Glassplitter verletzte sie leicht an der Hand. Die Sache war an sich unbedeutend, aber es traf sich gerade gut – ich nahm ein paar Blutstropfen mit und analysierte sie. Die Zusammensetzung des Blutes war vollkommen normal und bewies, für sich allein betrachtet,

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