Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
Vom Netzwerk:
blinzeln, kann nicht mehr denken. Aus dem Blick seines Vaters spricht etwas, das älter ist als die Welt. Er kennt diese schwarze, glühend heiße Präsenz. Das Wesen, so machtvoll, dass es der Realität einen Riss zufügt, so schwer, dass sogar das Licht ihm ausweicht, so massiv, dass alles, was ihm zu nahe kommt, sich nicht mehr von ihm zu lösen vermag. Der Sog ist so stark, dass er Damians Wesen auslöscht und nur Dunkelheit und Kälte zurücklässt. In diese Leere dringt es nun wie Tinte in Wasser, füllt jeden Winkel aus und lässt keinen Raum übrig, verschlingt jedes Atom von Damians Persönlichkeit und Willen. Er ist nun Teil dieses fremden Willens, ein belangloses Molekül ohne eigene Gedanken, eigenen Antrieb. Dies ist die Essenz des Dracyrmeisters, die stärker ist als alles, was Damian je begegnet ist und ihm je begegnen wird.
    Â» Ja, Vater « , sagt er tonlos. » Ich werde Euch alles berichten, was ich erfahre. «
    Die Dunkelheit lässt ihn los und zieht sich zurück. » Ich habe nichts anderes von dir erwartet « , sagt Lord Harrynkar gleichgültig. Das Dracyrfeuer in seinen Augen flammt auf und erlischt wie ein Signallicht, das Schiffe in der Nacht in die Irre führt. Damian fühlt sich, als sei er selbst auf eine Klippe geworfen und vom Kopf bis zu den Füßen aufgerissen worden und verblute nun in der tosenden Gischt.
    Lord Harrynkar wendet seinen mächtigen Kopf einer glänzend schwarzen Sphäre aus Obsidian zu. » Ich möchte, dass die Neun in spätestens einer Woche für einen neuen Einsatz am Ostmeer bereit sind « , sagt er, und seine Stimme ist so geistesabwesend wie seine Miene. Er konzentriert seine Gedanken längst auf andere, entfernte Dinge, und nur ein kleiner Teil von ihm weilt noch in diesem Gemach, um seinen Sohn zu instruieren. » Ich habe Nachricht von einer Rebellenarmee erhalten, die sich in der Nähe von Port Waroyn formiert. Wir werden dem nachgehen und gegebenenfalls eingreifen. Sorge für die Einsatzbereitschaft der Formation. Paindal will die volle Neun. «
    Damian ist entlassen. Er neigt den Kopf und verlässt das Gemach.
    In dem Durchgang, der vom Turm ins Hauptgebäude führt, bleibt er stehen und lehnt sich für einige Atemzüge an die Wand. Er kühlt seine Stirn an den Steinen und lässt seine Gedanken zur Ruhe kommen. Wenn Kay wirklich eine Verräterin ist, muss sie bestraft werden. Das bedeutet zwar, dass Gormydas für die Formation verloren ist, aber er kann immer noch zur Zucht dienen. Jemand muss die Neun ergänzen, also sollte er damit beginnen, nach einem Anwärter zu suchen. Aber zuerst muss der nächste Einsatz absolviert werden, er wird einige zusätzliche Trainingseinheiten anberaumen, damit Kay sich mit den Flugmustern der Formation vertraut machen kann.
    Kay. Karolyn Devrillan, Tochter und Schwester von Verrätern und Königstreuen.
    Damian beißt sich so fest auf die Lippe, dass er Blut schmeckt, aber der Schmerz ist unbedeutend im Vergleich mit der Qual, die sein Inneres zerfleischt.

    Das Erwachen glich dem Auftauchen einer Ertrinkenden aus tiefem Wasser, das drohte, sie hinabzuziehen. Kay schnappte nach Luft und schlug um sich. Die Panik wich dem Erkennen, aber ihr Herz klopfte noch eine Weile lang heftig in ihrer Brust, als ihre Sinne sich schon geklärt hatten und ihr zeigten, wo sie sich befand: in ihrem Zimmer, in ihrem Bett. Allein.
    Kay befreite sich aus der Decke, in die ihre Beine sich verheddert hatten, und setzte sich auf. Sie rieb sich fest übers Gesicht und strich das Haar in den Nacken. Es war so feucht, als wäre sie geschwommen. Sie wartete darauf, dass ihr Atem sich beruhigte, und ordnete ihre Gedanken.
    Sie ist geflogen. Die Erinnerung an den Flug war verschwommen und klar zugleich, als betrachte sie sie mit völlig unterschiedlichen Sinnen. Die Bilder und Empfindungen hatten etwas an sich, das sie auf seltsame Weise tief in ihrem Inneren berührte. Damian war an ihrer Seite gewesen, den ganzen Tag– und die ganze Nacht? Sie tastete über das Kissen, aber es war kalt. Vielleicht hatte sie es sich auch nur eingebildet, in seinen Armen geschlafen zu haben. Ganz sicher hatte sie es sich nur eingebildet! Sie lachte über sich selbst und stand auf. Was hatte es nur damit auf sich, dass Damian Tag und Nacht durch ihre Gedanken geisterte? Wie dumm und albern und wie gefährlich.
    Sie wusch sich und zog sich

Weitere Kostenlose Bücher