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Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
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bereit. «
    Er winkt ungeduldig und Damian eilt hinaus, ohne der Ohnmächtigen noch einen Blick zuzuwerfen. Lord Harrynkar bleibt in seinem Gemach zurück, allein mit Kay. Damian verdrängt das Gefühl der Bedrohung, das ihn umklammern will wie eine Dracerklaue. Er hat eine Aufgabe zu erfüllen und will seinen Vater um keinen Preis enttäuschen.
    Auf dem Weg hinunter zum Pferch begleiten ihn der Geruch ihres Haars, das Schimmern ihrer Haut, das Blitzen ihrer Augen und der Klang ihrer Stimme und entzünden ein kleines Feuer in der Dunkelheit und Kälte seines Daseins. Er will sich zwingen, nicht an Kay zu denken, aber seine Sehnsucht streckt ihre Hände zum Feuer und wärmt sich daran. Er war so lange allein, dass er kaum noch weiß, wie es sich anfühlt, an einen anderen Menschen anders als mit Furcht und Schmerz denken zu können. Einige kostbare Minuten gestattet er sich, das sanfte Glühen der Bilder und Empfindungen zu genießen, dann schiebt er sie in eine der vielen fest verschlossenen Kisten in seinem Gedächtnis. Dort wird Kay auf ihn warten, bis er die Kiste wieder öffnet.

    Â» Dandalon ist gesattelt « , empfängt ihn Sam. Ein junger Pferchwächter steht mit Noctyrias Geschirr in den Händen neben ihm und grinst nervös. Damian hasst dieses dämliche Grinsen, den schlechten Atem des Burschen, die picklige Haut, die groben Finger, deren Griff das feine Ledergeschirr besudelt. Er reißt es dem Mann aus der Hand, zischt: » Aus dem Weg « , und genießt es, wie das Grinsen aus dem Gesicht weicht und durch ein angstvolles Zucken ersetzt wird. Der Bursche kriecht in sich zusammen, dienert, geht rückwärts, den Blick starr auf die schwere Peitsche gerichtet. Es juckt Damian in den Fingern, sie aus dem Gürtel und dem Stallwächter durch die hässliche Visage zu ziehen, aber er weiß, dass Sam es missbilligen würde, und das hält ihn davon ab. Sam ist für ihn beinahe so etwas wie ein… er schreckt vor dem Gedanken zurück, will ihn nicht zu Ende führen. Sam ist ein guter, treuer Diener. Er nickt dem Mann zu und fragt: » Sind die Tunnel geöffnet? «
    Â» Geöffnet und geklärt « , sagt Sam. » Ihr könnt unverzüglich fliegen, Mylord. «
    Â» Sehr gut. « Er betritt Noctyrias Nest und streichelt ihre Nüstern. » Bist du bereit, Tyria? «
    Sie senkt den schweren Kopf und lässt sich geduldig zäumen und satteln. Diese Arbeit überlässt er niemals einem Pferchwächter, noch nicht einmal Sam. Er weiß, dass die anderen Reiter ihn deswegen belächeln, aber das stört ihn nicht. Er kann den Gedanken nicht ertragen, dass fremde Hände seinen Dracer berühren. Sam darf Noctyria säubern, wenn sie gegessen hat, aber das ist alles, was Damian ihm erlaubt. Alles andere, das Reinigen der Brust- und Halsschuppen, das Strählen der weichen Federschuppen unter den Flügeln, das Säubern der Klauen, übernimmt Lord Harrynkars Sohn selbst. Und er betet täglich zu den dunklen Mächten, dass sein Vater ihn dabei nicht ertappt und dafür bestraft.
    Der schwere Kinnriemen sitzt fest, die Zügel liegen locker über Noctyrias Schultern, der Sattel klemmt zwischen den beiden großen Schulterdornen. Damian nimmt den Führzügel und wickelt ihn locker um seinen Unterarm. Er braucht ihn nicht, genauso wenig wie Peitsche und Gerte, aber der Dracyrmeister achtet streng darauf, dass seine Schattenreiter ihr Reitzeug vollständig bei sich führen, sobald sie in eigener Person mit dem Dracer ausfliegen. Damian ist ein folgsamer Sohn, der sich niemals gegen seinen Vater und Meister auflehnen würde. Er schnalzt leise mit der Zunge und gibt der Wyvern einen kleinen Klaps. » Beweg dich, Tyria. «
    Sie gähnt und kratzt sich träge an der Stelle, wo Kopf- und Brustriemen sich treffen. Dann senkt sie den langen Hals und schiebt sich aus der Nestöffnung in den breiten Gang. Damian bewundert das feurige Spiel des Fackellichtes auf ihren Schuppen. Das dunkle Rot ihrer Flanken gleicht geronnenem Blut, es ist beinahe schwarz, aber in seiner Tiefe glimmt düstere Glut. Die helleren Partien am Rücken und den Flügeln leuchten sonnenuntergangsgleich und schimmern zum Hals und Kopf hin wieder dunkler und satter, wie Rubine und Granate, während der lange, mit scharfen Dornen bewehrte Schwanz hellem Blut und scharfem Sonnengold gleicht, mit Sprenkeln tiefen Purpurs.

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