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Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Titel: Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Lattenroste. Getreidekörner und Mäusekot zeigten Amee, daß sie sich auf dem Grund eines königlichen Getreidespeichers befanden.
    Amee sagte: »Jetzt kenne ich den Weg, Sukha.«
    Das Echo ihrer Worte kam gebrochen von den kahlen Wänden zurück. Der Mann lief schnell über die klappernden Roste bis zur Mitte des Speichers. Sie hatten etwa dreißig Schritte zurückgelegt.
    Amee kannte den geheimen Gang, der vom Turm des Speichers bis hinunter in die Altstadt führte. Sie hatte ihn oft benutzt, allerdings von einem anderen Eingang her. Aber von dem Speicher selbst erfuhr sie erst heute. Er mußte sich zu einem Großteil unter dem Männerflügel des Palastes erstrecken. Der Mann zog ein dickes Seil von oben herab und deutete auf die Schlinge und den wuchtigen Knoten.
    »Setz dich hinein, Prinzessin!« sagte er und zog die Kapuze wieder tief in die Stirn. Amee gehorchte schweigend.
    Der Mann ergriff das andere Ende des Seiles, nachdem er Agrion die Lampe gegeben hatte. Langsam schwebte Amee nach oben.
    Sukha und die Sklavin zogen die Prinzessin hoch. Es ging in einer Anzahl kleiner Rucke aufwärts. Hier roch es nach kühlem Stein und trockenem Staub, der in der Nase kitzelte. Amee sah den Absatz, stellte die Lampe darauf und rief unterdrückt:
    »Noch ein Stück … jetzt!«
    Hier endete der Gang von der Palastküche. Und hier begann auch der unterirdische Gang zur Stadt. Amee zog ein Bein aus der Schlinge, stellte den Fuß in den Staub des Mauervorsprunges und schwang sich aus dem Seil.
    Von hier aus half sie mit, Agrion hochzuziehen. Schließlich setzte sich der junge Götzendiener ins Seil und zog sich selbst hoch, von den Mädchen mit allen Kräften unterstützt. Als er auf dem schmalen Absatz stand und beide Seile einholte, sagte er leise:
    »Ich gehe zur Küche. Ich muß wie die anderen im Palast sein. Sag Iwa, ich habe getan, was ich konnte!«
    Amee entgegnete: »Ich werde an dich denken, wenn ich mit einer großen Armee nach Urgor zurückkomme und Obad an den Füßen durch die Stadt schleife.«
    Sie nickte ihm zu. Der letzte Eindruck, den Sukha hatte, ehe er davonrannte, war das Gesicht einer schönen, jungen Frau. Ein Antlitz, aus dem alle Weichheit verschwunden war. Es war das Gesicht einer Frau, die nur eines wollte: Rache. Amee würde eher sterben als ihr Vorhaben aufgeben. Amee griff nach Agrions Arm und lehnte sich gegen einen schweren, mächtigen Quader.
    »Bleib dicht bei mir!« sagte sie leise.
    Ihre schlanken Finger tasteten in einer Vertiefung nach einem eisernen Riegel. Ein metallischer Laut erklang. Der Quader drehte sich knirschend. Feuchte und modrige Luft schlug den beiden Mädchen entgegen. Amee nahm der Sklavin die Lampe ab und ging voraus. Sie drückte den Quader in seine ursprüngliche Lage zurück.
    Dann liefen die Mädchen schräg abwärts. Je tiefer sie kamen, desto feuchter wurde es. Es tropfte von der Decke herab. Der Gang schlängelte sich tiefer und tiefer und verlief, als sie in den Bezirk der Altstadt kamen, schließlich ziemlich eben. Amee stellte die Lampe ab und blieb stehen. Vor sich sah sie grob behauenen Stein.
    »Ist es noch dunkel?« flüsterte Agrion.
    Amee spähte durch einen waagrechten Mauerschlitz. Es war Nacht, denn sie sah deutlich einige Häuser brennen. Die Flammen beleuchteten die schmale, gewundene Gasse mit den beiden alten Bäumen. Hier schien der plündernde Pöbel bereits durchgezogen zu sein, denn undeutlich konnte Amee einige Tote in der Gasse liegen sehen. Rund um die Palastmauern wohnten ehemalige Wachsoldaten, königstreue Freigelassene, Sklaven und Handwerker. Auch hier war geplündert und gemordet worden.
    »Es ist noch dunkel. Wir warten, bis alles still geworden ist!«
    Die Mädchen sahen sich an. Agrion erschrak, als sie das Gesicht Amees sah. Im Licht der kleinen Flamme erkannte sie die Verwandlung, die mit Prinzessin Amee vorgegangen war. Gab ihr der schlafende Gott plötzlich soviel Kraft? Dies war nicht mehr die verwöhnte Amee, die zu den Klängen der Hofkapelle tanzte, die wie ein Mann im Sattel saß und fast so gut wie Partho den Pfeil schoß, die mit dem Raubvogel jagte. Jetzt hatte sie nur noch das Gesicht einer Rachegöttin.
    »Wohin können wir denn gehen?« fragte Agrion.
    »Zu Iwa. Sie wird uns helfen wie ihren eigenen Töchtern.«
    Sie setzten sich auf einen vorspringenden Stein. Die Mauer, hinter der dieser Gang endete, verband zwei Häuser miteinander und war ein Teil der alten Palastbefestigung. In der Stille tropfte Wasser mit

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