Draculas Darling
nippte. Müde sah er nicht aus, eher nachdenklich. Wir konnten uns vorstellen, dass er einen inneren Kampf ausfocht.
Ich hielt das Schweigen nicht länger aus und fragte: »Warum geben Sie denn nichts preis, Sir?«
Er hob den Kopf, um mich anzuschauen. »In manchen Situationen ist man an seinen Diensteid gebunden, John. Dafür sollten Sie Verständnis haben.«
»Sir, das habe ich auch. Nur geht es in diesem Fall um Menschenleben. Zwei sind bereits tot. Der Vernichter hat sie auf dem Gewissen. Und er wird weitermachen.«
»Das ist zu befürchten, John. Deshalb sind Sie ja in den Fall mit einbezogen worden. Sie sollen ihn stoppen.«
»Würden wir gern, wenn wir mehr Informationen hätten.«
»Die Liste muss reichen.«
»Noch vier Namen stehen darauf. Hurland ist tot. Wir können uns nicht teilen, Sir. Sind wir bei der einen Person, wird er bei der anderen sein, um sie zu töten. Wir können auch nicht davon ausgehen, dass er die Reihe aufwärts geht, also bei X5 anfängt, sich X4 vornimmt und erst bei X1 aufhört. Dass er mit dem letzten Namen auf der Liste begonnen hat, kann reiner Zufall sein.«
»Ich weiß, John.«
»Wir müssen mehr über den Killer erfahren. Für uns steht fest, dass er ein Vampir ist. Und er hat auch gespürt, dass ihm jemand auf den Fersen ist. Sonst hätte er nicht angerufen. Er war in der Nähe, er hat uns gesehen, als wir in das Haus gingen. Er weiß jetzt, dass er gejagt wird, und er wird sich darauf einstellen. Er wird vorsichtiger sein und seine Pläne ändern. Auch möglicherweise noch schneller zuschlagen, als wir es uns vorstellen können. Wir müssen einfach mehr über ihn wissen.«
»Das ist mir klar, John. Nur kann ich Ihnen nicht viel über ihn sagen.«
»Aber der Maskierte.«
Damit waren wir wieder beim Thema, und Sir James holte tief Atem. Er quälte sich und suchte nach einer Antwort, die plausibel klang. Schließlich fand er die Worte und meinte: »Nicht alles, was Menschen tun, ist perfekt. Dafür sind wir Menschen. Wir können Fehler begehen, wir können uns irren. Gerade das diffizile Gebiet des Geheimdienstes weist viele Fallstricke und Veränderungen auf. Was gestern noch gut gewesen ist, kann morgen schon vorbei oder anders sein. Man hat früher die Ausputzer gebraucht und bedient sich ihrer auch heute noch, sage ich mal. Es gibt immer wieder Situationen, in denen sie zuschlagen müssen. Zumeist geschieht das im Ausland. Manch mächtiges Mitglied einer Regierung ist schon über sie gestürzt.«
»Und jetzt sollen sie sterben«, sagte Suko.
»Ja und nein.«
»Warum zweifeln Sie, Sir.«
»Weil es auch nicht in meinen Kopf will. Gut, der Eiserne Vorhang ist längst gefallen, aber die Probleme sind geblieben. Ich kann mir keinen Grund vorstellen, weshalb man so radikal mit der Vergangenheit aufräumen will.«
»Will man das?«
Sir James schaute mich an. »Ich denke schon«, gab er zu, wobei Zweifel in seiner Antwort mitklangen.
Ich blieb hart. »Will man das wirklich von offizieller Stelle. Also von ganz oben?«
Da hatte ich einen Punkt getroffen, der unseren Chef sehr nachdenklich werden ließ. »Das ist die große Frage«, gab er zu. »Ich kann es nicht bestätigen, dass Verantwortliche unserer Regierung die Anordnungen gegeben haben. Ich kann es mir beinahe nicht vorstellen.«
»Wer war dann der Maskierte?«
Sir James hatte natürlich gewusst, dass ich die Frage stellen würde. Zunächst gab er keine Antwort und rückte nur seine Brille zurecht. »Sie wissen, dass ich darüber mit Ihnen nicht reden kann und auch nicht darf.«
Ich regte mich leicht auf, riss mich zusammen, zählte innerlich bis drei und sagte: »Sir, dieser Mann hat, soweit ich das beurteilen kann ein schlechtes Gewissen bekommen. Er hängt mit drin, das ist alles okay, aber er wird auch nachgedacht haben und ist zu dem Entschluss gekommen, dass es falsch war. Also hat er gewissermaßen die Notbremse gezogen. Das sind wir. Er hat uns gegeben, was wichtig ist, die Liste. Aber dieser Superkiller, dieser Vernichter oder Draculas Liebling, der die anderen Mörder und Ausputzer liquidieren soll, weiß Bescheid, dass ihm jemand auf der Spur ist. Also wird er gewisse Punkte addieren und zu dem Entschluss kommen, dass man bei ihm mit falschen Karten gespielt hat. Er wird sich diese Person holen, die das getan hat. Deshalb sind wir der Meinung, dass der Unbekannte in Lebensgefahr schwebt. Wenn wir ihn retten wollen, müssen wir seinen Namen kennen, Sir. Deshalb vergessen Sie Ihr Versprechen
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