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Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
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Brust. Auch ihr Arm schmerzte, ihre Beine fühlten sich verrenkt an, ihr Rücken tat weh, sie hatte Abschürfungen und Striemen am ganzen Körper. Kay stöhnte wieder und legte das Gesicht in die Hände. Was war geschehen?
    Langsam, als stünde sie unter dem Einfluss eines Zaubers, der ihre Erinnerungen von ihr fernzuhalten versuchte, kehrten Bilder zurück. Damian, der mit der Gerte nach ihr schlug. Damian, der sie an den Haaren unter dem Tisch hervorzerrte. Damian, den Mund zu einem schmalen, spöttischen Lächeln verzogen, die Augen bar jedes Ausdrucks, der langsam und drohend die schwere Lederpeitsche entrollte…
    Kay biss sich fest auf die Lippe, um das Schluchzen zurückzuhalten, das aus ihrer Kehle drängte. Was hatte er mit ihr gemacht? Was hatte er getan, dass sie nun in seinem Bett lag? Wer hatte sie entkleidet? Wieso konnte sie sich nicht daran erinnern, wie sie hierher gelangt war? Lord Harrynkar war ein mächtiger Magier, wurde gemunkelt. Sollte sein Sohn ebenso über übernatürliche Kräfte verfügen?
    Kay schlug hastig das Kreuz und sandte ein stummes Flehen zur Heiligen Brigid. Sie schob die Beine über die Bettkante und stand mit wackligen Knien auf. Einige Atemzüge lang musste sie sich am Bettpfosten festhalten, bis die Welt aufhörte, zu schwanken und zu kreiseln, dann begann sie, nach ihren Kleidern zu suchen.
    Das Gemach war luxuriös und gleichzeitig kalt eingerichtet, mit schönen, schweren Möbeln und wertvollen Dingen, aber ohne Seele. Es passte zu seinem Bewohner. Kay stand mitten im Raum, hielt das Laken fest umklammert und sah sich um. Bücher, ein großer Arbeitstisch, bequeme Sessel und dicke Teppiche, der wundervolle Ausblick in den Himmel, das alles war wunderschön. Aber nirgendwo war zu erkennen, dass hier ein junger Mann wohnte, der sich mit Dingen umgab, die er liebte. Nirgendwo lag etwas herum, keine Kleidungsstücke, kein aufgeschlagenes Buch, kein Teller mit Essensresten. Wenn Kay an die Kammer dachte, die sie mit ihrer Cousine geteilt hatte, oder an das Zimmer, das ihr Bruder kurz bewohnt hatte– dort hatte es nie so unpersönlich ausgesehen, so unbewohnt.
    Sie hörte auf, an ihrem Daumennagel herumzukauen, und ging durch den Raum. Ihre Kleider mussten schließlich irgendwo sein.
    Als sie sie fand, starrte sie einen Moment lang fassungslos darauf hinab. Sie lagen wie ein Bündel Lumpen hinter dem Bett, achtlos dorthingefegt, in Fetzen. Sie hob ihr Mieder auf, von dem die Schnüre lose herabbaumelten, sie waren aufgeschnitten worden. Kay schauderte. Womöglich war es gut, dass sie sich nicht erinnern konnte, was mit ihr geschehen war. Ihre zerfetzten Kleider erzählten eine grausame, schreckliche Geschichte.
    Sie schob alle Bilder beiseite, die sich ihr aufdrängen wollten, und dachte fieberhaft über einen Ausweg aus ihrer Notlage nach. Sie konnte schlecht in ein Laken gewickelt durch die Burg laufen. Ihre Kleider waren nicht mehr zu gebrauchen. Sie musste das Gemach durchsuchen und hoffen, dass der junge Teufel etwas in seinen sicherlich aufgeräumten Schränken hatte, was ihre Blößen bedecken würde.
    Damian bevorzugte schwarze und weiße Kleidung, stellte sie fest, nachdem sie den Schrank geöffnet hatte. Glattes und raues Leder, Seide, fein gekämmte Wolle. Sie ließ ihre Finger über die Stoffe gleiten und genoss das sinnliche Gefühl. Dann rief sie sich zur Ordnung und machte sich daran, die Kleidungsstücke auf ihre Tauglichkeit zu prüfen. Sie hatte auf dem Gut gelegentlich Beinkleider getragen, die einem ihrer älteren Vettern gehörten. Bei der Ernte oder wenn es darum ging, einen Stall auszumisten, war das sehr viel komfortabler als Röcke und Unterröcke, die geschürzt oder hochgebunden werden mussten. Ihre Tante hatte es nicht gerne gesehen, aber Kay wusste sich durchzusetzen.
    Sie faltete ein Paar schwarze Leinenhosen auseinander, die wenig getragen aussahen, und hielt sie prüfend vor sich. Zum ersten Mal war sie dankbar dafür, dass ihre weiblichen Rundungen nicht so üppig ausfielen wie die ihrer Cousine Miranda. Sie ließ das Laken los, das knisternd auf ihre Füße fiel, zog ihr Unterkleid aus und stieg in die Hose. Sie saß nur ein wenig zu weit in der Taille, aber die Beine waren viel zu lang. Kay angelte einen Gürtel aus dem Schrankfach und zurrte die Hose zusammen, dann krempelte sie die Hosenbeine um. Nun brauchte

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