Dracyr – Das Herz der Schatten
vertrauenswürdigen Bediensteten übergeben, die sich unter meinem Geleit noch rechtzeitig mit ihr aus dem Palast retten konnte. « Er räusperte sich wieder und in seinen Augen schimmerten Tränen. » Ich kehrte zurück, um den Prinzen zu holen, den meine Herrin derweil in einem Geheimversteck in der Täfelung des Audienzsaals verbergen wollte. Das Versteck stand offen und war leer. Die Königin lag unweit davon in ihrem Blut und starb, als ich ihren Kopf in meinem Schoà bettete. Sie hat mir nicht mehr sagen können, wer den Jungen gefunden und sie ermordet hatte. « Er weinte jetzt offen, ohne sich seiner Tränen zu schämen, und Kay schluckte mit Mühe den Kloà hinunter, der ihr in die Kehle stieg. Damians Gesicht war eine starre Maske, in der sich keine Gefühlsregung zeigte. Er bewegte die Handâ weiter!
» Ich konnte nicht fliehen, solange ich über Prinz Cinfarrons Schicksal im Unklaren war. Ich lieà mich gefangen nehmen und ergab mich dem Dracyrmeister. «
Kay drückte Damians Hand und warf ihm einen fragenden Blick zu. Er musste doch begriffen haben, von wem Sam ihm erzählte!
Damian regte sich nicht. Er nickte Sam ungeduldig zu. Der Pferchwächter senkte den Blick und erzählte, wie er als Dracyrpfleger seinen Dienst angetreten hatte und jede Gelegenheit nutzte, aus dem Pferch zu entwischen und die Burg zu durchsuchen, in der Hoffnung, den jungen Prinzen zu finden. Vergeblich.
» Bis eines Tages, ein paar Wochen nach dem Blutbad, Lord Harrynkar hier herunterkam, um seine Dracyr zu besuchen. Ihr müsst wissen, dass er erst später die Reiter für sie gesucht hat, zum damaligen Zeitpunkt war er noch der Einzige, der sie bändigen und reiten konnte. «
Kay unterbrach ihn ungern, aber das war etwas, was sie schon länger beschäftigt hatte, deshalb fragte sie: » Er hat den Ãberfall also ganz allein vorgenommen? Nur mit seinen Dracyr? «
Der ehemalige Hauptmann verzog das Gesicht. » Seine Dracyr, Paindal und eine Schattenarmeeâ Geister, Dämonen, Ungeheuer aus der tiefsten Hölle. Es war wie ein Albtraum, Kay. Nein, schlimmer, denn das Blut und die Schreie der Sterbenden waren real. «
Kay wollte nicht mehr darüber hören. Sie nickte Sam zu und er fuhr fort: » An diesem Tag also kam er hinab in den Pferch und bei ihm war Prinz Cinfarron. Er hatte groÃe Angst, aber er hielt sich tapfer. Als er mich sah, konnte ich erkennen, dass er weinen und sich in meine Arme werfen wollte, aber er blieb an der Seite des Dracyrlords und erwartete seine Befehle. «
Kay schluckte und drückte Damians Hand. » Dann hat er ihn zu Noctyria gebracht « , sagte sie. » Und ihn gezwungen, ihren Blick zu erwidern. «
Damians Hand zuckte in ihrem Griff. Sam lieà den Blick nicht von seinem Gesicht. Er nickte. » Prinz Cinfarron blieb einen Tag und eine Nacht hier im Pferch. Dann holte Lord Harrynkar ihn wieder ab, und als ich den Jungen das nächste Mal sah, hatte er weiÃes Haar und beinahe weiÃe Augen und er erinnerte sich nicht mehr an mich. Er erinnerte sich an nichts mehr. Er hielt sich für Lord Harrynkars Sohn und ich gab ihm den Namen Damian. «
Kay hielt den Atem an. Sie sah Damian an, dessen Miene undurchdringlich, kalt und vollkommen ungerührt erschien. Er neigte leicht den Kopf, dann lieà er Kays Hand los und stand auf. Sam erhob sich mühsam und auch Kay sprang auf die FüÃe. Damian machte einen Schritt auf Sam zu, hob die Hand und ohrfeigte den alten Mann, dass dessen Kopf in den Nacken flog. Dann wandte Damian sich ab und ging auf den Dracer zu. » Mach mir Platz « , sagte er tonlos. Noctyria sah Kay an und Kay nickte.
Sam, der sich die rote Wange hielt, sagte: » Junge. Damian⦠«, und wollte hinter ihm hereilen. Kay hielt ihn zurück.
» Danke, dass du es ihm erzählt hast « , sagte sie leise. » Er wird verstehen, was du für ihn getan hast, Sam. Lass ihm etwas Zeit. « Sie griff, ohne nachzudenken, was sie tat, in Sams Inneres und sandte ihm Trost und Frieden, wie sie es mit einem Dracer getan hatte. Seine Lider zitterten, dann entlieà er einen schnaufenden Atemzug und sein unglückliches Gesicht glättete sich. » Danke für den Zuspruch « , murmelte er. » Ich bin müde. Ich gehe und leg mich ein wenig aufs Ohr. «
Kay sah ihm gerührt nach, wie er davonschlurfte. Damian hätte ihn nicht schlagen dürfen.
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