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Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
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tagwärts gerichteten Fensteröffnungen sind mit dicken Vorhängen geschlossen, nur das Westfenster steht geöffnet und lässt einen Hauch kalter Morgenluft hinein.
    Â» Vater « , sagt Damian und bleibt an der Tür stehen.
    Der Dracyrlord nimmt keine Notiz von seinem Sohn. Sein Gesicht bleibt auf die Kugel aus schimmerndem Feueropal gerichtet, seine Augen spiegeln das Glitzern des Steins wider. Damian weiß, dass er jetzt nicht mit einer Antwort rechnen darf, und stellt die Beine auseinander, verschränkt die Hände auf dem Rücken, nimmt Haltung an. So wartet er geduldig, bis Lord Harrynkar sich ihm zuwendet.
    Noch immer schimmern die Reflexe des Feueropals in seinen Augen, aber sein Blick ist scharf und kalt. » Damian « , sagt er. » Schließe das Fenster. «
    Damian tut, wie ihm befohlen wurde, dann wartet er auf weitere Anweisung. Sein Vater lehnt sich zurück, streckt die Beine lang aus, dehnt die mächtigen Schultern. Sein großes Gesicht, hart und verwittert wie die Nordwand des Mount Cor, zeigt Anzeichen von großer Müdigkeit, aber seine Augen sind wach und durchbohren Damian mit Blicken.
    Â» Bericht « , sagt er und greift nach einem Pokal, in dem blutroter Wein schimmert.
    Â» Ich habe das neue Mitglied der Neun auf ihre Aufgabe in der Formation vorbereitet « , sagt Damian spröde. » Sie ist körperlich geflogen und hat am nächsten Tag einen langen Geistflug absolviert. Wenn wir nun noch den Formationsflug üben, ist sie bereit. «
    Der Dracyrmeister nippt an seinem Wein und rollt den Pokal zwischen den Fingern. Er achtet nicht auf die roten Spritzer, rot wie vergossenes Blut, die seine Hände sprenkeln. » Du bist mit ihr zufrieden? «
    Â» Ich bin zufrieden. « Damian antwortet in kaltem, nüchternem Ton, aber in seinem Inneren zittert die Furcht, sein Vater möge bemerken, wie verwirrt und zerrissen er sich fühlt.
    Lord Harrynkar sieht ihn lange schweigend an. » Sie ist das Mädchen, das ich in deinem Bett fand « , sagt er. Es ist keine Frage und Damian antwortet nicht.
    Â» Sie ist das Mädchen, das mich angriff und das ich dem Jungwarner als Leckerbissen angeboten habe. « Lord Harrynkar trinkt und wischt sich über die Lippen. » Sie ist eine Rebellin oder sie sympathisiert mit den Rebellen. «
    Â» Gormydas hat sie angenommen « , wendet Damian ein. Sein Tonfall gibt sich kühl und desinteressiert, aber sein Herz schlägt ihm bis zum Hals. » Ihr habt sie als eine der Neun akzeptiert. Sie gehört nun zu uns. «
    Ihre Blicke kreuzen sich wie blanke Klingen. » Ich habe herausgefunden, wer sie ist « , sagt Lord Harrynkar ebenso beiläufig und kalt wie Damian. Aber sein Sohn spürt die Hitze unter der kalten Oberfläche und erschaudert. » Sie ist die Tochter des alten Lordkanzlers. Karolyn Devrillan. Ihr Bruder wurde hingerichtet, weil er einen Anschlag auf meine Person plante. «
    Damian fährt kurz mit der Zungenspitze über seine Lippen. Sein Mund ist trocken, aber er möchte sich nicht räuspern. » Ihr glaubt, sie spielt ein falsches Spiel. «
    Der Dracyrlord lacht. » Ich kann ihr nicht vorwerfen, sie hätte nicht sehr genau zu verstehen gegeben, was sie plant. Immerhin ist sie mit einem– wenn auch lächerlich unzureichenden– Messer auf mich losgegangen. Nein, Sohn. Sie spielt die ganze Zeit schon mit aufgedeckten Karten. « Er beugt sich vor und winkt seinen Sohn mit einer ungeduldigen Geste zu sich.
    Damian folgt dem Befehl und kniet neben dem Lager nieder. Lord Harrynkar legt eine schwere Hand auf seine Schulter. Schwer wie Blei, schwer wie ein dunkler Stern, schwer wie die Welt. Damian sinkt unter dem Druck zusammen, dann beißt er sich auf die Lippe und richtet sich straff auf. Er erwidert den Blick seines Vaters.
    Â» Du wirst sie für mich im Auge behalten « , flüstert der Lord. Sein Flüstern hallt wie der Schrei eines Dracer in Damian wider. » Du wirst mir berichten, was sie tut und denkt, du wirst mir sagen, wohin sie geht und mit wem sie sich trifft, worüber sie spricht, wem sie schreibt und was in den Briefen steht, wann sie isst, wann sie schläft und mit wem sie ihr Lager teilt. Ich will alles wissen. Alles! «
    Damian will den Blick senken, aber sein Vater zwingt ihn, weiter in seine Augen zu sehen. » Du wirst mir gehorchen « , sagt er sanft. So sanft.
    Damian kann nicht wegsehen, kann nicht

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