Draculas Darling
Er war nicht erschöpft. Niemand hätte ein Atmen gehört, das war bei einem Vampir nicht möglich. Aber er ärgerte sich und ging so weit vor, bis er den dunklen Saab erreicht hatte, mit dem er gekommen war.
Er stieg ein, fuhr aber nicht an, sondern blieb sitzen und trommelte mit den Fingerknöcheln gegen den Lenkradring. Er musste über einiges nachdenken.
Dass nicht alles glatt gelaufen war, darüber machte er sich keine Gedanken, denn das passierte immer wieder. Nur sah er noch ein anderes Problem, und das hing mit dem Erscheinen der beiden Männer zusammen. Sie sahen aus wie normale Menschen, aber es war trotzdem etwas an ihnen gewesen, das ihn gestört hatte. Er hätte es mit Worten nicht beschreiben können. Obwohl sie sich nicht in seiner Nähe aufhielten, war von ihnen etwas ausgegangen, das ihn hatte vorsichtig werden lassen. So etwas war ihm bei anderen Menschen noch nicht untergekommen. Diese beiden rochen nach Gefahr. Dass sie überhaupt erschienen waren, ließ sehr tief blicken. Jemand musste sie auf seine Spur gebracht haben. Jemand wollte, dass man ihn fasste.
Es gab also einen Verräter!
Der Vampir flüsterte einen Fluch, als er dies dachte. Im Moment war er noch zu sehr durcheinander, um sich auf eine Person konzentrieren zu können, die ihn möglicherweise verraten hatte. Für die Szene und für die Firma lebte er nicht mehr. Er war längst verstorben oder abgetaucht. Man hatte ihn reaktiviert, und er hatte bewiesen, dass er noch immer so gut war wie früher, aber er musste jetzt noch viel vorsichtiger sein.
Jordan rutschte weiter vor, so dass er von außen kaum zu sehen war. Er wollte jetzt Ruhe haben, um nachdenken zu können. Er versetzte sich in die Lage der beiden Fremden. Er sah sie als schwache Gestalten vor sich, die sich dem Haus näherten, es auch betraten und dann den Toten fanden und natürlich auch Lorna Hurland.
Was würden sie tun?
Würden sie überhaupt erkennen, dass sie jetzt zu den Blutsaugerinnen gehörte?
Es konnte sein. Ja, er traute es ihnen zu, denn sie waren anders als die übrigen Menschen. Ihre Aura hatte er nicht vergessen. Es war eine Strömung gewesen, für die er nur Hass empfinden konnte. Von nun an würde er sich darauf einstellen müssen.
Es wurmte ihn tief, dass er nicht wusste, wer die beiden waren. Das wollte der Vernichter so schnell wie möglich herausbekommen. Bevor er an seine Arbeiten heranging, bereitete er alles sehr sorgfältig vor. So war es auch bei Amos Hurland gewesen. Er hatte sich erkundigt, wie der Mann jetzt lebte. Wie er sein Geld verdiente, welchen Gewohnheiten er nachging und so weiter.
Alles war vorbereitet, und auch die Telefonnummer der Hurlands kannte er.
Jordan hatte sie im Kopf. Mit einem Handy konnte er ebenfalls umgehen. Er war ein alter Blutsauger, der sich angepasst hatte und die modernen Mittel der Kommunikation nutzte.
Das schmale Telefon steckte in der linken Seitentasche des Mantels. Als er es hervorholte, freute er sich darüber wie ruhig seine Hand war. Auf den schmalen Lippen lag ein Lächeln. Sie sahen wieder normal aus, denn auch die letzten Blutspuren waren aus ihrer Nähe verschwunden.
Draculas Darling war gespannt, ob einer der beiden Typen im Haus abhob, um seine Neugierde zu befriedigen.
Der Ruf ging durch.
Ein erster Erfolg.
Den zweiten erlebte er wenig später, denn da hob tatsächlich jemand ab...
***
Ich war noch nicht dazu gekommen, mich zu melden, als schon das scharfe Lachen an mein Ohr drang. Es war das Lachen eines Mannes, aber ich hatte es noch nie zuvor gehört.
»Hallo, Spaßvogel!«, sagte ich.
Das Lachen stoppte. »Spaß?«, fragte eine Flüsterstimme.
»Ja, Mister. Wer lacht, der hat Spaß.«
»Der müsste euch doch vergangen sein«, sagte der Sprecher. »Oder habt ihr noch nichts gefunden?«
Jetzt stand für mich endgültig fest, wer mein Gesprächspartner war. Zum ersten Mal hörte ich die Stimme des Vernichters oder Draculas Darling. In der Tat konnte ich ihn mir gut als Liebling des Vlad Dracul vorstellen, aber ich wusste auch, dass immer gern übertrieben wurde.
»Warum sollte er uns vergangen sein?«
»Bei zwei Toten...«, vernahm ich die lauernd klingende Antwort.
»Das sind wir gewöhnt.«
»Ihr seid Bullen, wie?
»Nun ja, vier Beine haben wir zwar nicht, aber wenn Sie das so sehen, Mister, ist das okay.«
»Was macht ihr jetzt?«
»Wieso?« Ich hatte bewusst harmlos gefragt, um den Vernichter aus dem Konzept zu bringen.
Er stutzte auch, bevor er fragte und wieder
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